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Sessel aus Altkleidern

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Möbel aus Ananas, Flip Flops und Reifen: "Upcycling" in Hamburg

Die Welt produziert immer mehr Abfall: "Pures Gold", meint eine Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, denn aus Ananas, Flipflops und alten Fußbällen lassen sich stylische Möbel zaubern, aus Kaffeekapseln Schmuck. Von Peter Jungblut.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Das Rätselraten ist groß in dieser Ausstellung: Woraus, bitte, ist dieser Stuhl gemacht? Aus Müll, das ist klar, schließlich geht es um "Upcycling", also die Wieder-, oder besser gesagt Aufwertung von Materialien. Aber kann ein Hocker tatsächlich aus Ananas-Blättern hergestellt sein? Ja, und zwar ziemlich stylisch und strapazierfähig! Ein Teppich aus aufgeschlitzten, alten Fußbällen, Designer-Taschen aus Magnetbändern. Und das Witzige daran: Die Taschen heißen nach den Filmen, die einstmals auf den Bändern gespeichert waren, aus denen sie geflochten sind ("Tod in Venedig" oder "Forrest Gump"). Nichts ist ausgeschlossen: Stühle und Tabletts aus gepressten Jeans, ein Besen aus fünf Plastikflaschen - der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, die Materialien unverwüstlich.

"Knit-Knacks": Sitzen auf Waschmaschinentrommeln

Der Künstler Volker Albus zermahlt Kork-Granulat und presst daraus Sportbälle. Der Niederländer Diederik Schneemann sammelte am Strand angeschwemmte Flipflops, verklebte und schliff sie zu farbenfrohen Leuchten, Körben, Sofatischen. Juli Foos aus Finnland knüpfte Abfalltüten zu einem "fußschmeichelnden", weichen Teppich zusammen. Aus alten Waschmaschinen-Trommeln kreiert Junk Munkez aus dem Libanon Sitzhocker mit dem Titel "Knit-Knacks". Aus Zellstoffbrei entstehen dekorative Schalen (Domingos Tótora aus Brasilien), aus verklebten Zeitungspapier ein Kabinetts-Schrank (Breg Hanssen aus den Niederlanden) .

Stühle mit acht Beinen

Dass aus zwei unansehnlichen Stühlen ein irritierend schicker neuer werden kann, beweist Silvia Knüppel: Allerdings hat der dann acht Beine und zwei Lehnen - geschickt miteinander verbunden. Die Inderin Dhara Kabaria ließ sich einen Schaukelstuhl einfallen: Zwei alte Fahrrad-Laufräder und ein paar zerschnittene Gummireifen. Pappkarton kann zu einem zähen Brei umgegossen werden und ergibt eine wunderbar bequeme Liegefläche, allerlei nutzloser Plastikmüll lässt sich in Schaumstoff fassen und fertig ist ein witziges Regal für das Kinderzimmer, wie Massimiliano Adami aus Italien zeigt. Sägemehl erlebt "Upcycling" ebenso wie Fehldruckpapier und ein Haufen Altkleider.

Warum nur "wegwerfen"?

Ölfässer werden zu Küchenstühlen, Kaffee-Kapseln ergeben aneinander gereiht eine Halskette, Glasflaschen werden zu Vasen, Karaffen und Kunstobjekten. Skateboards ergeben einen Tisch oder eine Deckenlampe, geschredderte Plastikverpackungen können eingeschmolzen und zu Sitzgruppen verarbeitet werden. Die Botschaft dieser Ausstellung: Es gibt keinen "Abfall", nur Rohstoffe - "Pures Gold" eben. Die Überfluss-Gesellschaft wird hier mit ihrer Fantasie- und Gedankenlosigkeit konfrontiert: Wie kann es sein, dass wir alle so leichthin "wegwerfen"? Warum sind uns serielle Produkte lieber als all diese faszinierenden Unikate mit ihren bemerkenswerten Botschaften?

Noch bis zum 21. Januar 2018 im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe.