Grüne und FDP treiben die Regierungsbildung nach der Bundestagswahl voran. Trotz unterschiedlicher Sichtweisen in mehreren Themenfeldern scheinen sich beide Parteien anzunähern. Nach den Vorsondierungen am Dienstagabend soll es weitere Gespräche geben - und zwar am Freitag in größerer Runde. Das hatte zunächst FDP-Generalsekretär Volker Wissing erklärt - Grünen-Chefin Annalena Baerbock bestätigte das. Erste inhaltliche Fragen sollen dabei "vertieft werden", hieß es.
Doch mit wem werden Grüne und FDP regieren - mit der Union oder dem Wahlsieger SPD? Baerbock machte eine Präferenz für eine Ampel-Koalition deutlich: "Mit der Union stehen wir auch im Kontakt, aber der Auftrag, den wir haben, ist ein klarer Auftrag für eine Erneuerung in unserem Land." Die Grünen werden daher zunächst mit der SPD Chancen ausloten - am Sonntag. Dennoch werde es wohl kommende Woche auch Sondierungen mit CDU/CSU geben, so Baerbock.
Gespräche mit CDU/CSU finden bei den Liberalen schon früher statt: Am Samstag kommen FDP-Vertreter mit der Union zusammen und am Sonntag mit der SPD-Führung, wie Wissing ankündigte. Er betonte, Jamaika sei nach wie vor die bevorzugte Regierungsoption für seine Partei. Das liege an den Inhalten, an denen sich nichts geändert habe.
Laschet und Söder laden zu Jamaika-Gesprächen ein
In zwei gleichlautenden Schreiben luden die Vorsitzenden von CDU und CSU, Armin Laschet und Markus Söder, die Liberalen und die Grünen zu Gesprächen über die Bildung einer Jamaika-Koalition ein. Darin heißt es: Eine Koalition aus Grünen, FDP und CDU/CSU könne ein "zukunftsweisendes politisches Projekt" sein, das Deutschland "modernisiere und nachhaltiger mache", aber auch "die ganze gesellschaftliche Breite"des Landes abbilde. Deutschland brauche aus Sicht der Union "Nachhaltigkeit in jeder Hinsicht", betonten Laschet und Söder - sowohl beim Klimaschutz als auch bei soliden Finanzen.
Zugleich machten Laschet und Söder demnach deutlich, dass die SPD bei der Bundestagswahl stärkste Kraft geworden sei, aber "keine politische Kraft einen alleinigen Regierungsauftrag habe". Es gebe mehrere Optionen. Dafür stünden CDU und CSU zu Gesprächen unter Demokraten zur Verfügung.
SPD wirbt für die Ampel
Die SPD ist laut Generalsekretär Lars Klingbeil voll auf eine Ampel-Koalition ausgerichtet. "Da gibt es gerade keinen Plan B." Es werde mit FDP und Grünen gesprochen, um eine Regierung zu bilden und nicht mit der Union. SPD, Grüne und FDP hätten die Bundestagswahl gewonnen.
Auch SPD-Co-Chef Norbert Walter-Borjans schloss eine erneute große Koalition mit der Union aus, die rechnerisch unter SPD-Führung möglich wäre. "Ich sehe dafür keine Grundlage. CDU und CSU gehören in die Opposition", sagte er der "Rheinischen Post". Bei der Bildung einer Ampel-Koalition wünsche er sich ein zügiges Vorgehen. "Wir sollten nicht ellenlang sondieren. Wir haben das Ziel, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die kommende Neujahrsansprache im Fernsehen hält."
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Selfie-Sondierung am Dienstagabend
Die Union war bei der Bundestagswahl auf den historischen Tiefpunkt von 24,1 Prozent gestürzt. Die SPD wurde mit 25,7 Prozent stärkste Kraft. Die Grünen kamen auf Platz drei mit 14,8 Prozent, gefolgt von der FDP mit 11,5 Prozent.
Am Dienstagabend waren Baerbock und Grünen-Co-Chef Robert Habeck mit dem FDP-Vorsitzenden Christian Lindner und Wissing in einem bis zuletzt geheimgehaltenen Treffen zusammengekommen. "Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche. Spannende Zeiten", schrieben die vier Spitzenpolitiker unisono auf ihren Instagram-Accounts. Dazu veröffentlichten sie ein Foto, auf dem die vier eng beisammen freundlich lächelnd in die Kamera blicken.
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