Ein großer Bildschnitzer der Zeit um 1500 ist hier zu entdecken. Zwar kennt fast jeder Münchner die grotesken Verrenkungen der Moriskentänzer, die Erasmus Grasser für den Tanzsaal im ersten Stock des heute Alten Rathauses geschaffen hat und deren Originale jetzt normaler Weise im Stadtmuseum München stehen, doch erst hier, in dieser Ausstellung, kann man auch die anderen Hauptwerke des Meisters aus nächster Nähe sehen.
Die Moriskentänzer: 500 Jahre alte Holz-Karikaturen
Der maurische Tanz, eine Art Schreit- und Hüpftanz des späten Mittelalters, wird hier übertrieben drehwurmig dargestellt. Und erst die Kleidung der Tänzer: Herausgeputzt wie Gecken gehen sie sehr offensichtlich auf Brautschau. Doch bis der aus der Oberpfalz zugezogene Erasmus Grasser diesen Auftrag des Herzogs 1480 für sich und seine Werkstatt an Land ziehen konnte, musste er erst den Widerstand der Zunft in München überwinden.
Er hat sich als Zunftmeister beworben. Und der Brief an den Inneren Rat der Stadt war schon sehr deutlich. - Christoph Kürzeder, Kurator.
Er wird als arglistiger und mürrischer Zeitgenosse hingestellt. Man wollte ihn nicht nehmen, unbedingt. Aber er hat es doch geschafft. Und, man muss sagen, er durfte als ersten Auftrag 1480 für Herzog Albrecht die Moriskentänzer anfertigen. - Renate Eikelmann, Bayerisches Nationalmuseum
Petrus ist 200 Kilo schwer
Andere Hauptwerke Grassers wurden für die Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum buchstäblich von den Altären heruntergeholt. Dem riesigen, fast 200 Kilo schweren, gütigen Heiligen Petrus aus dem Alten Peter München könnte man sich jetzt, umgeben von den Bildern des Malers Jan Pollak, schier auf den Schoß setzen. Sonst thront er in großer Höhe, fast versteckt inmitten der barocken Pracht aus den Händen der Gebrüder Asam. Und den Büsten aus dem Chorgestühl der Frauenkirche, ehrwürdige Evangelisten, Heilige, Päpste und Propheten, kann man jetzt so nah kommen wie nie.
Ausstellung überbrückt Renovierungsarbeiten
Der Altar der Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt in München-Ramersdorf, wieder eine Zusammenarbeit von Erasmus Grasser und Jan Pollak, verstärkt die Ausstellung mit seiner dramatischen Kreuzigungsszene nur deshalb, weil die Kirche gerade renoviert wird. Ende Juli, nach den Arbeiten in Ramersdorf, wird er dann in sein kirchliches Umfeld zurückkehren. Erst durch diese Ausstellung mit den gesicherten Werken des vor genau 500 Jahren verstorbenen Erasmus Grasser wird man künftig besser erkennen können, was seinen Stil wirklich ausmacht, welche Werke seiner Werkstatt zuzuordnen sind.