Ein Mann und eine junge Frau stehen neben einem Fahrschulauto (gestellte Szene).
Bildrechte: picture alliance / dpa-tmn | Christin Klose
Bildbeitrag

Ein Mann und eine junge Frau stehen neben einem Fahrschulauto (gestellte Szene).

Bildbeitrag
>

Sauer auf den TÜV: Lange Wartezeiten bei Fahrprüfungen

Sauer auf den TÜV: Lange Wartezeiten bei Fahrprüfungen

Der TÜV Süd hat gerade keinen guten Stand bei Fahranfängern und Fahrschulen. Der Grund: Termine für die praktische Fahrprüfung sind rar, teilweise müssen Fahrschüler bis zu acht Wochen warten.

Elena Neumeier aus Oberhaching hat endlich ihren Führerschein. Acht Wochen musste sie auf ihre Praktische Prüfung warten. Der Grund: fehlende Termine beim Technischen Überwachungsverein (TÜV) für die Fahranfänger. Die 19-jährige Abiturientin ist froh, dass es nun geklappt hat: "Am Montag geht es los, es ist erster Unitag und deswegen hat es jetzt knapp noch gepasst. Wäre blöd gewesen, wenn ich noch einen späteren Termin bekommen hätte."

Wartezeiten bis zu acht Wochen

Viele Fahrschülerinnen und Fahrschüler müssen derzeit auf einen Prüftermin warten. Und deshalb zusätzliche Stunden nehmen, um in Übung zu bleiben. Das geht ins Geld. Fahrlehrer bekämen wütende Anrufe von Eltern und Schülern, sagt Michael Hammes von der Fahrschule Fischer in Kempten:

"Wir bestellen z.B. sieben Prüfungen für einen Tag und bekommen davon vielleicht zwei. Somit müssen wir halt die Schüler wieder vertrösten, die sind natürlich sauer auf uns und die Eltern rufen uns an." Fahrlehrer Michael Hammes

Zusatzkosten von bis zu 1.000 Euro

Viele Schüler nehmen freiwillige Zusatzstunden, um beim Prüfungstermin in Übung zu sein. Hier können sich – wie im Fall von Elena Neumaier – die Zusatzkosten auf bis zu 1.000 Euro belaufen. Lange Wartezeiten, Zusatzkosten für Schüler, wütende Eltern: Für den Chef der Fahrschule "Follow Me" Udo Wagner mittlerweile trauriger Alltag:

"Wir sind rammelvoll mit Schülern, die eigentlich fertig sind. Wir haben das Problem, wir haben keine zeitnahen Prüfungen, es ist überhaupt nicht mehr planbar und es ist eine Katastrophe." Fahrlehrer Udo Wagner

Lange Wartelisten für Führerscheinanwärter

Die Fahrschulen schlagen Alarm. In Kempten im Allgäu scheint die Terminknappheit derzeit besonders groß. Einzelne Fahrschulen sprechen von Existenzbedrohung, weil sie neue Schülerinnen und Schüler ablehnen müssen, da die ausgelernten Fahranfänger nicht zur Prüfung kommen. Auch in Unterfranken ein ähnliches Bild: "Ich habe hier Wartelisten für die Klasse B, für den B197 und für die Motorradfahrer. Die Leute stauen sich in den fahrpraktischen Ausbildungen und darum kann kein neuer Schüler reinkommen", sagt Brigitte Helm von der Fahrschule City Drive in Unterpleichfeld bei Würzburg.

Auch hier mangelt es massiv an Prüfungsterminen. Das Problem ist erkannt: Der Verbandschef der bayerischen Fahrlehrer Jürgen Kopp verweist auf laufende Gespräche mit dem TÜV Süd: "Die Situation für uns Fahrschulen ist natürlich angespannt. Die Fahrschüler wollen ihre Prüfung machen, die Eltern sind verärgert, die Schüler auch."

TÜV: "Corona bedingte Krankheitsausfälle"

Der Personalengpass sei Corona bedingt, schreibt der TÜV Süd auf BR-Anfrage und räumt ein, dass es in Einzelfällen zu Wartezeiten von bis zu sechs Wochen komme. Weiter heißt es: "Grundsätzlich ist der Andrang aktuell in den Metropol-Regionen höher. Durch hohe Corona bedingte Krankheitsausfälle in den letzten Wochen kam es allerdings auch im Allgäu zu verlängerten Wartezeiten."

Gleichzeitig verweist die technische Prüforganisation auf Neueinstellungen, die sie aufgrund der Personalnot bereits getätigt habe: "Alleine im Jahr 2021 hat TÜV SÜD in Bayern 85 Mitarbeiter*innen über Plan eingestellt", heißt es in der Antwort an den BR.

Fahrlehrer: Monopol-Stellung des TÜV überdenken

Die befragten Fahrschulen sehen das Grundproblem allerdings keineswegs nur bei Corona, sondern auch in der Monopol-Stellung des TÜV bei den Fahrprüfungen. "Konkurrenz belebt das Geschäft, und da würde sich jeder bisschen zusammennehmen und kundenfreundlicher sein", findet etwa Brigitte Helm von der Fahrschule City Drive.

Auch Fahrlehrer Michael Hammes aus Kempten würde eine zweite Anlaufstelle für Fahrprüfungen befürworten. Der Bayerische Verband der Fahrlehrer hingegen ist skeptisch, ob eine Öffnung der Fahrprüfung für andere Dienstleister eine Besserung darstellen würde.

  • Zum Artikel: "Führerschein-Umtausch: "Alter Lappen" bremst Fahranfänger aus"

Neue Ampelkoalition plant Zulassung weiterer Prüfstellen

In den alten Bundesländern ist der TÜV alleine für die Fahrerlaubnisprüfungen zuständig, in den neuen Bundesländern ist es der Deutsche Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein, kurz Dekra. Nur in Berlin können die Fahrschulen wählen, ob sie die Fahrprüfungen vom TÜV oder von der Dekra abnehmen lassen. Die alleinige Zuständigkeit einer Stelle im Rest Deutschlands ist historisch gewachsen und gesetzlich vorgeschrieben.

Das Abnehmen der Prüfung zur Fahrerlaubnis stellt eine hoheitliche Aufgabe dar. Vom Bayerischen Innenministerium heißt es dazu: "Die Technische Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr steht insofern einer Behörde gleich." Die Ampelkoalition in Berlin will dieses quasi-Monopol aufbrechen und weitere Prüf-Dienstleister wie etwa die Gesellschaft für technische Überwachung (GTÜ) dafür zulassen. Das Vorhaben ist im Koalitionsvertrag festgehalten. Wann und wie es umgesetzt werden soll, ist noch unklar.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!