Es ist ein großer Sprung nach oben, den Deutschland in der Rangliste der Pressefreiheit (externer Link) macht. In dem Ranking, das die internationale Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen erstellt, belegte die Bundesrepublik im vergangenen Jahr noch Platz 21. In diesem Jahr dagegen liegt Deutschland auf Platz 10. Insgesamt wurden 180 Staaten untersucht.
Gründe für Deutschlands Aufstieg
Zwei Hauptgründe nennt Reporter ohne Grenzen in seiner Publikation "Nahaufnahme 2024" für die bessere deutsche Platzierung: Zum einen hat sich die Situation in anderen Staaten verschlechtert. Deshalb rutscht Deutschland nach oben.
Zum anderen hat es im vergangenen Jahr laut der Organisation weniger tätliche Übergriffe gegeben. Während der Pandemie war die Zahl der tätlichen Angriffe auf Journalisten nach oben geschnellt. 103 Angriffe zählte Reporter ohne Grenzen im Jahr 2022 in Deutschland. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 41 tätliche Angriffe.
"Nicht ausruhen auf Top-Ten-Platz"
Auf den ersten Blick ist die Entwicklung also positiv. Trotzdem warnt Christopher Resch von Reporter ohne Grenzen vor zu großem Optimismus. “Ein Top-Ten-Platz klingt besonders. Ich glaube aber nicht, dass wir uns darauf ausruhen sollten.”
Der Rückgang der Attacken könnte auch daran liegen, dass sich einfach weniger Journalistinnen und Journalisten raus auf die Straße trauten, um zu berichten, überlegt Resch. Reporter ohne Grenzen rechnet außerdem mit einer hohen Dunkelziffer und erklärt, dass viele Übergriffe mangels Zeugen nicht verifiziert werden konnten.
Das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (EPCMF) (externer Link) zählte für das vergangene Jahr sogar eine steigende Zahl der tätlichen Attacken in Deutschland im Vergleich zu 2022. Dies könnte auch an einer unterschiedlichen Definition liegen, wen man als Medienschaffenden zählt.
Aber unabhängig von konkreten Zahlen zu Angriffen – in einem sind sich beide Organisationen einig: Pressefeindliche Tendenzen, wie Beleidigungen und Drohungen, nehmen in Deutschland eher weiter zu. Auch BR-Journalisten sind angegriffen worden.
Mehr Sicherheit für Medienschaffende in Bayern
Ein Grund dafür könnten auch Dynamiken in den sozialen Netzwerken sein. Dies vermutet der Vorsitzende des Bayerischen Journalistenverbandes, Harald Stocker. Dort hätten sich Grenzen verschoben, was Respekt und Toleranz angehe. “Das macht sich dann auch bei Demonstrationen bemerkbar.” In diesem Rahmen ereignen sich die meisten tätlichen Angriffe auf Journalisten, so auch jüngst bei Pro-Palästina-Protesten.
In Bayern habe sich inzwischen allerdings etwas getan, erklärt Harald Stocker. Die Zusammenarbeit mit der Polizei zum Schutz von Medienschaffenden trägt mittlerweile Früchte. Auch deshalb seien Angriffe während Demonstrationen insgesamt weniger geworden, vermutet Stocker.
Weltweite Situation verschlechtert sich
Während das Fazit von Reporter ohne Grenzen für Deutschland also eher positiv ausfällt, sieht es im weltweiten Vergleich anders aus. In rund zwei Drittel der 180 Länder sind die Arbeitsbedingungen für Medienschaffende schlechter geworden. Grund dafür sind laut der Organisation zunehmend autoritär regierende Staatsführungen, die Medien kontrollieren und einschränken wollen. Dies ist insbesondere vor Wahlen der Fall.
36 Staaten sind in der schlechtesten Kategorie, so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. In diesen Ländern ist nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen so gut wie keine unabhängige journalistische Berichterstattung mehr möglich. Und wenn dieses Korrektiv fehlt, stellt Christopher Resch fest, dann seien “die Tore offen für Repression oder Desinformation”.
Die letzten Plätze der Rangliste belegen Afghanistan, Syrien und das nordostafrikanische Eritrea. An der Spitze liegen, wie in den vergangenen Jahren auch, die skandinavischen Länder.
Hintergründe zur Rangliste der Pressefreiheit
Der 3. Mai ist der Tag der Pressefreiheit. Seit 2005 vergleicht Reporter ohne Grenzen die Arbeitsbedingungen für Medien weltweit. Die Rangliste der Pressefreiheit basiert auf fünf Indikatoren: Neben den politischen Rahmenbedingungen und der Sicherheitslage sind dies die rechtliche Situation sowie der wirtschaftliche und soziokulturelle Kontext. Die Ergebnisse werden in jedem Land durch eine qualitative Untersuchung mit Fragebögen sowie eine quantitative Erhebung etwa zu Angriffen ermittelt.
Im Video: Deutschland bei der Pressefreiheit in den Top Ten
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