Die drei Musiker auf der Bühne des Theaters Hof sind in blaues Licht getaucht, gerade so, als würden sie am Ufer der Seine sitzen. Alle tragen Baskenmützen, weil diese perfekt zum Thema des Abends passen: ein musikalischer Streifzug durch Paris. Während Schauspieler und Sänger Dominique Bals in einem kleinen Bistro als Kellner von der Liebe in Paris schwärmt, sitzt der musikalische Leiter, Franz Tröger, am Klavier. Auf den Knien hat er ein Akkordeon, das er mit der linken Hand spielt, gleichzeitig läuft seine rechte Hand über die Tasten des Klaviers. Im weiteren Verlauf von "Paris, Mon Amour!" wird der frisch gekürte Künstler der Metropolregion Nürnberg noch zu einer Posaune, einer Klarinette und zu einem äußerst ungewöhnlichen Instrument greifen.
Franz Tröger, ein musikalisches Multitalent
Ein musikalisches Multitalent, so müsse man sich Franz Tröger vorstellen, heißt es von der Jury des Forums Kultur der Europäischen Metropolregion Nürnberg. Und weiter: Der 61-Jährige habe sein Terrain gefunden und bespiele es souverän: als Theatermusiker und -komponist im gesamten deutschsprachigen Raum, als Begleiter bei Lesungen, als Komponist für Hörspielmusiken. Zusammen mit dem Sprichwortspezialisten Rolf-Bernhard Essig tritt er in "Die Streifenhörnchen" auf, um Sprachspürsinn und Musikbegeisterung zu verbreiten. Hofs Oberbürgermeisterin Eva Döhla (SPD) übergab Franz Tröger die Auszeichnung zu Beginn einer Vorstellung von "Paris, Mon Amour!".
Das Comeback der Spieluhr
Zurück auf die Hofer Bühne. Im dritten Chanson greift Franz Tröger zu einem ungewöhnlichen Instrument, das kleiner ist als die Zigarrenkiste, auf die er es geschraubt hat: Es ist eine faustgroße Spieluhr mit winziger Kurbel, aus der sich ein gelochter Streifen windet, sobald er daran dreht und ihr zauberhafte Töne entlockt. "Viele fühlen sich an ihre frühe Kindheit erinnert", erklärt Tröger, "denn so klingen auch die Babyspieluhren mit der Schnur zum daran Ziehen." 1796 soll ein Genfer Uhrmacher die erste lochkartengesteuerte Spieluhr hergestellt haben. Mit dem Siegeszug des Grammophons wurden sie in die Kinderzimmer gedrängt. Franz Tröger hat sie entstaubt und stellt sie auf unterschiedlichen Bühnen ins Rampenlicht. Zwei CDs hat der "Spieluhrist" bisher veröffentlicht.
Ein Loch wird zum Tönchen
Franz Tröger ist, wie er vermutet, Deutschlands einziger Spieluhrkomponist und das seit Jahrzehnten. "Ich sitze abends auf der Couch und knipse Löcher in linierte Karten, so wie früher der Schaffner im Zug." Zuvor hat er die Melodie erdacht und stellt die Töne dann einzeln als Loch im Papierstreifen dar. Eine uralte Methode, die früher auch für Webstühle genutzt wurde. Diese gestanzten Lochkarten waren der Vorläufer der heutigen digitalen Speichermedien.
Die Kurbel als Markenzeichen
"Wenn ein Loch auf meiner Karte nicht passt, klebe ich es mit Klebstreifen wieder zu", erläutert Tröger die unkomplizierte Technik. Die Spieluhr wiederum übersetzt die Löcher in Töne. Beim Drehen der Kurbel bestimmt dann der Musiker die Geschwindigkeit, mal schnell, dann wieder verzögert, ganz so, wie es die Komposition verlangt. "Plingplong" macht die Spieluhr. "Pling Plong" war vor etwa 40 Jahren der Verkaufsname der Spieluhr. Und "www.plingplong.org" hat Franz Tröger mit einem Augenzwinkern seine Website genannt.
Der Musiker mit historischem Fachwissen
Dass er zum Künstler der Metropolregion Nürnberg gewählt wurde, hat Franz Tröger aus einem Brief erfahren, der in seinen Bamberger Briefkasten geflattert war, wo er seit zehn Jahren mit seiner Lebensgefährtin und deren zwei Kindern lebt. "Erst war ich verwundert, dann erfreut, jetzt bin ich begeistert, denn so viel wurde noch nie über mich berichtet", lächelt Tröger, der neben Musik auch Geschichte und Politik studiert hat. Das alles zu verknüpfen, zum Beispiel im Rahmen von Ausstellungen oder Events in Museen, hält er für seine Aufgabe: "Die Musik in ihren Facetten und historischen Hintergründen zu komponieren, Themen aufzugreifen, mit Musik zu versehen und damit den Menschen eine Freude zu machen - manchmal auch vor den Kopf zu stoßen."
In diesem Jahr wird der ausgezeichnete Künstler unter anderem in Bamberg mit einem musikalisch-literarischen Jubiläumsprogramm über künstlerische Sehnsuchtsorte auftreten. Am Theater Hof ist er in Ödön von Horváths "Kasimir und Karoline" als Musiker auf der Bühne zu erleben. Ob er dabei wieder zwei Instrumente auf einmal spielen oder die Kurbel seiner Spieluhr drehen wird, bleibt eine Überraschung.
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