Die Organisation Transparency International hat mit scharfen Worten auf die Vorwürfe gegen den Chef der Münchner Sicherheitskonferenz (SiKo), Wolfgang Ischinger reagiert. Laut einer Recherche des "Spiegel" soll dieser auch privat an der Konferenz verdient haben. "Die Vorwürfe sind ernst. Und sie sollten von der MSC ernst genommen werden", sagte der CEO der Nichtregierungsorganisation, Daniel Eriksson, dem Bayerischen Rundfunk.
MSC muss "Bastion der Demokratie" bleiben
Bereits im Vorfeld der SiKo waren Vorwürfe laut geworden, wonach der 75-jährige Ischinger das vermeintliche "Ehrenamt", wie er es bezeichnet, zum eigenen finanziellen Vorteil genutzt haben soll. Laut "Spiegel" sollen vertrauliche Dokumente zeigen, wie Ischingers Beratungsfirma Agora Strategy Group an der Münchner Sicherheitskonferenz verdiente und bei Waffendeals vermitteln wollte.
Es sei wichtig, sicherzustellen, dass die Münchner Sicherheitskonferenz eine "Bastion der Demokratie bleibt, zu der sie sich unter der Führung von Botschafter Ischinger entwickelt hat", betonte Eriksson. "Diese Art von Geschäften hinter den Kulissen sollte der Vergangenheit angehören", forderte der CEO von Transparency International.
Nachfolger muss Interessenskonflikte vermeiden
Ischingers Nachfolger müsse sicherstellen, "dass er ein höheres Maß an Integrität an den Tag legt und dafür sorgt, dass Interessenkonflikte mit der Münchner Sicherheitskonferenz der Vergangenheit angehören". Der frühere Botschafter und Diplomat Ischinger hatte den Vorsitz der Münchner Sicherheitskonferenz 14 Jahre lang inne gehabt. Die aktuelle Konferenz ist die letzte in seiner Funktion als SiKo-Chef.
Ischinger weist Vorwürfe der Vorteilsnahme zurück
Ischinger selbst ist sich keiner Schuld bewusst. Im Interview mit der Bayern2-radioWelt hatte der 75-jährige Konferenzleiter die Vorwürfe zurückgewiesen: "Soweit die Vorwürfe an mich persönlich gerichtet sind, sind die vollkommen abwegig. Ich habe von der Münchner Sicherheitskonferenz persönlich überhaupt nicht profitiert. Seit 14 Jahren hat sich das zu einem absoluten Fulltime-Job entwickelt und ich mache das ehrenamtlich. [...] Ich kriege eine Aufwandsentschädigung, aber kein Gehalt."
Das Einwerben von Sponsoren sei Bestandteil für das Gelingen der Konferenz. Sponsoren der Konferenz würden Networking-Möglichkeiten angeboten, so Ischinger: "Ich muss natürlich einer großen Firma, die da vielleicht Hunderttausende Euro bereit ist jedes Jahr hinzulegen, erklären können, dass sie das nicht nur aus Wohltätigkeitsgründen machen soll, sondern dass vielleicht durch Gespräche am Rande der Konferenz etwas dabei rausspringen kann." Damit keiner der Partner zu großen Einfluss gewinne, lägen die Beiträge der einzelnen Finanziers "unter zehn Prozent".
Bundesregierung reagiert zurückhaltend
Die Bundesregierung äußerte sich zunächst zurückhaltend zu den Vorwürfen. Das Auswärtige Amt habe den Bericht "zur Kenntnis genommen", sagte eine Sprecherin. "Wie üblich kommentieren wir solche Berichterstattungen an dieser Stelle nicht." Das Auswärtige Amt sei auch "kein Stakeholder dieser Konferenz".
Das Auswärtige Amt bestätigte zudem, dass Ischinger als MSC-Chef weiter seinen Botschaftertitel tragen dürfe, obgleich er 2011 aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sei. Grund seien "protokollarische Aufgaben von erheblicher Bedeutung und erheblichem Umfang" in der MSC-Leitungsfunktion, sagte die Sprecherin. Diese erfordere zahlreiche Reisen ins Ausland und Kontakte mit hochrangigen Gesprächspartnern.
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