Zu viele Menschen, die ihre Stimme abgeben wollen - und zu wenig Zeit. Ist das Absicht? Das zumindest werfen einige der rumänischen Regierung vor. Vor Konsulaten und Botschaften des Landes in Deutschland und anderen EU-Ländern, etwa Großbritannien, standen viele Menschen Schlange - und befürchteten, nicht mehr zum Zug zu kommen.
In Rumänien sollen sich die Bürger nämlich gleichzeitig zur EU-Wahl in einem Referendum zu einer umstrittenen Justizreform äußern. Die sozialdemokratische Regierung dort will Korruptionsdelikte nachträglich legalisieren. Die Abstimmung findet parallel zur EU-Wahl statt - also in denselben Wahllokalen.
Die deutschen Behörden sind dabei für die Schlangen nicht verantwortlich. Auslandsrumänen in Deutschland, die deutsche Abgeordnete wählen, gehen dafür in deutsche Wahllokale. Wollen sie rumänische Abgeordnete wählen und für den Volksentscheid abstimmen, müssen sie sich an die jeweiligen Konsulate wenden.
In Bayern leben rund 100.000 Rumänen, sie konnten in wenigen Wahlräumen in Bayern ihre Stimme zur Europawahl und zwei wichtigen Referenden abgeben: In Augsburg, Regensburg, Ingolstadt, Nürnberg und Würzburg.
Proteste von Rumänen vor dem Generalkonsulat in München
Vor dem rumänischen Generalkonsulat war die Stimmung aufgeheizt. Die Wartenden skandierten in Sprechchören "Schande über Euch, Ihr seid Diebe". Sie sprachen von einer organisatorischen Verknappung der Wahlmöglichkeiten. Es wären nur vier Wahlkabinen geöffnet gewesen.
[Hinweis Redaktion, 29.5., 9.00 Uhr: Am Nachmittag des 28.5. meldete sich das rumänische Konsulat auf eine BR-Anfrage. Nach der rumänischen Generalkonsulin Chiriac habe es in München zwei Wahllokale mit jeweils sechs Wahlkabinen gegeben]
Einzelne haben zwischen acht und zehn Stunden gewartet. Etwa 60 Polizisten waren vor dem Konsulat, um den Verkehr zu regeln.
Gegen 21 Uhr wurde das Haus geschlossen. Zu der Zeit waren noch rund 800 Rumänien und Rumänen vor dem Konsulat und wollten wählen - viele hatten dazu weite Wege auf sich genommen. Laut der Münchner Polizei konnten die Personen, die bis 21 Uhr nicht dran kamen, nicht abstimmen.
Die Schlange war lang - und die Wut groß, wie ARD-Journalistin Natalie Amiri berichtete.
Auch aus Nürnberg wurde ein Polizeieinsatz am völlig überfüllten rumänischen Wahllokal gemeldet. Rettungskräfte verteilten dort Wasser an die rund 800 Wartenden.
Nicht nur in München und Nürnberg - in anderen europäischen Städten hatten Auslandsrumänen das gleiche Problem. Die rumänische Regierung gab am Sonntagnachmittag bekannt, dass sie die Öffnungszeiten der Wahllokale im Ausland nicht verlängern werde. Sowohl in Rumänien als auch vor den Auslandsvertretungen kam es am frühen Abend zu spontanen Demonstrationen gegen die Regierung.
Die Opposition wirft der Regierung vor, Auslandsrumänen anhand von wenigen und schlecht besetzten Wahllokalen systematisch am Wählen hindern zu wollen, weil sie traditionell nicht zu den Anhängern der regierenden PSD zählen.
Das Phänomen ist nicht neu: Bereits bei der Präsidentschaftswahl 2014 klagten Tausende Auslandsrumänen, dass sie ihre Stimme nicht abgeben konnten. Für eine Diaspora von offiziell 750.000 Rumänen weltweit (inoffiziell drei Mal so viele) standen damals nicht einmal 300 Wahllokale zur Verfügung.