Es klappert und klingt aus einem ehemaligen Leerstand in der Würzburger Innenstadt: Den Pop Up-Store des Mozartfestes in der Plattnerstraße, gleich um die Ecke vom Kiliansdom, bespielt diese Woche ein ganz besonderer Künstler. Tobias Schirmer, eigentlich Jazz-Schlagzeuger, bastelt aus weggeworfenen Dingen Percussion-Instrumente.
Topfdeckel, Bremsscheiben, Sägeblatt
Kein Gegenstand bleibt bei seiner ursprünglichen Funktion: Der Glocke nimmt er den Schlegel und das Alublech wird zur Bratschen-Saite. „Ich selbst würde das als Klangkunst bezeichnen, aber auch als Musik. Jetzt bin ich selbst ja Musiker und kann nicht von Jedem erwarten, dass er das genauso sieht", sagt Schirmer über seine Kunst. Topfdeckel, Bremsscheiben, Sägeblatt: Je nachdem, mit welchem Schlegel der Musiker auf die Gegenstände trommelt, klingen sie anders. Metall auf Metall ist sehr schrill - Filz auf Stein angenehm dumpf.
Upcycling mit Musik
Upcycling in der Musik könnte man das nennen. Das nachhaltige Prinzip, Abfallprodukte wiederzuverwerten, liegt ja immer mehr im Trend: Aus alten Fahrradreifen werden so etwa wasserfeste Rucksäcke, aus Surfbrettern Ohrringe und Ketten. "Für mich ist nachhaltiges Denken und Handeln schon immer ein Bereich in meinem Privatleben gewesen. Jetzt allmählich merke ich, dass mir das so wichtig ist, dass ich damit mehr machen möchte", sagt Schirmer. "Das zeigt vielleicht einen lustvollen Umgang mit dem, was schon da ist - ohne dass ich Ressourcen verschwende." Kunststoff, sagt er, sei gegenüber Metall und Holz ein ganz "doofes Material - auch aus künstlerischer Sicht."
Klänge entstehen live im Moment
Seit Montag hat Schirmer Schrott-Spenden in dem Pop-Up-Store entgegen genommen. Dass Upcycling auch mit Musikinstrumenten funktioniert, zeigt der Klangkünstler bei einem Konzert am Donnerstagabend. Aber gibt es denn Noten für seine Art, Musik zu machen? "Ich lass mich von der Aufregung und dem Moment leiten. Ich schaue: Wo kann ich hingehen, was kann ich entwickeln? Das entsteht dann alles live."
Konzert-Besucher sind begeistert
Experimentell und spontan: Den Zuschauerinnen und Zuschauern gefällt das Konzert der etwas anderen Art. "Ich bin erstaunt, wie vielfältige Töne man aus den Materialen holen kann. Früher haben wir mit den Kindern auch quasi Instrumente gebaut aus Abfall, Kartons, Dosen usw.", sagt etwa Markus Eidt. Und Charlotte Sänger freut sich, endlich wieder Live-Musik zu hören. "Das war sehr spannend, mich mitnehmen zu lassen von den Geräuschen, mich überraschen zu lassen, wo die Klänge herkommen."
Raum für Mozart
Erstmals gibt es im Rahmen des Mozartfests eine Art Pop Up-Store: Mit dem "M Pop-up – Raum für Mozart" soll in einem innerstädtischen Ladenlokal ein temporärer Raum für Mozart eingerichtet werden, der Künstlern zum Experimentieren diene und der mit offenen Proben, Konzerten und Gesprächsrunden einen Ort der Begegnung, Entdeckung und Austausch schaffe. Eröffnet wurde der Raum am Mozarttag Ende Mai.
"Darüber spricht Bayern": Der neue BR24-Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!