Symbolbild: Russischer Raketen-Angriff in der Ukraine
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Viele Tote und Verletzte bei russischem Angriff auf Bahnhof

Viele Tote und Verletzte bei russischem Angriff auf Bahnhof

Am ukrainischen Unabhängigkeitstag sind bei einem russischen Angriff auf einen Bahnhof im Zentrum des Landes nach Angaben von Präsident Selenskyj mindestens 22 Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden.

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Ein Bahnarbeiter steht neben einem schwer beschädigten Zug nach einem russischen Angriff auf einen Bahnhof am ukrainischen Unabhängigkeitstag.
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Ein Bahnarbeiter steht neben einem schwer beschädigten Zug nach einem russischen Angriff auf einen Bahnhof am ukrainischen Unabhängigkeitstag.

Nach einem russischen Raketenangriff auf einen Bahnhof in der Ukraine ist die Zahl der Toten nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj auf mindestens 22 Menschen gestiegen. Wie am Abend aus seinem Büro verlautete, wurden 22 weitere verletzt. Zunächst hatte Selenskyj von 50 Verletzten gesprochen.

Selenskyj: "Tschaplyne ist heute unser Schmerz"

Der Angriff habe einem Bahnhof in der Kleinstadt Tschaplyne in der zentralukrainischen Region Dnipropetrowsk gegolten, berichteten ukrainische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf eine Ansprache Selenskyjs an den UN-Sicherheitsrat via Video-Link. Fünf Bahnwaggons wurden demnach von einer Rakete getroffen.

Unter den Todesopfern seien fünf Menschen, die in ihrem Wagen verbrannt seien. Ferner befand sich unter den Todesopfern nach Selenskyjs Angaben ein elfjähriger Junge. Er sei in seinem Haus gestorben, das von einer russischen Rakete zerstört worden sei. In seiner abendlichen Videobotschaft ans Volk sagte der Staatschef später: "Tschaplyne ist heute unser Schmerz".

Angriff am Unabhängigkeitstag

Am Mittwoch beging die Ukraine den Unabhängigkeitstag, an dem das Land an die Unabhängigkeitserklärung von der Sowjetunion im Jahr 1991 erinnert. Vor genau sechs Monaten - am 24. Februar - marschierte Russland in das Nachbarland ein. Selenskyj hatte bereits seit Tagen davor gewarnt, dass Moskau diese Woche "etwas besonders Grausames" versuchen könnte.

Am Mittwoch waren keine Feiern geplant, größere Versammlungen waren aus Sorge vor russischen Angriffen in der Hauptstadt Kiew bis Donnerstag verboten. "Vor sechs Monaten hat Russland uns den Krieg erklärt", erklärte Selenskyj in seiner Botschaft an das ukrainische Volk. "Am 24. Februar wurde uns gesagt: Ihr habt keine Chance. Am 24. August sagen wir: Alles Gute zum Unabhängigkeitstag, Ukraine!"

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Luftschutzsirenen in Kiew

Der Präsident rief seine Landsleute auf, wachsam zu sein. "Russische Provokationen und brutale Angriffe sind möglich", sagte er.

In Kiew rissen am Morgen Luftschutzsirenen die Bewohner aus dem Schlaf. Einige wenige Menschen kamen auf einem Platz im Zentrum zusammen, auf dem am Wochenende zerstörte russische Panzer präsentiert worden waren. Dort wird auch jeden Morgen um 7.00 Uhr die Nationalhymne gespielt.

In der Ostukraine griffen die russischen Truppen nach ukrainischen Angaben erneut Städte und Dörfer in der Region Donezk an. Dabei sei ein Mensch ums Leben gekommen, zwei weitere seien verletzt worden. An der Front im Süden sollen erneut die Städte Nikopol und Marhanez Ziel von Angriffen gewesen sein. Mehrere Gebäude wurden beschädigt, zwei Menschen erlitten Verletzungen, wie das Gouverneursbüro mitteilte. Das russische Militär soll auch die Stadt Saporischschja beschossen haben. Von dort wurden keine Opfer gemeldet.

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

Baerbock sieht derzeit keinen Sinn in Friedensgesprächen

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) machte unterdessen deutlich, dass sie in möglichen Gesprächen mit der russischen Regierung über eine Beendigung des Ukraine-Kriegs in der derzeitigen Lage keinen Sinn sieht. Moskau sei nicht mal dazu bereit, "über humanitäre Korridore wirklich umfänglich zu verhandeln", sagte Baerbock in einem Interview mit dem ZDF-"heute journal".

Die Bundesaußenministerin betonte, bis zum Beginn der russischen Invasion sei von westlicher Seite "alles dafür getan" worden, um diesen Krieg zu verhindern. Der russische Präsident Wladimir Putin habe aber alles dafür getan, "genau diese Friedensgespräche zu zerstören, jetzt zerstört er seit sechs Monaten ein unschuldiges Land". Derzeit gebe es deshalb nicht mehr zu tun, als weiterhin "mit Waffenlieferungen die Ukraine zu unterstützen".

USA verkünden neues Milliarden-Paket für Ukraine

Mit weiteren Milliardenhilfen will die US-Regierung indes die Ukraine im Krieg gegen Russland unterstützen. US-Präsident Joe Biden kündigte noch vor dem verheerenden Raketenangriff Unterstützung für Kiew im Umfang von knapp drei Milliarden Dollar (rund drei Milliarden Euro) an. Damit könne die Ukraine Luftabwehrsysteme, Artilleriesysteme und Munition, Drohnen und Radare erwerben, "um sich langfristig verteidigen zu können", erklärte Biden.

Biden gratulierte zum ukrainischen Unabhängigkeitstag. Dieser zeige, "dass die Ukraine stolz darauf ist, eine souveräne und unabhängige Nation zu sein - und es auch bleiben wird". Die Vereinigten Staaten seien entschlossen, das ukrainische Volk im Kampf um die Verteidigung seiner Souveränität zu unterstützen. US-Außenminister Antony Blinken sagte, die Ukrainer hätten bewiesen, dass sie alles täten, um ihr Zuhause, ihre Familien, ihre Mitbürger, ihr Land und ihre Unabhängigkeit zu schützen. Die USA hätten gezeigt, dass sie dem Land so lange wie nötig zur Seite stehen werden.

  • Zum Artikel: Waffen, Geld, Hilfsgüter - So unterstützt Deutschland die Ukraine

Selenskyj vor Sicherheitsrat: Welt braucht unsere Unabhängigkeit

Selenskyj hat vor dem UN-Sicherheitsrat nicht nur von dem Angriff auf den Bahnhof in der Region Dnipropetrowsk berichtet, sondern zuvor die globale Bedeutung des Abwehrkampfes seines Landes gegen die russische Invasion hervorgehoben. "Heute feiert unser Land den Unabhängigkeitstag und jetzt kann jeder sehen, wie sehr die Welt von unserer Unabhängigkeit abhängig ist", sagte Selenskyj am Mittwoch per Video bei einer Sicherheitsratssitzung. Zuvor war Russland mit dem Versuch gescheitert, eine Ansprache Selenskyjs zu verhindern.

Wenn Russland jetzt nicht aufgehalten werde, "werden russische Mörder wahrscheinlich in anderen Ländern landen - in Europa, Asien, Afrika, Lateinamerika", sagte Selenskyj weiter. "Russland muss für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden". Vor genau sechs Monaten begann Russland die Invasion - anlässlich dessen traf sich auch der Sicherheitsrat.

Mehr als 50 Länder fordern Russland zu Ende des Kriegs auf

Mehr als 50 Länder - darunter die USA, alle EU-Staaten und Großbritannien - haben Russlands Angriffskrieg erneut verurteilt. "Wir fordern die Russische Föderation auf, ihre völlige Missachtung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen, einschließlich der Charta der Vereinten Nationen, des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechtsgesetze, zu beenden", sagte der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kislizia am Mittwoch in New York im Namen der beteiligten Staaten.

Melnyk kann sich Vermittlerrolle Merkels im Ukraine-Krieg vorstellen

Dazu, wie der Krieg beendet werden könnte, hat sich auch der scheidende ukrainische Botschafter Andrij Melnyk geäußert. Melnyk hält eine Vermittlerrolle der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel im weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs für sinnvoll. "Ich glaube, Frau Merkel könnte, wenn sie nur wollte, an einem bestimmten Punkt des Kriegs - noch nicht jetzt - irgendwann eine bestimmte Rolle spielen", sagte der Diplomat dem "Spiegel". Sein Eindruck sei, dass Russlands Präsident Wladimir Putin Merkel noch immer respektiere. "Deshalb könnte Frau Merkel durchaus ihren Beitrag leisten in dem Augenblick, wo Putin nach einer Exitstrategie sucht", sagte Melnyk am Mittwoch dem Nachrichtenmagazin. Er hoffe, dass Merkel das auch so sehe und fände es schade, wenn sie sich völlig aus dem Politischen zurückzöge.

Eine Vermittlerrolle von Altkanzler Gerhard Schröder, der Putin nahesteht, lehnte der Botschafter hingegen ab. "Schröder hatte bereits seine Chance, hat sie aber vertan", sagte Melnyk.

Merkel hatte Mitte Juni in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) auf die Frage, ob sie als Vermittlerin für eine Lösung in dem Konflikt zur Verfügung stehen würde, gesagt: "Diese Frage stellt sich derzeit nicht." Die Ex-Kanzlerin hatte zugleich eingeräumt, dass ihr Einfluss auf Putin kurz vor Amtsende geschwunden sei. Bei einem Auftritt im Berliner Ensemble hatte sie wenige Tage zuvor zu dem Thema gesagt: "Ich habe nicht den Eindruck, dass das im Augenblick etwas nützt." Es gebe aus ihrer Sicht "wenig zu besprechen".

Gerhard Mangott
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Gerhard Mangott

Mit Agenturmaterial von dpa, AP, reuters und AFP.

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