Austerlitz, 2. Dezember 1805. Napoleon führt die russische und österreichische Armee aufs Eis. Und siegt. "Ich trete in die Fußstapfen von Alexander dem Großen und Cäsar," sagt Napoleon im Film über sich.
Napoleon Bonaparte. 1769 in korsischen Kleinadel hineingeboren. Zwölf Geschwister, lärmempfindlich. Ridley Scott erzählt sein Leben jetzt als großes Spielfilmepos, als Kette militärischer Triumphe, von der Eroberung Toulons bis zur Ego-Expedition nach Ägypten.
Außen Stacheldraht, innen Honig
Regisseur Scott findet: "Seine Intuition war großartig. Er ist ein Wolf. Und eine gespaltene Persönlichkeit. Ein Mann, der sehr verletzlich ist." Tyrann. Aggressor. Ritter von der traurigen Gestalt. Mit Napoleon ringen, heißt scheitern. Anfang der 70er-Jahre wollte Stanley Kubrick einen Film über ihn drehen, recherchiert jahrelang vergeblich. Der Film wurde nie gedreht.
Ein Macho von echtem Schrot und Korn?
Jetzt also Ridley Scott. Was ist für ihn als Regisseur so faszinierend an Napoleon? "Abgesehen davon, dass er ein unglaublicher Stratege und beeindruckend intuitiv war als Politiker, war er auch gnadenlos. Und gleichzeitig fasziniert mich an ihm: Wie konnte ein Mann wie dieser, der auf dem Weg nach Moskau war, der Russland erobern wollte, so davon besessen sein, was seine Frau in Paris macht?"
Joséphine de Beauharnais, die Ex des guillotinierten Präsidenten der Nationalversammlung. Sie ist älter als Napoleon, sieht sein Talent. Und ihren finanziellen Aufstieg. Er wird mit ihr den Einlass in die Pariser Gesellschaft finden und sich in sie verlieben. Ridley Scott hat herausgefunden, dass er ihr total verfallen sei. "Wir haben seine Briefe an sie gelesen, die auf fast komische Art grob, jugendlich, romantisch und ziemlich schmutzig sind. In den Briefen an Josephine zeigt er sich verzaubert von ihr."
Im Video: Napoleon: Offizieller Trailer 2
Schlachtentableau, dick aufgetragen
Der Regisseur aber zeigt sich eher verzaubert von Napoleon. Für ihn sei die Geschichte Napoleons der Beginn der modernen Geschichtsschreibung, so Scott: "In Frankreich gibt es noch heute viele Regeln und Strukturen, die auf ihn zurückgehen. Er hat das Regelwerk völlig neu erschaffen."
Im Film sind episch ausufernde Schlachtszenen zu sehen, wie man sie von Ridley Scott erwartet. Wie beim Gang durchs Museum folgt ein Schlachten-Tableau dem nächsten. Stellenweise wirkt der Film sogar distanzfrei theatralisch. "Ich fand die Krone Frankreichs in der Gosse. Und nun setze ich sie auf mein eigenes Haupt", sagt Bonaparte, als er sich zum Kaiser krönt.
Ridley Scott hätte etwas Großes erschaffen können, das Porträt eines Kriegsherren als selbstgerechter Narr. Dazu allerdings hätte es etwas weniger Pathos gebraucht. Und mehr Doppelbödigkeit.
Napoleon – USA,UK 2023. 158 Minuten. Regie Ridley Scott. Mit Joaquin Phoenix, Vanessa Kirby, Ludivine Sagnier. Ab 12 Jahren.
Dieser Artikel ist erstmals am 21.11.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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