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Wer blickt da durch? Mauern im Deutschen Pavillon

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"Mauern abbauen": Architektur-Biennale in Venedig

"Mauern abbauen": Architektur-Biennale in Venedig

Deutschland präsentiert sich auf der Architektur-Biennale in der Lagunen-Stadt mit einer Mauer - allerdings ist sie bei näherem Hinsehen durchlässig. Die Briten präsentieren sich mit Dach-Terrasse einer Insel im Brexit-Fieber. Von Moritz Holfelder

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Sie wollen Geschichte sichtbar machen. Sie begreifen die deutsch-deutsche Vergangenheit als wichtigen Teil von Geschichte. Alle nach 1989 Geborenen kennen die Mauer nicht mehr aus eigener Erfahrung. Wo stand sie? Was befindet sich dort heute? „Unbuilding Walls“ ist das Motto des deutschen Pavillons, übersetzt also „Mauern abbauen“. Der Eingang scheint versperrt. Vor der Tür eine schwarze Wand. Man muss sich durch einen Spalt an ihr vorbei zwängen.

Die Mauer ist durchlässig

Drinnen geht das so weiter, im Hauptraum ragt ein schwarzer Wall von einzelnen Elementen auf, ähnlich jenen, aus denen die Berliner Mauer bestand. Erst wenn man ein paar Schritte zur Seite macht, sieht man, dass es Zwischenräume gibt, dass die Mauer durchlässig ist.

"Wir waren da sehr stark in der Diskussion, ob man Stadt einfach wieder herstellt, so wie sie historisch einmal war, oder ob man nicht Metaphern dafür findet, dass die Stadt ein Nebeneinander von erkennbaren Strukturen und auch großen Brüchen ist." Thomas Willemeit

Es gab nie einen Masterplan

Thomas Willemeit und seine beiden Kollegen Wolfram Putz und Lars Krückeberg von GRAFT Architekten haben sich gemeinsam mit Marianne Birthler, der bis 2011 Bundesbeauftragten für die Stasi–Behörde, entschieden, eher die Brüche zu zeigen. 

"Im Mauerstreifen ist für uns das Bemerkenswerteste gewesen, festzustellen, dass es nie einen Masterplan gegeben hat. Und wir sehen heute eine Perlenkette sehr unterschiedlicher Arten damit umzugehen. Von: Es wird einfach wieder errichtet, was da einmal stand, bis hin zu: Wir erinnern ganz stark. Es gibt eine Gedenkorte, die immer mehr frequentiert werden, also etwa großes internationales Interesse am Checkpoint Charlie oder an der Gedenkstätte Berliner Mauer." Thomas Willemeit

Leider zu Berlin-lastig

Leider ist die Präsentation im deutschen Pavillon allzu beliebig geraten und vor allem zu Berlin-lastig. Die einzelnen Projekte, die auf Bild- und Texttafeln vorgestellt werden, erzählen – zumindest für den deutschen Besucher – nicht viel Neues. Immerhin kam man auf die Idee, ein Reporterteam rund um die Welt zu schicken und Menschen zu befragen, die ebenfalls mit und an Mauern leben mussten oder müssen. In einem babylonischen Sprachengewirr berichten Bürger aus Mexiko, Marokko, Nord- und Süd-Korea, Zypern, Israel-Palästina und Nord-Irland über ihre Erfahrungen mit Mauern und Trennlinien. Im deutschen Pavillon werden diese Interviews in den Seitenkabinetten auf je fünf Monitoren in Endlosschleife gezeigt, auf der Website von Unbuilding-Walls kann man sie auch einzeln sehen.

Der britische Pavillon ist leer

"Freespace" lautet das Motto der Architekturbiennale – kuratiert wurde sie von den beiden irischen Architektinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara. Sie wollen Freiräume schaffen, die sozialen und öffentlichen Aspekte von Architektur betonen. Am radikalsten haben das die Kollegen vom britischen Pavillon umgesetzt, in den Giardini von Venedig gleich neben dem deutschen. Der Pavillon sei komplett leer, erklärt Karolina Szlasa, man könne sich ganz ohne Gegenstände auf die Struktur des Raumes einlassen.

Der Brexit ist eine Insel

Aluf das Dach wurde eine riesige temporäre Holz-Terrasse gebaut, wie eine Insel, die nur über eine Treppe erreichbar ist, sagt Karolina Szlasa, und meint, Großbritannien sei offen und isoliert zugleich. Das Insel-Thema umfasse viel, auch den Brexit, die Migrationsbewegungen, den Kolonialismus, den Klimawandel. Wer auf der Insel sitze, habe schnell das Gefühl, der Rest gehe ihn nichts an. So sitzt man oben auf der wunderbar gestalteten, mit Holz ausgelegten Terrasse, blickt in die Wipfel der Bäume und denkt nach über die politische Weltlage. Man ist auf einer idyllischen Insel – und weiß doch, dass man all den Problemen drum herum nicht entkommt.