Joana Cotar hat angefangen mit den Radwegen in Peru. Am 1. Dezember 2023 hält sie der Ampel-Koalition im Bundestag vor, in ihrem Haushalt falsche Schwerpunkte zu setzen. Cotar war früher Mitglied der AfD-Fraktion, jetzt sitzt sie als fraktionslose Abgeordnete im Parlament.
In ihrer Rede zählt sie eine Reihe von Entwicklungshilfeprojekte auf, unter anderem: "315 Millionen Euro für Busse und Radwege in Peru". Woher die Zahl stammt, ist bis heute unklar. Im Netz und von einigen Medien wird sie aber schnell aufgegriffen. Vor allem in rechtspopulistischen Kreisen.
Knapp 200 Millionen Zuschüsse und Kredite
Das Bundesentwicklungsministerium braucht bis Mitte Januar, um mit Fakten zu kontern. Demnach hat die Regierung bisher insgesamt 44 Millionen Euro zugesagt, um Radschnellwege in der peruanischen Hauptstadt Lima zu finanzieren.
Für das Bussystem in Peru hat die Regierung insgesamt 155 Millionen Euro zugesagt. Allerdings als Kredite. Das heißt, Peru soll das Geld zurückzahlen – und zwar mit Zinsen. Deutschland würde daran verdienen.
Ministerin verteidigt Klimaprojekte
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze von der SPD verteidigte die Projekte in dieser Woche. Deutschland hat sich nach ihren Worten im Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet, weltweit den CO₂-Ausstoß zu minimieren: "Wenn es dann gelingt, in Peru CO₂ einzusparen, ist das oft viel günstiger als das, was wir hier tun können. Deswegen ist das absolut sinnvoll investiertes Geld."
Deutschland lebt nach ihren Worten davon, weltoffen zu sein und zu exportieren. Sich von globalen Problemen abzuschotten, wird nach Schulzes Einschätzung nicht funktionieren.
AfD wiederholt Vorwürfe
Die Ministerin erklärt, warum das Geld aus ihrer Sicht gut angelegt ist – aber die Debatte geht weiter. Wieder mit falschen Zahlen. Dieses Mal vom AfD-Bundestagsabgeordneten Stefan Keuter. Er nennt im Bundestag eine Zahl von 400 Millionen Euro, die Deutschland für Radwege in Peru ausgebe. Wie er darauf kommt, bleibt unklar.
Für Keuter ist aber klar, dass die Ampel die falschen Schwerpunkte setzt: "Da muss auch das Geld für unsere deutschen Landwirte da sein, um hier ein Auskommen zu ermöglichen."
CSU greift Argumentation auf
Millionen für Klimaschutz in Südamerika, kein Geld für die heimische Landwirtschaft. Das Argument benutzt nicht nur die AfD. Auch CSU-Generalsekretär Martin Huber greift es auf. Am 16. Januar schreibt er bei X: "Die Ampel verteilt Geld in aller Welt, aber für unsere hart arbeitenden Bäuerinnen und Bauern ist angeblich kein Geld da? Das geht so nicht!"
Huber zählt in seinem Post eine Reihe von Projekten auf, die Deutschland mitfinanziert: grüne Kühlschränke in Kolumbien zum Beispiel und gendersensitive Dorfentwicklung in Bangladesch.
Was Huber nicht erwähnt: Die von ihm genannten Projekte werden von der Ampel nur fortgeführt. Die Zusagen für Zuschüsse und Kredite für Radwege und Busse in Peru zum Beispiel stammen aus dem Jahr 2020. Gegeben hat sie Schulzes Vorgänger: Gerd Müller – wie Huber von der CSU.
FDP: CSU vermeidet Diskurs
FDP-Haushälter Otto Fricke sagt: "Diese Radwege sind blau-weiß". Gemeint sind die bayerischen Landesfarben. Bei der Vorstellung des aktuellen Haushalts in Berlin gibt er sich enttäuscht über die Kritik der CSU. Die Ampel ist nach seinen Worten offen, über den Sinn der Radwege in Peru zu diskutieren. Das sei bisher aber nicht passiert.
Dieser Artikel ist erstmals am 19. Januar 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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