Auf Äckern, auf Lagerhallendächern und dem eigenen Balkon: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will den Bau von Solaranlagen beschleunigen. Dazu legte der Grünen-Politiker in Berlin bei einem Treffen mit Politikern, Verbänden, Energiebranche und Verbraucherschützern einen ersten Entwurf einer neuen Photovoltaik-Strategie vor, aus der am Ende neue Gesetze hervorgehen sollen. Sie soll nun diskutiert werden, bei einem weiteren Solar-"Gipfel" Anfang Mai will Habeck die finale Version präsentieren.
In ersten Reaktionen auf sein 40-seitiges Papier erntete Habeck Zuspruch. Der Entwurf könne "ordentlich Schub auslösen", meinte der Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing. "Wenn die noch vorhandenen Ausbaubremsen gelöst werden, kommen wir wirklich voran." Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW), Carsten Körnig, erklärte, im Detail habe er das Papier noch nicht studieren können. "Aber das, was wir gesehen haben an Überschriften, stimmt wirklich zuversichtlich."
Verbraucherschützer fordern günstigeren Strom
Thomas Engelke vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) sagte: "Der Entwurf der Solarstrategie geht aus Verbrauchersicht in die richtige Richtung." Er betonte aber: "Wichtig ist, dass Strom bezahlbarer wird bei der notwendigen Umstellung der Versorgung auf erneuerbare Energien."
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Zuletzt legte die Solarenergie hierzulande kräftig zu, wenn auch auf niedrigem Niveau. Zum Jahresende entfiel laut Ministerium auf die Solarenergie knapp die Hälfte der 142 Gigawatt (GW) an installierter Kapazität an erneuerbaren Energien, nämlich 66,5 GW, mit einem Zubau von 7,3 GW im vergangenen Jahr. Geplant ist aber weit mehr: Deutschland will seinem selbst gesteckten Ausbauziel zufolge 2030 auf 215 Gigawatt an installierter Solarleistung kommen, bis 2040 sollen es 400 Gigawatt sein. Der "Solarsprint" des letzten Jahres lasse hoffen, sagte Körnig.
Geplant: viele neue Anlagen auf Dach und Acker
Die Hälfte neuer Solaranlagen soll laut Habecks Entwurf ab 2026 auf Gebäude, also vor allem Dächer, die andere Hälfte auf Freiflächen wie zum Beispiel Felder entfallen. Anlagen auf Freiflächen lassen sich demnach schneller und günstiger errichten, schon wegen der größeren Materialmengen. Pro GW an installierter Leistung sei der Personalaufwand am geringsten. Anlagen auf Dächern, Balkonen oder Fassaden können hingegen helfen, den steigenden Strombedarf der Bewohner zu decken, der mit klimafreundlicheren Heizungen wie Wärmepumpen oder Elektroautos versorgt. Mieter oder Eigentümer können den Strom aber auch ins Netz einspeisen und damit Geld verdienen.
Habeck will den Bau von Solaranlagen in Gewerbe- und Industriegebieten, auf landwirtschaftlichen Flächen und auf Gewässern erleichtern. Bei Firmendächern und -flächen erwarteten Unternehmerinnen und Unternehmer oft, dass sich eine Anlage in sieben bis acht Jahren rechne - was aber meist nicht erreichbar sei, sagte Branchenvertreter Körnig. Viele würden auch von einem "regelrechten Dschungel an Bürokratie" abgeschreckt.
Strom vom eigenen Balkon
Die Hürden für so genannten Mieterstrom, wo der Strom für ein Wohngebäude von der Solaranlage vor Ort kommt, sind aus Sicht Habecks noch zu hoch, gerade für Vermieter oder Wohneigentümergemeinschaften. Für professionelle Anbieter wiederum würfen solch kleine Projekte zu wenig Ertrag ab. Die Regeln sollen einfacher werden. Zudem will Habeck ermöglichen, dass Bewohner den Strom aus der Anlage auf dem eigenen Dach nicht selbst nutzen, sondern einfach ins Netz einspeisen und damit Geld verdienen.
Mit einem Solarmodul auf dem eigenen Balkon kann jeder selbst unkompliziert Strom erzeugen, auch wenn der Anteil an der Solarleistung in Deutschland nach Einschätzung des Ministeriums gering bleiben wird. Das Ganze soll so einfach sein, dass jeder so eine Anlage selbst in Betrieb nehmen kann. Habeck will außerdem bürokratische Auflagen streichen und die in Deutschland üblichen Doppelstecker ("Schukostecker") für solche Anlagen zulassen.
Netze nötig
Die Rolle von Strom an der deutschen Energieversorgung soll im Sinne des Klimaschutzes steigen, zumal aus erneuerbaren Energien, die dezentral erzeugt werden. "Zwingende Voraussetzung" für die Nutzung von mehr Solaranlagen ist aus VKU-Sicht ein Ausbau der Verteilnetze, die den Strom zu den Endkunden bringen. Das Problem aus Sicht der Stadtwerke: Sie können Investitionen in die Netze erst im Nachhinein mit einem Zeitverzug von mehreren Jahren über Netzentgelte wieder hereinholen. Nötig sei ein vorausschauender Ausbau, mahnt Liebing.
Den Großteil der für Solaranlagen nötigen Produkte muss Deutschland aus China einführen. Hier habe Deutschland früher nicht genug getan, um heimische Industrie zu halten, beklagte Habeck. Er will wieder mehr Solarunternehmen ins Land holen.
Mit Informationen von dpa.
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