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Künstler Alexander Karle bei seiner Aktion

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Liegestützen auf Altar: Gericht verhandelt über "Kunstaktion"

Ist es "grober Unfug" oder Performance-Kunst gegen den "Druck der Leistungsgesellschaft", wie Künstler Alexander Karle behauptet? Er hatte im Januar 2016 mit einer Aktion provoziert. Das Oberlandesgericht Saarbrücken verhandelt. Von Peter Jungblut

Über dieses Thema berichtet: LÖSCHEN Kultur am .

Karle war im Januar 2017, ein Jahr nach seiner Liegenstützen-Aktion "Pressure to perform" auf dem Altar der Pfarrkirche St. Johann in Saarbrücken, vom dortigen Amtsgericht wegen Hausfriedensbruch und "Störung der Religionsausübung" zu einer Geldstrafe von 700 Euro verurteilt worden. Die zuständige Richterin hatte damals gesagt: "Wenn ein Altar einer Turnwand gleichgesetzt wird, dann wird objektiv Missachtung zum Ausdruck gebracht". Die nächsthöhere Instanz, das Landgericht, milderte das Urteil allerdings ab. Jetzt hieß es, es habe sich um die "Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit" gehandelt, nicht um "beschimpfenden Unfug". Übrig blieben somit nur noch eine Verurteilung wegen Hausfriedensbruch und eine Verwarnung, samt einer Zahlung von 500 Euro an eine Jugendeinrichtung. Staatsanwalt und Künstler gingen in Revision, weshalb jetzt das Oberlandesgericht den Fall noch einmal prüfen muss.

"Keine kalkulierte Provokation"

Alexander Karle hatte in Zeitungsinterviews gesagt, er habe keine "kalkulierte Provokation" betrieben, da er die auf Video aufgezeichnete Aktion lediglich für eine "kleine Gruppenausstellung" durchgeführt habe. Er habe mit "wenig Beachtung" gerechnet, niemand habe etwas "mitbekommen", sein Video sei daher ja auch das einzige Beweismittel. Erst der Pfarrer habe den Wirbel ausgelöst.

Verwirrung um angebliche "Montage"

Allerdings hatte Karle auch mit einem Hinweis Verwirrung gestiftet, das Video sei eine "Montage" gewesen, also nicht am realen Ort entstanden. Diese Aussage zog er kurz darauf wieder zurück. Der Saarbrücker Künstler gab zu, über eine Absperr-Kordel in den Altarraum der Basilika St. Johann in Saarbrücken gestiegen zu sein. Auf dem Altar machte er rund 30 Liegestützen und zeigte die Aufzeichnung in "mehreren Schaufenstern". Im Internet ist das Video bis heute verfügbar.

"Materielle Dinge zählen mehr als Menschen"

Karle bezeichnet sich selbst als Fan der russischen Performance-Truppe "Pussy Riot" und begründete seine Liegestützen-Aktion in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" so:

In der katholischen Kirche ging es am Anfang um die Nichtmaterialisierung, also darum, zu sagen: 'Es geht nicht um den Heiligen Altar selbst, sondern darum, wofür dieser Altar steht.' Und das hat sich umgedreht. Wir sind heute in einer Situation, in der materielle Dinge mehr zählen als Menschen oder Gefühle. Das wollte ich zum Ausdruck bringen, indem ich zwei Dinge zusammenzubringe, die man so noch nicht gesehen hat, und die eine breite Diskussion auslösen. - Alexander Karle in der "Süddeutschen Zeitung"

Alexander Karle ist gebürtiger Saarländer. Er studierte Freie Kunst an der Hochschule der Bildenden Künste Saar und war Meisterschüler von Georg Winter. Zu seinen Ausdrucksmitteln zählt neben der Videokunst die Malerei, aber auch die Fotografie.