Eigentlich ist es ja eine Geschichte, die sich von selbst erzählt. Die englischen Rockmusiker der Oberliga ließen die Umschläge ihrer Alben von der Londoner Agentur Hipgnosis gestalten. Die Leute, die hier arbeiteten, Aubrey Powell und Storm Thorgerson, waren ähnlich schrullig und clever wie die Rockstars, deren Musik sie mit ausgefallenen Bild-Ideen versahen. Ihre Entwürfe für Psychedelic-Rocker wie Pink Floyd und Led Zeppelin sind legendär oder ikonisch, wie man heute sagt: surrealistische und dadaistische Einfälle steigerten den Nimbus der Kundschaft.
Allein der Name der Agentur, Hipgnosis, geschrieben mit P und G, also Hip und Gnosis, zeigte, dass hier (damalige) Jugendkultur, Religionswissenschaft, Psychologie und Bildung eine Verbindung eingingen, die es in sich hat. Storm Thorgerson, einer der beiden Hipgnosis-Gründer, hatte als Kind die Summerhill School besucht, war also antiautoritär erzogen worden, bevor er an die Universität in Cambridge ging. Hier traf er Roger Waters und Syd Barrett, Studenten, die wenig später Pink Floyd gründeten.
Regisseur Anton Corbijn musste erst überzeugt werden
Details, die der Dokumentarfilm Squaring The Circle – The Story Of Hipgnosis enthüllt. Regisseur Anton Corbijn hat ihn gedreht, obwohl er zunächst gar nicht wollte: "Aubrey Powell, den alle nur Po nennen, wollte unbedingt, dass ein Film über Hipgnosis gemacht wird. Ich hatte keine Lust, weil ich nicht wieder mit Musik in Verbindung gebracht werden wollte. Bis mich Powell in Amsterdam besuchte. Er ist ein großartiger Selbstdarsteller, sein Anliegen weiß er bestens zu verkaufen. Er hatte großartige Geschichten auf Lager und all diese phantastischen Plattencover. Ich mag LP-Cover wirklich sehr - so hat er mich rumgekriegt."
Anton Corbijn hat sie alle interviewt: Jimmy Page und Robert Plant von Led Zeppelin, David Gilmour und Roger Waters von Pink Floyd und sogar Paul McCartney, der seine 70er Jahre-Alben-Cover mit den Wings von Hipgnosis gestalten ließ. Unglaubliche Anekdoten werden ausgebreitet, unter welch‘ abenteuerlichen Bedingungen, Bilder, Fotos und Graphiken entstanden, die Schallplattenhüllen zierten, - digitale Bildbearbeitung gab es in den 70er-Jahren nicht - und wie diese zur Ikonographie der britischen Rock-Elite beitrugen.
Die Hipgnosis-Macher schufen mysteriöse Bilder
Die Dokumentation macht deutlich, dass es sich beim Erfolg der Grafik-Künstler um eine Blüte der Popkultur Made In Europe handelt. Die Hipgnosis-Macher waren im Grunde Konzeptkünstler, die mysteriöse Bilder für Rock-Musik schufen. Ihre Cover-Gestaltungen kamen ohne Bandnamen oder Albumtitel aus. Sie kündeten von einer neuen Zeit, einem erweiterten Verständnis, einer besseren Welt. In ihren Hoch-Zeiten konnte die wagemutige Agentur deshalb horrende Summen als Honorar verlangen - Etats, die von Plattenfirmen später in den Dreh von Videos gesteckt wurden.
Eine große Stärke von Corbijns Film sind die Statements jüngerer Pop-Künstler wie Britpop-Held Noel Gallagher und Peter Saville, dem Grafik-Designer, der in den 80er Jahren die Schutzhüllen der Post-Punk-Ära gestaltete. Mit dem Blick der Nachgeborenen analysieren sie Sleeve Design und Art Work, welche Bedeutung das hatte und wie es heute darum bestellt ist. Ihre Einschätzungen führen dazu, die vergangene Pop-Ära nüchtern zu betrachten, sie nicht zu glorifizieren.
Aber auch wenn das Albumcover heute nicht mehr einen so hohen Stellenwert hat wie früher, Kooperationen zwischen bildenden Künstlern und Musikern gebe es nach wie vor, nur auf anderer Ebene, sagt Anton Corbijn: "Ich habe U2 in der Sphere in Las Vegas gesehen. Ein umwerfendes Erlebnis. Das kann man nur mit fähigen Leuten machen, mit einer Menge Geld und genug Zeit, um es richtig vorzubereiten. Heute braucht es mehr als nur ein Fotoshooting."
Der Film "Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis" von Anton Corbijn läuft ab sofort im Kino.
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