Über 50 bekannte deutsche Schauspieler haben eine Videokampagne gestartet. Stars wie Jan Josef Liefers und andere setzen sich darin kritisch mit der Coronapolitik und den Medien auseinander.
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Über 50 bekannte deutsche Schauspieler haben eine Videokampagne gestartet.

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Schauspieler-Aktion: #allesdichtmachen oder #allenichtganzdicht?

Schauspieler-Aktion: #allesdichtmachen oder #allenichtganzdicht?

Viele bekannte Film- und Fernsehschauspielende, darunter viele "Tatort"-Stars, haben eine gemeinsame Protestaktion gegen die Corona-Politik der Bundesregierung veröffentlicht. Es gibt beißende Kritik - aber auch Zustimmung von Rechtskonservativen.

Rund 50 prominente Film- und Fernsehschauspieler sorgen mit einer großangelegten Internetaktion unter dem Motto #allesdichtmachen für Aufsehen. Künstler wie Ulrich Tukur, Volker Bruch, Meret Becker, Ulrike Folkerts, Richy Müller, Heike Makatsch, Jan Josef Liefers und viele weitere verbreiteten am Donnerstag bei Instagram und Youtube offenbar ironisch-satirisch gemeinte Clips mit persönlichen Statements zur Corona-Politik der Bundesregierung. Andere prominente Schauspielkollegen reagierten mit deutlicher Kritik.

Zahlreiche Tatort-Kommissare beteiligt

Wie die Aktion koordiniert wurde, war zunächst nicht bekannt. Die Hashtags #allesdichtmachen, #niewiederaufmachen und #lockdownfürimmer wurden am Abend binnen kurzer Zeit zu den am meisten verwendeten bei Twitter in Deutschland. Mittlerweile gibt es mit dem Hashtag #allenichtganzdicht einen Gegentrend.

"Schließen Sie ausnahmslos jede menschliche Wirkungsstätte und jeden Handelsplatz", fordert etwa Tukur die Bundesregierung auf. "Nicht nur Theater, Cafés, Schulen, Fabriken, Buchhandlungen, Knopfläden nein, auch alle Lebensmittelläden, Wochenmärkte und vor allem auch all die Supermärkte." Und er fügt hinzu: "Sind wir erst am Leibe und nicht nur an der Seele verhungert und allesamt mausetot, entziehen wir auch dem Virus und seiner hinterhältigen Mutantenbagage die Lebensgrundlage."

Liefers bedankt sich in seinem Clip mit ironischem Unterton "bei allen Medien unseres Landes, die seit über einem Jahr unermüdlich verantwortungsvoll und mit klarer Haltung dafür sorgen, dass der Alarm genau da bleibt, wo er hingehört, nämlich ganz, ganz oben."

Makatsch zieht Unterstützungsvideo zurück

Die zur Aktion gehörende Website ist aktuell nicht mehr aufrufbar (Stand: Freitag, 8.30 Uhr). Die Schauspielerin Heike Makatsch hat ihr Video am Freitagmorgen zurückgezogen. Auf Instagram schrieb sie: "Ich distanziere mich klar und eindeutig von rechtem Gedankengut und und rechten Ideologien." Sie entschuldigte sich bei Opfern und ihren Angehörigen, sollten diese sich verletzt fühlen. Ihren Worten nach wollte sie mit der Aktion einen kritischen Diskurs schaffen, bereue es aber rechten Demagogen in die Hände gespielt zu haben.

Viel Kritik im Netz für "faden Zynismus"

In den sozialen Medien stieß die Aktion teilweise auf Zustimmung, aber vor allem bei Prominenten auch auf sehr heftige Ablehnung. "Die Schauspieler*innen von #allesdichtmachen können sich ihre Ironie gerne mal tief ins Beatmungsgerät schieben", twitterte Moderator Tobias Schlegl, der auch Notfallsanitäter ist. Schauspieler Marcus Mittermeier kommentierte: "Niemand hat mich gefragt, ob ich bei #allesdichtmachen mitmachen will. Gott sei Dank!" Der Pianist Igor Levit twitterte: Die stumpfste Waffe gegen die Pandemie sei "schlechter, bornierter Schrumpfsarkasmus, der letztendlich bloß fader Zynismus ist, der niemandem hilft. Nur spaltet."

Medienjournalist Stefan Niggemeier vom Onlinemagazin "uebermedien.de" schrieb von "ekliger Ironie" und einem "Dammbruch", der zugleich der "größte Erfolg der Querdenkerzene bisher" sei. Der Grünen-EU-Abgeordnete Erik Marquardt kritisierte, er finde die Aktion schlecht und "sehe sie als Ausdruck einer zunehmenden Resignation von eigentlich Vernünftigen".

M'Barek, Ulmen und Böhmermann auf der anderen Seite

Weitere prominente Schauspieler mischten sich via Instagram in die Diskussion ein. Elyas M'Barek schrieb: "Mit Zynismus ist doch keinem geholfen." Jeder wolle zur Normalität zurückkehren, und das werde auch passieren. Hans-Jochen Wagner nannte die Aktion peinlich. Er verstehe sie nicht, schrieb der Schauspieler, der an Liefers gerichtet fragte: "Das kann doch nicht Dein Ernst sein." Christian Ulmen fühlte sich sogar an den rechten Verschwörungserzähler Ken Jebsen erinnert: Dieser "hätte es nicht schöner sagen können". Nora Tschirner warf den Machern der Clips Handeln aus Langeweile und Zynismus vor.

Satiriker Jan Böhmermann hielt der Aktion bei Twitter entgegen, das einzige Video, das man sich ansehen solle, "wenn man Probleme mit Corona-Eindämmungsmaßnahmen hat", sei die ARD-Doku aus der Berliner Charité mit den Titel "Station 43 – Sterben". Dazu stellte er den Hashtag #allenichtganzdicht und einen weinenden Smiley.

Bereits bei der Verleihung der Golden Globes 2020 hatte der Moderator der Verleihung, der britische Komiker Ricky Gervais, knallharte Worte an das aus der Filmindustrie bestehende Publikum gerichtet: "Wenn Ihr heute Abend einen Preis gewinnt, nutzt das nicht als Plattform für eine politische Rede. Ihr seid in keiner Position, der Öffentlichkeit irgendwelche Ratschläge zu geben. Ihr wisst nichts über die wirkliche Welt. Die meisten von Euch haben weniger Zeit in der Schule verbracht als Greta Thunberg."

Viel Beifall aus dem rechten politischen Spektrum

Beifall gab es dagegen vom früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, der die Aktion auf Twitter "großartig" nannte. Der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit sprach von einem "Meisterwerk", das "uns sehr nachdenklich machen" sollte. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Joana Cotar twitterte: "Das ist intelligenter Protest." Sie feiere Jan Josef Liefers.

WDR-Rundfunkrat fordert Konsequenzen

Auch WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin (SPD) hat sich zu der Aktion geäußert. Er twitterte, durch ihre "undifferenzierte Kritik an ‚den Medien‘ und demokratisch legitimierten Entscheidungen von Parlament und Regierung“ hätten sie „denen“ Vorschub geleistet, die „den öffentlich-rechtlichen Sendern gerne den Garaus machen wollen.“ Daher müssten die zuständigen Gremien die Zusammenarbeit mit ihnen „schnellstens beenden", so Duin. Die Tweets wurden mittlerweile gelöscht.

Uli Henkel, medienpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, der auch BR-Rundfunkrat ist, nannte die Aussagen Duins "skandalös". Sie bestätigten das, was die Schauspieler kritisierten. Die Meinungsfreiheit habe in Deutschland massiv gelitten, so Henkel.

Die Kunst- und Kulturszene leidet seit mehr als einem Jahr schwer unter den Corona-Maßnahmen. Laut dem Bundesverband Schauspiel (BFFS) etwa haben viele der Schauspielerinnen und Schauspieler in Deutschland seit März 2020 kaum Einkommen. Dem Verband zufolge leben zwei Drittel bis drei Viertel aller Schauspielerinnen und Schauspieler von Gastverpflichtungen an Theatern, die aktuell nicht oder kaum arbeiten können. In Deutschland gibt es insgesamt etwa 15.000 bis 20.000 Schauspieler.

Unter Verwendung von dpa-Material.

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