Die Ukraine hat die Dringlichkeit ihrer Bitte um die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper bekräftigt. "In der jetzigen Phase ist es von entscheidender Bedeutung, das umfangreiche rückwärtige Unterstützungssystem der russischen Besatzungstruppen zu zerschlagen", sagte der ukrainische Präsidentenberater Mykhailo Podolyak der "Bild"-Zeitung. Er reagierte damit auf zurückhaltende Äußerungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer Lieferung.
Die Ukraine müsse insbesondere Nachschubreserven, die rückwärtige logistische Infrastruktur, Munitionsdepots sowie Stützpunkte angreifen, die Russland in den von ihm besetzten ukrainischen Gebieten errichtet habe, sagte der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. "All dies befindet sich jedoch in einer Entfernung von 100, 200, 300 Kilometern von der Frontlinie." Nur Langstreckenraketen wie Taurus könnten solche Entfernungen erreichen.
- Zum Artikel: "Taurus-Marschflugkörper für Ukraine: Druck auf Scholz steigt"
Ukraine sichert zu: Keine Angriffe auf Russland mit Taurus
Die Störung der russischen Infrastruktur würde "die Kampfkraft der Russen erheblich reduzieren" und folglich auch "die Verluste auf unserer Seite", sagte Podolyak. Deshalb sei die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern "von entscheidender Bedeutung". Der Präsidentenberater sicherte erneut zu, dass die Ukraine die deutschen Marschflugkörper nicht gegen Ziele auf russischem Territorium einsetzen würde, sondern "ausschließlich auf dem Territorium der Ukraine innerhalb der international anerkannten Grenzen von 1991".
"Verweigern kann hohen Preis haben": Grüne und FDP für rasche Entscheidung
Auch Grüne und FDP drängen Scholz zu einer raschen Entscheidung für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. "Auch Verzögern und Verweigern kann einen hohen Preis haben und zur Eskalation beitragen", sagte Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger der "Süddeutschen Zeitung" vom Montag. "Es ist dringend erforderlich, die Taurus zu liefern", sagte der Zeitung auch die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Scholz legt sich in der Angelegenheit ungeachtet dringender Bitten aus Kiew bislang nicht fest. "So wie in der Vergangenheit werden wir jede einzelne Entscheidung immer sehr sorgfältig überprüfen", sagte er am Sonntag im ZDF-"Sommerinterview". Auch stellte der Kanzler klar, er wolle sich in der Frage nicht unter Druck setzen lassen.
FDP-Politikerin warnt: Dürfen keine Zeit verlieren
Alle Argumente seien ausgetauscht, sagte dagegen Brugger. "Die Bundesregierung sollte schnell und positiv entscheiden", forderte die Grünen-Politikerin. Strack-Zimmermann sagte, die Taurus-Marschflugkörper seien "eine weitere bedeutende Unterstützung im Kampf gegen die andauernden brutalen russischen Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung". Das Bundeskanzleramt sei deshalb "aufgefordert, nicht erneut zu zögern". "Wir dürfen keine Zeit verlieren", mahnte die FDP-Politikerin. Wer möchte, dass die Ukraine diesen Krieg gewinne, müsse "alles Machbare tun, was das Völkerrecht zulässt und darf in der Unterstützung nicht nachlassen".
Rote Linie? Kretschmer will Ukraine keine Marschflugkörper liefern
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer spricht sich vehement gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine aus. "Wollen wir wirklich in Kauf nehmen, dass deutsche Raketen in Russland einschlagen könnten?", erklärte der CDU-Politiker dem "Spiegel". "Ich bin ganz klar gegen die Lieferung von Marschflugkörpern." Die Bundesregierung überschreite immer wieder selbst gesetzte rote Linien. Er forderte "neue, intensive diplomatische Initiativen des freien Westens".
Mit Informationen von dpa und AFP
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