Ein Arbeiter fixiert im Sommer 2023 auf einer Baustelle der Bahnstrecke Würzburg - Nürnberg die neu gelegte Schiene auf der Schwelle.
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Schneller Ausbau von Verkehrswegen: Was kann daran falsch sein?

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Schneller Ausbau von Verkehrswegen: Was kann daran falsch sein?

Verspätete Züge, lange Staus oder bröckelnde Brücken: Der Bundestag beschließt ein Gesetz, um Schienen- und Autobahnstrecken schneller sanieren und ausbauen zu können. Doch nicht alle unterstützen die Pläne. Was spricht dagegen?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

"Diese Staus lösen wir für euch auf" – ein Versprechen des Bundesverkehrsministeriums auf der eigenen Homepage. Auf einer Bayern-Karte sind beispielsweise die A3 zwischen Nittendorf und Regensburg eingezeichnet und rund um München die A9, A92 oder die A94: Autobahnabschnitte, die ausgebaut werden sollen – und zwar schneller als bisher.

Verkehr: Kürzere Planungszeiten, schnellere Genehmigungen

Die Bundesregierung will den Ausbau von Straßen, Bahnschienen und Radwegen beschleunigen. Bisher werden Radwege teils über viele Jahre geplant, bis sie endlich gebaut werden können. Bei Schienenprojekten kann die Planungszeit bis zu 20 Jahre dauern, so Verkehrsminister Volker Wissing (FDP).

Der Bundestag hat die Pläne der Bundesregierung nun beschlossen. Vorausgegangen waren lange und kontroverse Debatten in der Ampel-Koalition. Die FDP pochte darauf, dass auch Autobahnen beschleunigt saniert und ausgebaut werden können. Die Grünen forderten hingegen, einen stärkeren Fokus auf den Schienenausbau zu legen. In einem Kompromiss einigten sich die Ampel-Parteien auf Schienen- und Straßenausbau.

4.000 Kilometer Bahnschiene werden saniert

Im Kern sieht das sogenannte Planungsbeschleunigungsgesetz vor, Planungszeiten von Ausbauprojekten teils zu halbieren. 312 Schienenprojekte mit einer Gesamtlänge von 4.500 Kilometern sollen schneller umgesetzt werden. Die Koalition hat sich zudem darauf verständigt, mehr Geld in den Bahnausbau zu stecken – bis 2027 rund 40 Milliarden Euro zusätzlich.

Ein Großteil der Mittel soll aus der ebenfalls beschlossenen Reform der Lkw-Maut kommen. Dass die milliardenschweren Mehreinnahmen durch die Erhöhung der Maut zumindest teilweise in den Schienenausbau fließen, konnten die Grünen in den koalitionsinternen Verhandlungen durchsetzen.

Schnellerer Ausbau von Autobahnen und Brücken

Weiter sollen Autobahnen schneller ausgebaut werden, denn: Das FDP-geführte Verkehrsministerium erwartet laut Prognose eine Steigerung des Güterverkehrs auf der Straße bis 2051 von 54 Prozent. Insgesamt werden 138 Projekte genannt, die mit dem Gesetz schneller angegangen werden sollen und die künftig von "überragendem öffentlichen Interesse" sind – darunter viele stauanfällige Autobahnabschnitte. Das Ziel: weniger Staus, flüssiger Verkehr und damit auch weniger klimaschädliche Schadstoffe, betont Verkehrsminister Wissing im Bundestag.

Auch die Sanierung und der Ausbau von Brücken soll vom neuen Gesetz profitieren. Eine Reihe von Vereinfachungen und Ausnahmen sollen Planungen und Genehmigungen einfacher machen. Beim sogenannten Ersatzneubau von Brücken können künftig bestimmte Umweltverträglichkeitsprüfungen wegfallen. Das soll auch für Radwege direkt entlang von Bundestraßen gelten.

Kritik von Umweltverbänden und Opposition

Auch deshalb kommt das Gesetz bei Umweltverbänden nicht gut an. Der BUND lehnt die Pläne der Bundesregierung ab und sieht Beteiligungsverfahren eingeschränkt. Von Greenpeace wird der Entwurf als "Desinteresse" am Naturschutz bezeichnet, da nun über 100 Autobahnprojekte unter überragendes öffentliches Interesse fallen.

Die Oppositionsparteien im Bundestag lehnen das Planungsbeschleunigungsgesetz der Bundesregierung ebenfalls ab – aus unterschiedlichen Gründen. Die Union hält das Ampel-Vorhaben für unzureichend. Es müssten mehr Straßen- und Schienenprojekte beschleunigt werden als bisher vorgesehen. Die AfD wirft der Regierung vor, falsche Schwerpunkte zu setzen und zu wenig in die Straße zu investieren. Ganz anders sieht das die Fraktion der Linken. Sie bezeichnet das Gesetz als Angriff auf die Klimaschutzziele, weil sich die Ampel-Koalition zu viel auf die Straße und zu wenig auf die Schiene konzentriere.

Mehr Solaranlangen entlang von Straßen

Die Bundesregierung plant mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen auch den Ausbau von Solaranlagen entlang von Fernstraßen zu erleichtern. Künftig sollen die Flächen zum Beispiel neben Autobahnen für den Ausbau der Erneuerbaren Energie genutzt werden. In Bayern gibt es solche Solaranlagen vereinzelt schon. In Zukunft sollen es deutlich mehr werden, was Klimaschützer und Experten befürworten.

Jens Hauch vom Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg sagt im BR24-Interview: Allein die Flächen an geplanten Neu- und Ausbaustrecken von Straßen "bieten das Potenzial für ungefähr 50 Gigawatt an Photovoltaik, wenn man diese nutzt oder auch nutzen kann. Das entspricht ungefähr zwei Dritteln der installierten Leistung in Deutschland". Mehr Solaranlangen entlang von Autobahnen werden einen wichtigen Beitrag leisten, um die Ziele beim Ausbau der Erneuerbaren zu erreichen, so Hauch. Vorausgesetzt, Investoren nutzen diese Möglichkeit jetzt auch.

Winkt auch der Bundesrat das Gesetz durch?

Nach dem Beschluss des Bundestags ist im nächsten Schritt der Bundesrat am Zug. Auch die Länderkammer muss dem Planungsbeschleunigungsgesetz in den nächsten Wochen zustimmen, damit es in Kraft treten kann. Es kann aber durchaus sein, dass die Bundesländer noch Änderungsbedarf sehen.

  • Zum Artikel: "Bayern gehen Pläne zum Autobahnausbau nicht weit genug"

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