Die Oppositionsparteien Grüne, Linke und FDP drängen die Bundesregierung, das Land besser auf möglicherweise steigende Corona-Infektionszahlen im Herbst vorzubereiten. Insbesondere die Schulen müssten vorbereitet werden, sagte Linken-Chefin Janine Wissler in einem "Spiegel"-Interview. Im vergangenen Sommer sei dies komplett versäumt worden.
"Mehr Tests nach den Ferien, Luftfilter, mehr Schulbusse für den Herbst" forderte Wissler. Es müsse alles getan werden, um eine weitere Welle zu verhindern. Das Impfen müsse dringend beschleunigt werden, zudem müsse mit der Notwendigkeit einer dritten Impfung im Herbst gerechnet werden. "Deshalb halten wir die geplante Schließung der Impfzentren für falsch und verfrüht", sagte die Linken-Chefin.
Forderung nach verbesserter Impfkampagne
Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt befürchtet eine weitere Corona-Welle im Herbst. Bei der besonders ansteckenden Delta-Variante des Coronavirus dürfe sich "das Planungsversagen der Bundesregierung nicht erneut wiederholen", mahnte sie. Die Bundesregierung dürfe sich auf den aktuell niedrigen Infektionszahlen nicht ausruhen, sondern müsse "diesmal endlich vorausschauende Politik machen".
Göring-Eckardt forderte, "jetzt sofort" Teststationen an den Grenzen einzurichten und alle Urlaubsrückkehrer zu Tests zu verpflichten. "Wer aus Risikogebieten zurückkehrt, sollte zweimal getestet werden", sagte sie dem "Spiegel". Ebenso müsse die Impfkampagne gezielt Menschen adressieren, die bisher beim Impfen noch unschlüssig waren oder ihre Termine für die Zweitimpfung haben verstreichen lassen.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, dringt ebenfalls auf eine veränderte Impfkampagne. "Wir benötigen auch mehr mobile Impfteams in der Fläche, um Unentschlossene besser aufzuklären und zu erreichen. Das gilt insbesondere für soziale Brennpunkte", sagte Buschmann dem "Spiegel".
Wann kommen Luftfilter an den Schulen?
Gesundheitspolitiker von Grünen und FDP kritisierten im "Handelsblatt" vom Samstag die schleppende Ausstattung der Schulen mit Luftfiltern. "Für mich ist es unverständlich, dass manche Länder absehbar und freiwillig auf ein weiteres Semester mit Fern- und Wechselunterricht zusteuern", sagte der FDP-Politiker Andrew Ullmann. "Es ist ein Skandal, wenn die Länder den Sommer nicht nutzen, um die Klassenzimmer beziehungsweise Kitas aufzurüsten." Luftfilteranlagen könnten Schulschließungen vermeiden.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte: "Ich erkenne keinen ausreichenden Ansatz von Bund und Ländern, das Problem von Infektionsgefahren durch Aerosolbildung in Klassenräumen systematisch anzugehen." Es reiche nicht nur, Mittel für Luftfilter und Lüftungen bereitzustellen, "sondern es müssen nach 1,5 Jahren Pandemie endlich funktionierende Lüftungskonzepte vor Ort auch umgesetzt werden".
In Bayern bezuschusst die Staatsregierung die Anschaffung der Luftfilter nach bisherigen Plänen zu 50 Prozent, den Rest sollen Städte und Landkreise tragen. Der Landkreistag fordert aber einen höheren Anteil des Freistaats.
Länder sehen sich für Schulstart gewappnet
Die Bundesregierung sieht vor allem die Länder in der Pflicht, frühzeitig für einen sicheren Schulstart zu sorgen. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass es nach den Ferien und besonders in den Wintermonaten immer wieder zu (Corona-)Ausbrüchen an einzelnen Schulen kommen kann", sagte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek dem "Spiegel".
- Luftfilter an Schulen: Landkreistag fordert mehr Zuschuss
Auf Länderseite sieht man sich indes gewappnet. "Die Voraussetzungen sind hier besser als im vorherigen Jahr: Die Lehrerinnen und Lehrer sind aufgrund des Vorziehens in der Priorisierung bereits jetzt zu großen Teilen vollständig geimpft, wir haben ein sehr genaues Screening der Corona-Fälle in den Schulen, und Testungen sind weiterhin eine vielversprechende Option", sagt etwa die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper zu Reuters.
Auch in Sachsen und anderen Ländern verweist man darauf, dass die Schüler zweimal wöchentlich getestet werden - und damit mehr als fast alle anderen Gruppen. Im Vergleich zum vergangenen Schuljahr gebe es mittlerweile "die gestärkte wissenschaftliche Position, dass die Schüler keine Pandemietreiber sind und sie durch eine mögliche Infektion weniger erkranken und weniger gefährdet sind als Erwachsene", betont eine Sprecherin des sächsischen Gesundheitsministeriums. In Sachsen-Anhalt verweist man darauf, dass die meisten Infektionen mit der Delta-Variante unter den 25- bis 29-Jährigen feststellt würden, in Rheinland-Pfalz sind es die 40- bis 49-Jährigen - also nicht die Kinder.
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