Kostenlose Corona-Tests für jedermann, durchgeführt in der Apotheke und das ohne Terminvereinbarung. Das Ergebnis bekommt man unkompliziert aufs Handy. So ist es bereits seit Ende vergangenen Jahres in Frankreich Praxis. Auch PCR-Tests sind dort kostenlos zu erhalten. Und so ähnlich hatte sich das wohl auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für die kostenlosen Corona-Schnelltests in Deutschland vorgestellt. Ein Datum hatte er ebenfalls bereits genannt: Am 1. März sollte es soweit sein.
"Konzept aus einem Guss"
Doch daraus wird nichts. Offiziell heißt es, man wolle die Ministerpräsidentenkonferenz in der kommenden Woche abwarten und "ein Konzept aus einem Guss" entwickeln, "wie wir Testen und Öffnen miteinander kombinieren", so die Erklärung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), weshalb das Corona-Kabinett am Montag den 1. März als Start für die kostenlosen Antigen-Schnelltests gekippt hat.
Keine Totalabrechnung mit Spahn
Inoffiziell haben sich wohl viele der Länderchefs daran gestört, dass Spahn vorgeprescht ist, ohne sich mit ihnen zu koordinieren – Spahns Tweet kam exakt einen Tag nach einer gemeinsamen Videokonferenz mit den Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder. In dieser Runde war davon offenbar keine Rede gewesen. "Ich bin schockiert über den Mangel an Professionalität", sagt etwa der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider und: "Per Twitter kann man dieses Land nicht regieren."
Die mit Spannung erwartete Regierungsbefragung gerät, anders als erwartet, nicht zu einer Totalabrechnung mit dem Gesundheitsminister. Die Frage, weshalb der Start für die Gratis-Schnelltests verschoben wurde, wird erst gar nicht gestellt. Es dominierten Fragen unter anderem zu Terminen, Impfstoffen und Lockerungsplänen, die Spahn teilweise und auch berechtigterweise in die Zuständigkeiten der Länder verweisen kann.
Schnelltests und Selbsttests
Spahn betont noch einmal, dass Schnelltests und Selbsttests zwei unterschiedliche Funktionen erfüllten. Während durch geschulte Dritte durchgeführte Schnelltests Sicherheit im Alltag geben könnten und nötig seien, wenn ein dokumentiertes Testergebnis benötigt werde, würden Selbsttests "in konkreten Situationen für jemanden selbst" Sinn machen, beispielsweise um sich vor dem Besuch einer Veranstaltung zu vergewissern, dass man mit seinem Besuch niemanden gefährde.
Auch die Frage der Kosten wird in der Regierungsbefragung erörtert. Laut Unterlagen des Corona-Kabinetts, die der Nachrichtenorganisation Reuters vorliegen, rechnet die Bundesregierung bei einer kompletten Kostenübernahme der Schnelltests mit monatlichen Auslagen von 540 bis 810 Millionen Euro für den Bund.
Ob es indes eine Kostenübernahme bei den Selbsttests geben wird, ist noch unklar. Die "Bezuschussung des Erwerbs" wolle er von den Marktpreisen abhängig machen, erklärte Spahn. Für ihn mache es einen Unterschied, "ob ein Test zwei Euro oder zehn Euro kostet". Die Übernahme von Test-Kosten bei Kitas und Schulen sehe er zudem "eher bei den Bundesländern".
Nächstes Bund-Länder-Treffen am 3. März
Im Hinblick auf zu erwartende höhere Positiv-Raten durch vermehrte Testung macht sich unter anderem der AfD-Abgeordnete Paul Viktor Podolay Sorgen, dass bisher angepeilte Inzidenzwerte nicht mehr erreicht werden können. Spahn hingegen hält an der Inzidenzzahl fest, weil sie "ein sehr guter Indikator" sei, betont aber, dass Positiv-Tests mit einem PCR-Test abgesichert werden sollten, um falsch positive Meldungen auszuschließen.
Eine Antwort auf die Frage der gesundheitspolitischen Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink, welche konkrete Rolle Spahn den Selbsttests in der Infektionsbekämpfung zukommen lassen wolle, konnte der Minister nicht geben. Die Rolle der Tests wird voraussichtlich Thema des nächsten Bund-Länder-Treffens zu den Corona-Maßnahmen am 3. März sein.
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