Aus der Regierungskoalition fordern immer mehr Stimmen einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern aus Deutschland an die Ukraine. Doch der Bundesverteidigungsminister hat weiter "Bedenken".
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Archivbild: Ein Tornado der Bundeswehr, mit einem davor liegenden Luft-Boden-Marschflugkörper "Taurus".

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"Taurus" für die Ukraine - Debatte hält an

Aus der Regierungskoalition fordern immer mehr Stimmen einer Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern aus Deutschland an die Ukraine. Doch der Bundesverteidigungsminister sieht "keinen dringenden Entscheidungsbedarf" und äußert weiter "Bedenken".

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Ganze zehn Sekunden brauchte Oberst Arne Collatz in der Regierungspressekonferenz, um das Thema "Taurus" zumindest dort abzuräumen. Den jüngsten Aussagen des Verteidigungsministers habe er nichts hinzuzufügen, erklärte Collatz, einer der Sprecher des Ministers. Es bleibt also dabei: Das Bundesverteidigungsministerium sieht aktuell keine Notwendigkeit über eine Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern zu entscheiden. Die Debatte um eine Unterstützung der Ukraine mit diesem Waffensystem wird das Ministerium so aber nicht beenden. Sie wird eher intensiver.

Stimmen für Lieferung mehren sich

Mittlerweile gibt es aus allen drei Regierungsparteien Forderungen, dem Wunsch der Ukraine zu entsprechen und die Marschflugkörper aus Bundeswehr-Beständen zu liefern. Nach Verteidigungspolitikern von Grünen und FDP sprachen sich nun auch SPD-Vertreter dafür aus. Der fränkische SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz, Haushaltsexperte seiner Fraktion im Bundestag, sieht somit, anders als sein Parteifreund, Verteidigungsminister Boris Pistorius, durchaus dringenden Handlungsbedarf.

Nach Auffassung von Schwarz braucht die ukrainische Armee den "Taurus", um die stockende Bodenoffensive zu unterstützen. Der Wunsch der Ukraine nach dem Waffensystem sei militärisch begründet, sagte Schwarz BR24. Der SPD-Politiker befürchtet in der Marschflugkörper-Frage ein "Deja-vu", wie bei der Lieferung von Kampfpanzern - dass also lange debattiert werde, um am Ende doch zu liefern. Um zu verhindern, dass deutsche Marschflugkörper für Angriffe auf Ziele in Russland eingesetzt werden, schlägt Schwarz eine entsprechende Vereinbarung mit der Ukraine vor.

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, schloss eine "Taurus"-Lieferung nicht aus. Schmid sprach sich allerdings dafür aus, eine solche Entscheidung im Verbund mit den USA zu treffen. Diese Position vertritt auch Pistorius. Die USA liefern bisher kein Waffensystem mit vergleichbarer Reichweite wie der "Taurus".

Angriffe auf Russland technisch auszuschließen?

In den vergangenen Tagen hatten sich bereits Politiker von FDP und Grünen für eine Lieferung der deutschen Marschflugkörper ausgesprochen. Der FDP-Verteidigungsexperte Marcus Faber glaubt, dass ein Einsatz gegen Ziele in Russland von vornherein technisch ausgeschlossen werden kann. Die Geodaten der "Taurus"-Marschflugkörper könnten vor Lieferung entsprechend programmiert werden, sagte Faber BR24. Für das Bundesverteidigungsministerium erklärte Sprecher Collatz dazu auf Nachfrage, zu den technischen Details des Waffensystems könne er sich aus Sicherheitsgründen nicht äußern. In der Union gibt es unterschiedliche Positionen zum Thema "Taurus". Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter ist für eine sofortige Lieferung. CSU-Chef Markus Söder sprach sich im ARD-Sommerinterview dagegen aus.

"Taurus"-Marschflugkörper haben große Reichweite

Taurus-Marschflugkörper werden von Kampfjets - wie dem Tornado oder dem Eurofighter - in sicherer Entfernung ausgeklinkt und fliegen dann zu ihren Zielen. Der Flugkörper verfügt über einen eigenen Antrieb und navigiert selbstständig. Er kann so auf Hindernisse am Boden reagieren und sehr niedrig fliegen. Mit der 1,4 Tonnen schweren und rund fünf Meter langen Waffe können Ziele am Boden, wie etwa Bunker, präzise getroffen und zerstört werden. Mit rund 500 Kilometern ist die Reichweite des "Taurus" deutlich größer, als die britischer und französischer Marschflugkörper, die die Ukraine bereits bekommt.

Hersteller sitzt in Bayern

Hergestellt wird der Taurus von einer Tochterfirma des Rüstungskonzerns MBDA aus dem oberbayerischen Schrobenhausen. An die Bundeswehr wurden rund 600 Marschflugkörper dieses Typs geliefert. Die allermeisten davon seien einsatzbereit, erklärte FDP-Verteidigungspolitiker Faber im BR24-Interview. Sollten "Taurus"-Marschflugkörper an die Ukraine geliefert werden, sind technische Umrüstungen nötig, damit das Waffensystem von Maschinen der ukrainischen Luftwaffe eingesetzt werden kann.

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