Leere Fahrbahnen am Autobahndreieck Inntal (Archiv- und Symbolbild)
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Wissing und die Fahrverbote: Was steckt dahinter?

Wissing und die Fahrverbote: Was steckt dahinter?

Bundesverkehrsminister Wissing hat mit einer Warnung für Aufsehen gesorgt: Es könnten Fahrverbote am Wochenende drohen, wenn das Klimaschutzgesetz nicht angepasst wird. Wie wahrscheinlich ist das?

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Autofreier Sonntag – als vor 50 Jahren, im Jahr 1973, Fahrverbote verhängt wurden, reagierten die Menschen laut Medienberichten wohl weitgehend gelassen. Damals waren es aber auch nur vier autofreie Sonntage. Bei dem Szenario, das Verkehrsminister Volker Wissing letzte Woche an die Wand gemalt und Finanzminister Christian Lindner am Wochenende wiederholt hat, dürfte der Aufschrei deutlich lauter sein. Der FDP-Politiker will mit seiner Warnung Druck auf seine Partner in der Ampelkoalition ausüben.

Fahrverbote am Wochenende

Gerade ringen SPD, Grüne und FDP um ein neues Klimaschutzgesetz. Sollte das nicht bis Mitte Juli in Kraft treten, müsse das Verkehrsministerium schnell drastische Maßnahmen ergreifen, um die eigenen Klimaziele zu erreichen, sagt Wissing im Interview mit dem Deutschlandfunk - nämlich Fahrverbote für Autos und Lkw an beiden Wochenendtagen, und zwar "dauerhaft und unbefristet".

Damit löst er heftige Kritik aus. Die Grünen werfen Wissing vor, "unbegründete Ängste zu schüren". Die SPD spricht von "Panikmache". Noch deutlicher werden Umweltverbände. Die Vorgehensweise sei "schäbig", sagt der BUND. Von Greenpeace heiß es: "Jetzt malt er Horrorszenarien an die Wand, um auch in Zukunft nichts tun zu müssen." Seit zweieinhalb Jahren hätte Wissing kaum etwas getan, um die Klimaschutzziele in seinem Bereich einzuhalten, jetzt wolle er sich aus der Verantwortung stehlen – so der Vorwurf. Ähnlich sieht das die bayerische Bundestagsabgeordnete Lisa Badum von den Grünen. "Er war untätig und versucht jetzt die Schuld auf andere abzuwälzen."

Klimaziele: Sorgenkind Verkehr

Seit Jahren ist der Verkehr – neben dem Baubereich – das große Sorgenkind bei den Bemühungen, Klimagase einzusparen. Das aktuell geltende Klimaschutzgesetz schreibt jedes Jahr verbindliche Einsparungen vor. Beim Verkehr wurden die Ziele in den vergangenen Jahren gerissen. Laut Gesetz müsste Minister Wissing dann ein Sofortprogramm auflegen, um die Einsparungen sicherzustellen. So ein Programm hat er vor zwei Jahren vorgelegt – wobei Programm ein großes Wort dafür sei, sagen Klimaexperten. Sie sprechen von losen Ideen und unkonkreten Maßnahmen.

Wissing wehrt sich dagegen: Mit dem Deutschlandticket und Milliarden für die Bahn betreibe er aktiv Klimaschutz. Doch es dauere, bis die Maßnahmen greifen. 22 Millionen Tonnen CO₂ müssten aber schon jetzt eingespart werden. Sein Ministerium habe ausgerechnet, dass das nur mit dem Wochenendfahrverbot zu schaffen sei.

Im Video: Interview mit BR-Korrespondentin Eva Huber zum möglichen Fahrverbot

BR-Korrespondentin Eva Huber zum möglichen Fahrverbot
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BR-Korrespondentin Eva Huber zum möglichen Fahrverbot

Umweltbundesamt: Keine Fahrverbote nötig

Dem wiederum widerspricht der Chef des Umweltbundesamts Dirk Messner auf Anfrage von BR24: "Wir brauchen natürlich keine Fahrverbote". Zentral sei jetzt, schnell viele E-Autos auf die Straße zu bekommen – 15 Millionen bis 2030. Außerdem sollten bei der Kfz-Steuer besonders klimaschädliche Autos mehr belangt werden. Ein Tempolimit könnte kurzfristig zwischen zwei und sechs Millionen Tonnen jährlich einsparen.

Wie die Fahrverbote konkret aussehen würden, ob es dabei Ausnahmen geben soll, zum Beispiel für E-Autos, beantwortet das Verkehrsministerium nicht. Man wolle über die Details solcher Maßnahmen überhaupt nicht nachdenken, sagt ein Sprecher, "weil wir das abwenden wollen." Demnach sei das auch keine Drohung, sondern der "dringende Aufruf", jetzt endlich das Klimaschutzgesetz zu beschließen.

Neues Klimaschutzgesetz kommt nicht voran

Um dieses Gesetz ringt die Ampel schon lange. Vor rund neun Monaten hat es das Kabinett beschlossen, seitdem berät der Bundestag darüber. Im Kern soll demnach nicht mehr jeder Sektor – Verkehr, Bauen, Landwirtschaft – eigene Ziele haben, sondern es soll ein Gesamteinsparziel geben. Wenn in manchen Bereichen mehr eingespart wird, könnte zum Beispiel der Verkehr mehr CO₂ ausstoßen. Die Grünen hadern damit, sorgen sich, dass einzelne Ministerien sich damit aus der Verantwortung stehlen könnten. Gerade steckt das Gesetz in den Beratungen zwischen SPD, Grünen und FDP fest.

Wissing hofft, mit der Warnung vor Fahrverboten nun wieder Bewegung in die Verhandlungen zu bekommen. Dass wirklich in ein paar Monaten Fahrverbote am Wochenende kommen könnten, halten Beobachter für nahezu ausgeschlossen. Die Grünen sprechen sich dagegen aus. Und die FDP, die auch gegen ein Tempolimit ist, wird Fahrverbote nicht mittragen.

Interview: Politikwissenschaftler von Lucke zu möglichen Fahrverboten

Der Politkwissenschaftler Albrecht von Lucke
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Dieser Artikel ist erstmals am 12.04.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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