Nach dem Bombenanschlag in der türkischen Metropole Istanbul mit sechs Todesopfern und über 80 Verletzten ist eine Person festgenommen worden. Eine junge Frau soll die Bombe auf der Einkaufsstraße Istiklal hinterlegt haben. Laut des Privatsenders NTV soll sie die Tat gestanden haben.
Sie habe zugegeben, im Auftrag der PKK gehandelt und ihre Anweisungen in Kobane im Kurdengebiet im Nordosten Syriens bekommen zu haben. Die Frau habe die syrische Staatsbürgerschaft.
PKK will mit dem Anschlag nichts zu tun haben
Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat jegliche Verantwortung für den tödlichen Anschlag von Istanbul zurückgewiesen. Man ziele nicht direkt auf Zivilisten und man akzeptiere auch keine Aktionen, die auf Zivilisten abzielten, schrieb die in der Türkei verbotene Organisation in einer von der Nachrichtenagentur Firat veröffentlichten Erklärung. Firat steht der PKK nahe, die von der Türkei und ihren westlichen Verbündeten als "Terrororganisation" eingestuft wird.
Vorwürfe an die PKK
Die verbotene kurdische Arbeiterpartei kämpft seit Mitte der 1980er Jahre gegen den türkischen Staat und wurde in der Vergangenheit immer wieder für blutige Anschläge in der Türkei verantwortlich gemacht. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu hat die PKK nun auch für diesen Anschlag verantwortlich gemacht. Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem "hinterhältigen Anschlag".
Explosion in Istanbul: Hintergründe unklar
Die Hintergründe der Explosion waren zunächst nicht genau bekannt. In sozialen Medien hieß es, Geschäfte seien geschlossen und die Straße gesperrt worden. Auf Aufnahmen, die über die sozialen Medien verbreitet wurden, war ein Feuerball inmitten der belebten Straße zu sehen. Der Knall der Explosion war noch in anliegenden Vierteln zu hören.
Die Istiklal-Straße ist tagsüber immer voll mit Menschen, am Sonntag besonders, berichtet Katharina Willinger, ARD-Korrespondentin in der Türkei. Die Straße ist ein touristischer Hotspot im europäischen Teil der türkischen Metropole, in der rund 16 Millionen Menschen leben.
Ort der Explosion großräumig abgesperrt - Nachrichtensperre verhängt
Die Menschen in der Stadt sind dazu aufgerufen, die Gegend zu meiden. Auch umliegende Straßen sollten von Verkehr freigehalten werden, berichtete der Sender TRT unter Berufung auf Behörden. Der Ort der Explosion wurde von der Polizei großräumig abgesperrt, erklärte ARD-Korrespondent Oliver Mayer-Rüth von der Einkaufsstraße aus auf Twitter. Hubschrauber kreisten über dem Ort.
In türkischen Medien wurde die Berichterstattung zu dem Anschlag größtenteils eingestellt. Die Rundfunkbehörde Rtük verhängte eine vorläufige Nachrichtensperre für Medien. Berichte über die Explosion sollten vermieden werden, um nicht für Angst und Panik in der Bevölkerung zu sorgen, hieß es in dem Schreiben am Nachmittag. Die Behörde für Informationstechnologie und Kommunikation (BTK) reduzierte am Abend Berichten zufolge zudem die Bandbreite für Social-Media-Plattformen. Für Nutzer bedeutete das, dass Seiten deutlich langsamer oder nur noch via VPN erreichbar waren.
Baerbock: "Furchtbare Bilder"
Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf Twitter anlässlich der "furchtbaren Bilder" aus Istanbul: "Meine Gedanken sind bei den Menschen, die einfach nur an einem Sonntag auf der Einkaufsstraße Istiklal flanieren wollten und nun Opfer einer schweren Explosion wurden."
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte Erdogan. "Die Nachricht von der verheerenden Explosion mitten im belebten Istanbul hat mich erschüttert", erklärte Steinmeier. "Meine Gedanken sind bei den Opfern und deren Angehörigen, und meine Genesungswünsche gehen an alle Verletzten", so der Bundespräsident. "In diesem Moment des Schocks stehen wir Deutsche an der Seite der Bürgerinnen und Bürger Istanbuls und des türkischen Volkes."
Die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre, verurteilte die "Gewalttat". "Wir stehen im Kampf gegen Terrorismus Seite an Seite mit unserem Nato-Verbündeten Türkei", erklärte sie weiter für das Weiße Haus.
Das Nachbarland Griechenland verurteilte die Explosion ebenfalls umgehend und sprach der türkischen Regierung und der Bevölkerung sein Beileid aus.
Immer wieder Anschläge in der Türkei
In der Türkei ist es in der Vergangenheit immer wieder zu Anschlägen gekommen – auch im Zentrum Istanbuls. 2016 hatte sich etwa ein Selbstmordattentäter auf der Istiklal in die Luft gesprengt und vier Menschen getötet, 39 weitere wurden verletzt. Nach Angaben der türkischen Regierung hatte der Attentäter Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Gruppe selbst bekannte sich damals nicht zu der Tat.
Auch die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK verübt immer wieder Anschläge in der Türkei. Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste und unterhält Stellungen in der Südosttürkei und im Nordirak. Ihr Hauptquartier liegt in den nordirakischen Kandil-Bergen. Ankara geht regelmäßig gegen die PKK vor und unterhält seit 2016 auch Militärposten im Nordirak.
Der seit 1984 andauernde Konflikt kostete bislang Zehntausenden Menschen das Leben. Ein Waffenstillstand war im Sommer 2015 gescheitert
Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!