Die Siebold-Statue erinnert an Philipp Franz von Siebold, versteckt an einem Würzburger Platz.
Bildrechte: BR / Valentin Beige

Die Siebold-Statue erinnert an Philipp Franz von Siebold, versteckt an einem Würzburger Platz.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Vergessener Forscher aus Würzburg: Wie Siebold Japan entdeckte

Der Würzburger Philipp Franz von Siebold begründete im 19. Jahrhundert die Japanforschung. Vor 200 Jahren kam er zum ersten Mal ins "Land der aufgehenden Sonne". Doch seine Geschichte ist weitestgehend vergessen.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Samstagvormittag am .

Der Innenhof des Juliusspitals in Würzburg – satt grüner Rasen, Bäume aus aller Welt – auch zwei Ginko-Bäume. Die Samen, aus denen sie gewachsen sind, hat Philipp Franz von Siebold aus Japan geschickt: im 19. Jahrhundert. Die Bäume sind ewig alt, die Stämme vom Baum-Leben gezeichnet. Sie sind eines der wenigen sichtbaren Dinge, die Philipp Franz von Siebold aus Japan nach Franken gebracht hat.

Reiselustiger Medizin-Student aus Würzburg

Philipp Franz von Siebold wird im Februar 1796 in Würzburg geboren. Er studiert in Würzburg Medizin, arbeitet zwei Jahre als Arzt im Stadtteil Heidingsfeld. Der junge Siebold ist reiselustig. Aber die Zeit der großen Expeditionen ist vorbei. Also geht er einen besonderen Weg, erzählt Wolfgang Klein-Langner, der sich seit mehr als 50 Jahren mit der Lebensgeschichte von Philipp Franz von Siebold beschäftigt: "Und er hat das Glück gehabt, dass ein Arzt, der in Würzburg studiert hat, ein guter Freund seines Vaters, der hat den Siebold gehört und auch kennengelernt und hat gesagt: Das ist der Mann, den wir in Holland brauchen."

Siebold: Im Dienst der holländischen Armee nach Japan

Wolfgang Klein-Langner tauchte tiefer in das Leben von Philipp Franz von Siebold ein, erforschte es und gründete 1985 die Siebold-Gesellschaft, die auch das heutige Siebold-Museum in Würzburg betreibt. Und er erfährt so, dass Siebold begeistert einging auf den Vorschlag, im Dienste der holländischen Armee nach Japan zu gehen, auch aufgrund seines Nachnamens, der zur damaligen Zeit schon sehr bekannt war. Siebolds Vater war damals ein berühmter Arzt am Juliusspital in Würzburg.

Und so machte sich Philipp Franz von Siebold 1823 auf die Reise nach Japan. Sein Zielort war Batavia. Dort war auch der Hauptsitz der damaligen niederländischen Ostindien-Kompanie. Die wiederum hatte eine Filiale in Japan – die Niederländer waren die einzigen Europäer, die in Japan Handel betreiben durften. Und diese Filiale war in Nagasaki, dort sollte Philipp Franz von Siebold arbeiten.

Siebolds Japanforschung nur mit Tricks möglich

Eigentlich durften die Holländer die Insel nicht verlassen. Philipp Franz von Siebold durfte es. Offiziell war er auf Suche nach Futter für die Tiere auf der Insel – wirklich gesucht – und gefunden hat er aber Heilpflanzen, erzählt Wolfgang Klein-Langner. Aber nur dank solcher Tricks konnte er anfangen, Japan, die Bevölkerung, ihr alltägliches Leben zu erforschen. Er sammelte Gegenstände aus dem Alltag der Japanerinnen und Japaner vor Ort, er entdeckt Pflanzen, benennt sie und schickt die Pflanzen per Schiff nach Europa, er präparierte Tiere und schrieb auf, wie die Menschen in Japan zu seiner Zeit dort lebten.

Sein Wissen als Arzt macht ihn bald zu einem gefragten Mann in Japan. Auf der Insel lernt er auch seine erste Frau kennen, mit der er eine Tochter bekommt. Sie wird später die erste Frauenärztin Japans, die nach westlichem Vorbild behandelt. Bis 1830 blieb Philipp Franz von Siebold in Japan. Viele Jahre später startet er eine zweite Reise. Die Gegenstände, die er dort sammelt, sind heute im Münchner Museum fünf Kontinente zu sehen.

Siebolds Wirken: in Japan geehrt, in seiner Heimat fast vergessen

Den Namen Philipp Franz von Siebold kennt in Japan heute jedes Kind, sein Leben und Wirken in Japan sind dort Schulstoff. Und viele namhafte Japanerinnen und Japaner reisen nach Deutschland, um das Land zu erkunden, aus dem Philipp Franz von Siebold stammte. Zum Beispiel der Japaner Mori Ogai, der von 1884 bis 1888 durch Deutschland reiste und darüber Tagebuch führte und Gedichte schrieb.

In Würzburg erinnern heute noch wenige Dinge direkt an Siebold. So wie das Siebold-Gymnasium, die Sieboldshöhe oder die Sieboldstraße. Eine Statue von Siebold steht an einem Würzburger Platz – hunderte Leute kommen hier zwar jeden Tag vorbei, doch die Statue steht je nach Blickwinkel versteckt hinter Büschen und Bäumen. Die Erinnerungskultur an Siebold in seiner Heimatstadt ist also durchaus noch ausbaufähig. Was nicht an der Siebold-Gesellschaft liegt, die vieles macht, um einen der wichtigsten Würzburger Entdecker wieder mehr in die Öffentlichkeit zu rücken. Wolfgang Klein-Langner hat sie mitgegründet und ausgebaut. Im Würzburger Siebold-Museum zeigt die Gesellschaft Exponate aus dem Leben und Wirken von Philipp Franz von Siebold und seiner Familie und bietet Veranstaltungen an.

Siebold-Sammlungen in München und in den Niederlanden

Direkt nach Franken hat Philipp Franz von Siebold nur wenige Dinge gebracht, zum Beispiel die beiden Ginko-Bäume im Würzburger Juliusspital. Die Sammlungen seiner Reisen sind in Holland und München zu sehen. Nach seiner zweiten Japan-Reise zog es ihn erst zurück in seine Geburtsstadt Würzburg. Seine Sammlung war hier auch kurzzeitig zu sehen.

Dann zieht er um nach München. 1866 stirbt er in München. Sein Grab ist auf dem alten südlichen Friedhof. Auch ein grüner Ort, eine Oase in der Stadt zum Erholen. Wie der Garten des Juliusspitals in Würzburg. Und noch etwas haben die beiden Städte gemeinsam: An Siebolds Leben und Wirken wird kaum erinnert. Einer der größten Japanforscher. Nach seinem Tod fast vergessen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!