Markus Bachmeier und Michael Altinger
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Der Kabarettist Michael Altinger und sein Manager und Kleinkunstbühnen-Betreiber Markus Bachmeier

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Kirchenthemen im Kabarett – provoziert das noch?

Weil ein Bühnenprogramm den Titel "Geile Messe" trug, gab es vor dreißig Jahren eine Bombendrohung gegen die Kleinkunstbühne "Altes Kino" in Ebersberg. Sorgt das Thema Kirche heute noch immer für so viel Zündstoff?

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"Wegen einer Bombendrohung beginnt der Einlaß ca. 45 Minuten später", steht in Schreibschrift auf einem gelochten Blockblatt, das an der Eingangstür zum "Alten Kino" klebt. Die Kleinkunstbühne in Ebersberg war da erst ein gutes Jahr in Betrieb und schon rückte ein Kommando mit Sprengstoffhund an, erinnert sich Markus Bachmeier. Bis heute leitet er die Bühne und arbeitet als Manager für den Kabarettisten Michael Altinger.

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Weil ein Bühnenprogramm den Titel "Geile Messe" trug, gab es vor dreißig Jahren eine Bombendrohung gegen das "Altes Kino" in Ebersberg.

Weihrauch-Kiffer und Oblaten-Frühschoppen

"Geile Messe", so hieß das Programm, das vor rund 30 Jahren zum Aufreger wurde. Der Ankündigungstext von damals lautete: "Wenn die Blinden erlahmen, die Tauben stumm werden und die Aussätzigen wiederauferstehen, hat die Kirche ihre Hand im Spiel. In ihren sonntäglichen Oblaten-Frühschoppen verkaufen die Weihrauch-Kiffer das Jenseits wie Wolldecken auf einer Kaffee-Fahrt."

"Okay, da kann sich was entzünden dran", lacht Michael Altinger, als er den Ankündigungstext von damals wieder hört. Damals war das Thema Kirche noch ein heißes Eisen. "Vor 25 Jahren habe ich eine Szene drin gehabt, wo die Damen vom Katholischen Frauenbund eine Wallfahrt nach Lourdes machen und auf der Wallfahrt streiten, wer mehr Marienerscheinungen gehabt hat. Da sind die Leute aufgestanden zum Teil und haben mich beschimpft dafür", erinnert sich Altinger.

"Jesus? – ach der Typ vom Kreuz?"

Und heute? Sorgen Witze über und Kritik an der Kirche noch für einen Aufschrei? Und funktionieren sie überhaupt noch auf der Bühne? Michael Altinger ist aufgefallen: Bibelinhalte gehören nicht mehr zur Grundbildung, sind oft nicht mehr in den Köpfen vor allem der jüngeren Generationen. Vor Kurzem erst habe er mit einem jungen Menschen über Jesus gesprochen: "Und er sagt: 'Ach ist das der Typ vom Kreuz?'" Da sei ihm die Kinnlade runtergefallen – vor allem, weil sein Gegenüber scheinbar auch von den Jüngern noch kaum etwas gehört hatte.

Glauben und Kirche als Thema – für Michael Altinger ist das kein Thema mehr. Ein anderer aber hat damit Erfolg: Franz Xaver Bogner mit seiner BR-Serie "Himmel, Herrgott, Sakrament" nach dem gleichnamigen Buch von Pfarrer Rainer Maria Schießler. Die große Frage: Trägt ein Pfarrer als Hauptfigur heutzutage noch eine Fernsehserie? Regisseur Franz Xaver Bogner erinnert sich noch gut an den Tag nach der ersten Ausstrahlung: "Alle sind im Grunde genommen vom Hocker gefallen, weil die Reaktion weit über das zu Erwartende hinaus hoch war." Für Bogner ein Zeichen dafür, "dass die Leute, die Zuschauer, mit dem Thema Glauben noch nicht fertig sind."

"Es holt die Leute nicht mehr ab"

Auch Kabarettist Michael Altinger hält Glauben für gesellschaftlich hochrelevant. "Das ist ja die Institution, die gerade ganz viel kaputt macht." Vor einem Jahr sei er darum aus der Kirche ausgetreten: "Das kann ich auch hier jetzt einmal in der Öffentlichkeit sagen. Das hat einfach mit der Institution was zu tun. Meinen Herrgott lass’ ich mir nicht nehmen." Genau das wolle er dem Publikum auch auf der Bühne suggerieren: "Was du dem geringsten meiner Brüder getan hast, hast du mir getan – das ist nach wie vor gut und ist ganz wichtig. Und die Aufmerksamkeit kriegst du da schon." Mit kirchlichen Themen allerdings erreiche man die Menschen kaum mehr.

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