In einem kleinen Kochtopf auf einer Elektro-Herdplatte blubbert es. "Jetzt muss nur noch Öl rein, dann müsste es passen", sagt Rainer Preisinger mit einem fachkundigen Blick auf die zähe Flüssigkeit. Neben ihm stehen Tristan Bumeder, Simon Reiterer und Stefan Lugeder. Die blubbernde Flüssigkeit besteht hauptsächlich aus Saupech und das wird sie gleich sichern. Denn die vier jungen Männer aus Zeilarn in Rottal-Inn sind Maibaumsteiger und trainieren für die Maifest-Saison. "Als guter Maibaumsteiger, braucht man halt auch viel Pech", sagt Preisinger und lacht.
Gesichert sind die Maibaumsteiger durch Pech an Händen und Füßen
Das Klettern auf Maibäume hat Tradition. Schon seit Jahrzehnten messen sich Mutige in einem waghalsigen Wettbewerb um die Zeit. Wer der oder die Schnellste an der Spitze ist, darf sich oft über eine Wurst und immer über den Respekt der Zuschauenden freuen. Die Zeiinger Maibaumkraxler haben es sich allerdings zur Aufgabe gemacht, diese Tradition auf besondere Art fortzuführen. Sie klettern nicht nur, sie machen auch gewagte Akrobatik am Baum. Die einzige Sicherung ist die klebrige Pechmischung, die auf den Fußsohlen und Handinnenflächen verteilt wird.
- Lesen sie auch: Dorfrivalitäten und Männlichkeitsrituale - Bräuche um den Maibaum
Trainiert wird bis zu sieben Mal vor jeder Saison
Sechs bis sieben Mal treffen sich die vier jungen Männer vor dem ersten Maifest, um sich vorzubereiten. Die akrobatischen Figuren denken sie sich selbst aus. Heute wird der Skispringer, der Schwimmer, die Raute und der Giggalhax geübt. "Das entsteht einfach aus irgendeinem Blödsinn", erzählt Rainer Preisinger, "der Giggalhax ist wahrscheinlich bei einem Volksfest im Bierzelt entstanden.“
Brustschwimmen am Maibaum
Bei den Figuren handelt es sich um akrobatische Leistungen, bei denen mindestens zwei Maibaumsteiger beteiligt sind. So legt sich bei der Figur "Schwimmer" ein Steiger einen alten Feuerwehrgurt um, an dem ihn ein zweiter festhält – in waghalsiger Höhe. Nur gehalten von seinem Kollegen tut der Kraxler so, als würde er in der Luft Brustschwimmen. Rund zwanzig solcher selbst kreierter akrobatischer Figuren haben die vier im Programm – pro Auftritt werden bis zu zehn davon vorgeführt.
Die Maibaumkraxler müssen sich blind vertrauen
Eine akrobatische Vergangenheit haben die Kraxler allerdings nicht. Rainer Preisinger erklärt, dass es vor allem auf die richtige Technik ankomme, die bereits in der dritten Generation Zeiinger Maibaumsteiger trainiert wird. Wichtig sei außerdem, dass man neben Schwindelfreiheit seinen Kletterkollegen vertraut, schließlich hält man sich gegenseitig fest. Und an oberster Stelle steht für die vier Kraxler die Sicherheit – im Training und bei Auftritten: "Die Grundregel ist, dass man jederzeit sagen kann, wenn die Kraft nachlässt", betont Preisinger, "dann wird die Figur abgebrochen und komplett aufgehört."
Die vier Kraxler haben schon früh angefangen
Noch nie ist den vier Kraxlern etwas passiert. Sie trainieren am Baum, seitdem sie Teenager sind. "Wenn man einmal dabei ist, kann man nicht mehr aufhören", sagt Simon Reiterer. Die vier treten am 30. April zum ersten Mal in dieser Saison in Horading auf. Und wer Interesse daran hat, selbst Maibäume zu erklettern, kann sich bei den Zeiinger Maibaumkraxlern melden, sie freuen sich über neue Gesichter.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!