Nach dem schweren Busunglück auf der Autobahn 9 bei Leipzig hat die Polizei die Identität von drei der vier Todesopfer bekannt gegeben. Unter den Opfern befindet sich auch eine 19-jährige Frau aus Bayern. Das schwere Busunglück und die Frage, wie es passiert ist, beschäftigt Polizei und Öffentlichkeit auch am Tag danach. Wir fassen zusammen, was bisher bekannt ist und was weiter Rätsel aufgibt.
Was ist auf der A9 passiert?
Der Busunfall ereignete sich am Mittwochmorgen gegen 9.45 Uhr zwischen der Anschlussstelle Wiedemar und dem Schkeuditzer Kreuz. Auf gerader Strecke kam ein Flixbus der Linie 234, der von Berlin über Nürnberg, München und die Bodenseeregion nach Zürich fahren sollte, von der Fahrbahn ab. Er raste knapp 100 Meter über den Grünstreifen, walzte Gebüsche und kleinere Bäume nieder und stürzte schließlich auf die Seite. Weitere Fahrzeuge waren nach Angaben der Polizei nicht beteiligt.
Wie viele Opfer gab es und wer sind sie?
Vier Menschen starben, sechs wurden schwer und 29 leicht verletzt. Die Polizei gab am Donnerstag die Identität von drei der vier Todesopfer bekannt. Demnach starb bei dem Unfall eine 19-Jährige aus Bayern. Wie die Polizeidirektion Leipzig dem BR am Donnerstagabend bestätigte, stammt die Frau aus der Oberpfalz – eine Stadt wurde dabei nicht bekannt gegeben.
Außerdem starben eine 47-jährige Polin und eine 20-jährige Indonesierin mit Wohnsitz in Berlin. Eine weitere an der Unfallstelle verstorbene Frau konnte bislang nicht zweifelsfrei identifiziert werden. Die sechs schwer verletzten Menschen wurden zum Teil sofort operiert. Sie befinden sich weiterhin in stationärer Behandlung. Viele Betroffene mit leichteren Verletzungen sind mittlerweile aus den Krankenhäusern entlassen worden, wie die Polizei mitteilte.
Nach Angaben der Polizei stammten die Businsassen überwiegend nicht aus Deutschland. Von den 54 Passagieren haben 18 eine deutsche Staatsangehörigkeit. Die übrigen stammten aus mehr als 20 Ländern, darunter Peru, Neuseeland, China, Kanada und USA.
Was weiß man über den Busfahrer und die Unglücksursache?
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Busfahrer. Der Vorwurf gegen den 62-Jährigen lautet auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung, wie ein Sprecher der Behörde am Donnerstag sagte. Ob der Mann bereits vernommen wurde, konnte der Sprecher nicht sagen.
Beim Fahrer handelt es sich um einen 62-jährigen Tschechen, beim Ersatzfahrer um einen 53-jährigen Slowaken. Der Fahrzeuglenker, der zum Zeitpunkt des Unglücks am Steuer saß, ist nicht unter den Toten. Nach Angaben des Busunternehmens war er seit der Abfahrt in Berlin um 8.00 Uhr am Steuer und habe alle Lenk- und Ruhezeiten eingehalten.
Laut Staatsanwaltschaft wird ein unfallanalytisches Gutachten für das Fahrzeug in Auftrag gegeben. Mit ersten Ergebnissen sei wohl erst in einigen Wochen zu rechnen, betonte der Behördensprecher.
Wie lief die Bergung der Passagiere ab?
Nach dem Unfall begann ein Großeinsatz. Mehrere Hubschrauber landeten auf der Autobahn, Krankenwagen rasten zur Unfallstelle. Bei den Krankenhäusern der Region wurden Kapazitäten abgefragt und die Verteilung der Behandlungsbedürftigen organisiert. Obwohl sich schnell ein kilometerlanger Stau bildete, funktionierte die Bildung einer Rettungsgasse in diesem Fall offenbar vorbildlich.
Noch vor dem Eintreffen der Einsatzkräfte hatte ein nachfolgender Bus an der Unfallstelle angehalten. Darin hatten nach Angaben der "Saarbrücker Zeitung" zahlreiche Feuerwehrleute aus Saarbrücken gesessen, die sofort zu dem verunglückten Reisebus geeilt waren und – ohne professionelle Ausrüstung – Verletzte aus den Trümmern holten. Dann allerdings dauerte es: Erst nach drei Stunden konnte der verunglückte Bus mithilfe eines Krans mit Gurten aufgerichtet und die Toten aus dem Innenraum geholt werden. Dabei schirmten mobile Sichtschutzwände die Aktion ab.
Die A9, eine wichtige Nord-Süd-Verbindung zwischen Berlin und München, war rund um die Unfallstelle zwölf Stunden lang gesperrt.
Die sächsische Opferbeauftragte Iris Kloppich dankte den mehr als 100 professionellen wie auch spontanen Helfern und Helferinnen für ihren Einsatz und sagte ihnen wie auch Opfern und Hinterbliebenen Unterstützung zu.
Kommt es oft zu Fernbusunfällen?
Fernbusse zählen zu den sichersten Verkehrsmitteln. 2022 kamen laut ADAC-Angaben bei Busunfällen innerhalb und außerhalb von Ortschaften insgesamt acht Menschen ums Leben – eine im langjährigen Vergleich nicht ungewöhnliche Zahl.
Auf der A9 bei Leipzig war zuletzt im Dezember 2023 ein Reisebus verunglückt, dabei gab es mehrere Verletzte. In Oberfranken starben im Juli 2017 sogar 18 Menschen, als, ebenfalls auf der A9, ein Reisebus mit etwa 60 Kilometern pro Stunde auf einen Sattelzug auffuhr und in Brand geriet.
💬 BR24-User "SpiegelbildDerGesellschaft" hat in den Kommentaren angesprochen, dass bei Fernbussen auch die europäische Unfallstatistik relevant sei. Das Team von "Dein Argument" hat ergänzt:
Daten der EU-Kommission (externer Link) zeigen, dass von allen Verkehrstoten in der EU im Jahr 2020 zwei Prozent bei einem Unfall starben, an dem ein Bus beteiligt war. Dabei ist die Sterblichkeitsrate bei Busunfällen im östlichen Teil der EU höher, sowohl in Relation zur Einwohnerzahl als auch zur Gesamtzahl der Verkehrstoten. Auch EU-weit zählen Busse also zu den sichereren Verkehrsmitteln. 💬
Wurden die Sicherheitsvorschriften im Bus eingehalten?
Der ADAC verweist auf die seit 1999 bestehende Gurtpflicht in Reisebussen. "Ob und wie die einzelnen Unternehmen kontrollieren, ob Insassen angeschnallt sind, ist nicht nachzuvollziehen", sagte der Sprecher. Busreisenden werde grundsätzlich empfohlen, sich anzuschnallen.
Zudem müssen Reisebusse laut ADAC seit 2022 mit einem sogenannten Spurhaltewarnsystem ausgestattet sein. Ob der verunglückte Bus eines hatte, ist bisher nicht bekannt. Ein solches System warnt den Fahrer – verhindert aber nicht das tatsächliche Abkommen von der Fahrbahn, falls nicht gegengelenkt wird.
Dieser Artikel wird bei Vorliegen neuer Erkenntnisse weiter aktualisiert.
Mit Informationen von dpa, AFP
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