Eigentlich hätten Energieversorger ihre Kunden bis zum 1. März anschreiben müssen: Seit dem neuen Monat gelten die Energiepreisbremsen für Strom und Gas. Viele Menschen wissen jedoch noch immer nicht, wie stark ihre Ausgaben dadurch sinken.
Wann und wie Verbraucher informiert werden, warum sie das Schreiben vom Vermieter oder Versorger genau prüfen sollten und ob sich die Preisbremsen angesichts der gefallenen Energiepreise überhaupt noch lohnen - die wichtigsten Fragen zur Strom- und Gaspreisbremse im Überblick.
- Zum Artikel "Entlastung bei Heizkosten: Gaspreisbremse tritt in Kraft"
Wie hoch sind die Energiepreisbremsen?
Die Strompreisbremse deckelt die Kosten für Strom auf 40 Cent je Kilowattstunde. Sie gilt allerdings nur für einen Stromverbrauch bis 80 Prozent des Stromverbrauchs aus dem Vorjahr. Für jede Kilowattstunde, die Kunden darüber hinaus verbrauchen, zahlen sie den vertraglich vereinbarten Strompreis.
Die Gaspreisbremse liegt bei 12 Cent je Kilowattstunde (kWh). Auch sie gilt für 80 Prozent des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs. Jede Kilowattstunde, die mehr verbraucht wird, wird mit dem vertraglich vereinbarten Gaspreis abgerechnet. Für Wärme, Fernwärme etwa, beträgt der gedeckelte Preis 9,5 Cent je Kilowattstunde. Auch hier gilt der Deckel nur für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs.
Wann greifen sie?
Die Energiepreisbremsen gelten seit dem 1. März. Allerdings sind sie rückwirkend zum 1. Januar in Kraft getreten. Das heißt, dass Verbraucher die Einsparungen auch für die Monate Januar und März erhalten.
Die Gaspreisbremse etwa greift allerdings erst, wenn der Preis der Produkte drei Arbeitstage lang 180 Euro pro Megawattstunde übersteigt sowie zugleich 35 Euro über einem internationalen Durchschnittspreis für flüssiges Erdgas liegt. Der europäische Gaspreis lag in den vergangenen Wochen zwischen 50 und 60 Euro pro Megawattstunde, Anfang dieser Woche fiel er sogar auf 42,50 Euro und damit auf den tiefsten Stand seit Sommer 2021. Das liegt etwa am milden Winter, den vollen Speichern und dem geringeren Verbrauch. Die Debatte um eine Strom- und Gaspreisbremse kam auf, als die Gas- und Strompreise noch sehr viel höher waren. Im Sommer 2022 etwa lag der Gaspreis bei deutlich über 300 Euro.
Wirken die Maßnahmen jetzt noch, wenn die Preise ohnehin sinken?
Derzeit sind die Preise also noch weit davon entfernt, die Energiepreisbremsen auszulösen. Dennoch sind die Maßnahmen momentan sinnvoll. Wie Heidemarie Krause-Böhm von der Verbraucherzentrale Bayern gegenüber BR24 erklärt, machen sich die gesunkenen Energiepreise bei einigen Menschen aktuell noch gar nicht in den Abschlagszahlungen bemerkbar. Bei Mietern und Mieterinnen kommen diese erst mit der Nebenkostenabrechnung Ende des Jahres an. Aktuell zahlen sie noch den erhöhten Abschlag. Zudem hänge der Energiepreis davon ab, wann die Versorger eingekauft haben. Wurde noch zu den höheren Preisen eingekauft, wird auch bei den Kunden noch kein Preis reduziert, vermutet Böhm.
Durch weitere Preissteigerungen, etwa bei Lebensmitteln, hätten nun viele Menschen Schwierigkeiten, die hohen Abschläge zu zahlen. Wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in zwei FAQs erklärt, reduziert die Gas- und Strompreisbremse bereits die monatlichen Abschläge um den Entlastungsbetrag. Aus diesem Grund sind die Energiepreisbremsen auch jetzt sinnvoll.
Wie und wann werde ich informiert? Muss ich aktiv werden?
Dem Wirtschaftsministerium zufolge müssen Energieversorger ihre Kunden bis spätestens 1. März über die Entlastungen informieren. Doch noch nicht alle Verbraucher haben Briefe erhalten. Die Versorger erklären dies mit dem damit einhergehenden hohen Arbeitsaufwand. Zudem erhalten nicht alle Menschen die Information direkt vom Versorger. Wer in einem Mehrfamilienhaus wohnt, das zentral mit Gas beheizt oder Wärme versorgt wird, wird vom Vermieter oder der Vermieterin kontaktiert. Diese erhalten das Schreiben der Versorger und sind dann wiederum verpflichtet, die Mietenden über Ursprung, Höhe und Laufzeit der Entlastung aufzuklären.
Auch informieren die Vermietenden darüber, dass sie die Entlastungen im Rahmen der Betriebskostenabrechnung anteilig an die Mieterinnen und Mieter weiterreichen werden. In Ausnahmefällen wird auch mitgeteilt, dass die Betriebskostenvorauszahlung angepasst wird.
Wie rechne ich nach, ob meine Abschläge korrekt sind? Worauf muss ich achten?
All diese Angaben sollten Verbraucher mit ihrem Strom- und Gasverbrauch aus dem Vorjahr abgleichen. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, regelmäßig den Zähler abzulesen und in einer Tabelle die Stände festzuhalten. Die Abschlagszahlungen sollten zum Verbrauch passen. Empfohlen wird, dass Verbraucher die Zählernummer sowie den Anfangs- und Endzählerstand prüfen - ,ob der Verbrauch abgelesen oder geschätzt wurde, ob der angegebene Preis korrekt ist, ob die Zahlungen richtig verbucht sind und ob der neue Abschlag korrekt ist.
Auch ist es hilfreich, wenn Verbraucher den Preisänderungen oder Entlastungen nachgehen. Hierfür gibt es diverse Rechner im Internet, etwa direkt bei der Verbraucherzentrale. Zunächst sollten sich Verbraucher über den neuen Preis erkundigen, etwa im Schreiben vom Versorger oder Vermieter oder direkt bei einem Ansprechpartner des Versorgers. Auf der letzten Jahresabrechnung findet sich der Jahresverbrauch, der Grundpreis sowie in Ausnahmefällen noch ein Messentgelt.
Mit diesen Angaben lassen sich die Energiekosten ausrechnen und mit dem Abschlag vergleichen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass für Dezember 2022 der Staat den Abschlag für die Gas-Versorgung übernimmt. Wem die Abschläge zu hoch oder zu niedrig erscheinen, der sollte Kontakt zum Energieversorger aufnehmen und die Zahlungen anpassen lassen.
Lohnt es sich noch, trotzdem Energie zu sparen?
Da nur ein Teil des Verbrauchs bezuschusst wird, lohnt es sich trotz der Energiepreisbremsen, Gas und Strom zu sparen. Jede gesparte Kilowattstunde spart den höheren Arbeitspreis, der mit dem Versorger vertraglich festgehalten wurde.
Bieten die Bremsen Möglichkeiten für Versorger, den Staat "abzuzocken"?
Für Energieversorger ergibt sich ein "Anreiz, Preise stärker als nötig nach oben zu schrauben", wie Kartellamtspräsident Andreas Mundt sagt. Seine Behörde hat daher eine Abteilung zur Missbrauchskontrolle aufgebaut. Verstöße können mit Bußgeldern bestraft werden, unrechtmäßig erlangte Ausgleichszahlungen müssten erstattet werden.
In § 39 ist geregelt, dass Elektrizitätsversorgungsunternehmen die missbräuchliche Anwendung der Strompreisbremse verboten ist. Etwa wurde es ihnen untersagt, ihre Arbeitspreise im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023 zu erhöhen. Eine Ausnahme stellt es dar, wenn sie nachweisen können, dass die Erhöhung sachlich gerechtfertigt ist, etwa weil die Beschaffungskosten gestiegen sind. Um Energieversorger zu motivieren, möglichst niedrige Energiekosten abzurechnen sowie um Missbrauch zu verhindern, soll die Bundesregierung zudem bis Mitte März 2023 eine Verordnung vorlegen: Der Betrag, um den die Preise mithilfe der Preisbremsen abgesenkt werden können, kann damit begrenzt werden.
Wo kann ich nachfragen, wenn ich weitere Fragen habe?
Für Fragen rund um die Energiepreisbremse gibt es für Verbraucher und Unternehmen eine kostenlose Hotline. Die Beratung zur Strom-, Gas- und Wärmepreisbremse gibt es ab sofort unter der Nummer 0800 78 88 900, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte.
- Zum Podcast: "Ist der EU-Gaspreisdeckel noch sinnvoll?"
Mit Informationen von dpa und AFP
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