Der Bundeskanzler hat ein Betätigungsverbot für die Hamas und ein palästinensisches Netzwerk in Deutschland angekündigt.
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Mitglieder des palästinensischen Netzwerkes Samidoun.

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Was das Betätigungsverbot für Hamas und Samidoun bringen soll

Der Bundeskanzler hat ein Betätigungsverbot für die Hamas und ein palästinensisches Netzwerk in Deutschland angekündigt. Das lässt auf sich warten. Was sich die Bundesregierung davon erhofft und wo die Grenzen liegen.

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Deutschland stehe fest an der Seite Israels, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 12. Oktober im Bundestag. Das heißt für ihn auch, zu verhindern, dass die Hamas in Deutschland offen unterstützt wird. Doch das ist bereits seit Langem nicht mehr erlaubt. Trotzdem setzt die Bundesregierung auf ein neues "Betätigungsverbot".

Für wen soll es Betätigungsverbote geben?

Zum einen soll der Hamas jede Betätigung auf deutschem Boden untersagt werden. Zum anderen will die Bundesregierung auch die Gruppierung Samidoun mit einem Betätigungsverbot belegen. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk zur Unterstützung von inhaftierten Palästinensern. Bekannt wurde die Gruppierung Samidoun zuletzt, weil ihre Anhänger nach den Anschlägen auf Israel am 7. Oktober in Berlin-Neukölln die Verbrechen feierten.

Warum kommen die Verbote erst jetzt?

Der Nahostkonflikt sei "in eine ganz neue Situation und Stufe getreten", erklärt Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf die Frage, warum bislang noch kein Betätigungsverbot erlassen wurde. Die Hamas habe sich mit ihrem brutalen Überfall auf Israel und mit all den Gräueltaten, "auch noch deutlich anders verhalten". Das habe die Lage verändert. "Wenn man die Lage anders beurteilt, muss man auch anders handeln", sagt der Regierungssprecher.

Allerdings: Frei auftreten konnte die Hamas in Deutschland schon lange nicht mehr, auch ohne ein Betätigungsverbot. Denn bereits seit 2001 wird sie EU-weit als Terrororganisation eingestuft. Sie darf auch in Deutschland nicht finanziell unterstützt werden. Und das öffentliche Zeigen und Tragen ihrer Symbole sind seit 2021 verboten.

Mit Blick auf die Gruppierung Samidoun erklärt eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums, es habe bereits zuvor Möglichkeiten gegeben, gegen die Gruppierung vorzugehen. Die Grundlage dafür dürfte auch sein, dass sich strafbar macht, wer die Verbrechen der Hamas in Deutschland verherrlicht oder die Organisation unterstützt.

Was ändern die Verbote?

Aus Sicht der Sicherheitsbehörden haben weder die Hamas noch das Netzwerk Samidoun in Deutschland organisierte Strukturen. Somit ist es nicht möglich, ein Vereinsverbot zu erlassen, das diese Strukturen voraussetzen würde. Deshalb geht man den Weg des Betätigungsverbots. Das ist wohl vor allem eine Bekräftigung bereits geltender Bestimmungen. Experten erklären, dass es auch auf Einzelpersonen abziele, die die Hamas von Deutschland aus unterstützen. Sie sollen dazu mitunter auch andere Vereinigungen oder sogar Hilfsvereine nutzen.

Wann kommen die Betätigungsverbote?

Im Bundesinnenministerium werde "unter Hochdruck" an den Betätigungsverboten gearbeitet, sagt eine Ministeriumssprecherin. Normalerweise dauerten solche Verfahren mehrere Monate. Einen genauen Zeitpunkt will die Sprecherin nicht nennen, um die Maßnahmen nicht zu gefährden. Nur so viel: In diesem Fall werde es "sehr schnell" gehen. Für die Vorsitzende des Jungen Liberalen, Franziska Brandmann, ist nicht nachvollziehbar, warum das so lange dauert. Brandmann hatte am Wochenende in einer Rede erklärt: "Eine Innenministerin, die das nicht schafft, sollte ihr Amt für jene zur Verfügung stellen, die es schaffen. Frau Faeser, treten Sie zurück."

Was können die Verbote nicht bewirken?

Durch die Betätigungsverbote unterstreicht der Staat vor allem, dass er jede Art von Unterstützung von Deutschland aus nicht hinnehmen wird. Allerdings wird das kaum helfen, die Finanzströme zu unterbrechen. Finanzfahnder fürchten, dass die Hamas nach den Anschlägen sogar mehr Geld als davor aus Deutschland erhalten haben könnte. Das geht aus einer Recherche des Berliner "Tagesspiegel" hervor. Um Geld in die palästinensischen Gebiete zu transferieren, wird oft das bereits verbotene Hawala-Banking genutzt. Dafür werden zwei Mittelsmänner in Deutschland und im Zielland benötigt. Der Auftraggeber sagt das Geld gegenüber dem Mittelsmann in Deutschland zu, erhält einen Code und gibt diesen telefonisch an den Zielort durch. Danach wird das Geld ausgezahlt. Das Problem für die Behörden: Diese Methode lässt sich kaum nachweisen.

Video vom 12. Oktober: Kanzler kündigt Verbot von Samidoun an

Kanzler Scholz
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Kanzler Scholz

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