"Ich bin Anastasia": Doku über Bundeswehroffizierin Anastasia Biefang
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"Ich bin Anastasia": Die Doku von Thomas Ladenburger über Bundeswehroffizierin Anastasia Biefang hatte auf dem Dok.fest Weltpremiere

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Wie aus Marc Biefang Bundeswehroffizierin Anastasia wurde

Wie aus Marc Biefang Bundeswehroffizierin Anastasia wurde

Anastasia Biefang ist Bundeswehroffizierin – aber nicht irgendeine, sondern die erste transsexuelle Bataillonskommandeurin. Regisseur Thomas Ladenburger hat ihren nicht immer leichten Weg zum korrekten Geschlecht zwei Jahre lang dokumentiert.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Die Dokumentation "Ich bin Anastasia" hat bereits auf dem Münchner Dok.fest im Mai 2019 für Aufsehen gesorgt. Es geht darin um die erste transsexuelle Bataillonskommandeurin der Bundeswehr: Anastasia Biefang, die bis zu ihrem 40. Lebensjahr Marc Biefang hieß und sich dann für eine Geschlechtsumwandlung beziehungsweise Geschlechtsangleichung entschied. Der Filmemacher Thomas Ladenburger hat Anastasia Biefang und ihre spätere Frau Samanta Sokolowski fast zwei Jahre lang mit der Kamera im privaten wie beruflichen Rahmen begleitet.

Knut Cordsen: So ein Fall wie der von Anastasia Biefang hat dafür gesorgt, dass Abgeordnete der AfD das Spottwort "Bundesqueer" für "Bundeswehr" in Umlauf gebracht haben – offenbar in großer Sorge um die Landesverteidigung. Ein Sujet, das manche Menschen auf die Palme bringt. War es das, was Sie gereizt hat?

Thomas Ladenburger: Dieses Thema hatte überhaupt nichts mit der Entscheidung zu tun, einen Film über Anastasia zu machen. Ich habe Samanta Sokolowski, die Partnerin von Anastasia, kennengelernt bei der gemeinsamen Arbeit bei der Berlinale. Wir haben im "Panorama" zusammengearbeitet, und sie kam eines Tages auf mich zu und hat gesagt: Du, ich habe da eine neue Freundin, die hat eine ganz hohe Position bei der Bundeswehr, ist mitten in der Transition vom Mann zur Frau und wird demnächst ein Bataillon übernehmen. Wäre es nicht interessant, eine Geschichte darüber zu erzählen? Das gab letztendlich den Ausschlag, diesen Film zu machen. Natürlich erst nach einem Gespräch mit Anastasia.

Sie haben bereits 2013 eine Kurz-Doku namens "Die Transvestiten" in Nordafrika gedreht. Insofern ist Ihnen das Thema, dessen medizinischer Terminus "Geschlechtsdysphorie" lautet, schon länger vertraut. Was fasziniert Sie so an diesem Thema Transgender, Trans-Frauen, Transvestiten?

Nun muss man sagen, dass Transvestiten erst mal nichts mit Transgender zu tun haben. Transvestiten sind Menschen, die Frauenkleider anziehen und dementsprechend performen. In Marokko hat das eine ganz andere Geschichte. In Marokko ist es so, dass traditionell Frauen nicht in der Öffentlichkeit auftreten durften – das gab es ja auch in Deutschland – und dementsprechend dann Männer Frauenkleider anziehen. Bei Transgender ist es ja eine ganz andere Geschichte. Da geht es um Geschlechtsidentität. Das bedeutet, dass man feststellt, dass man im falschen Körper lebt. Und das war der Fall bei Anastasia.

Ende 2014 zieht Marc Biefang einen Schlussstrich unter sein bisheriges Leben als Mann und erklärt, zukünftig als Frau angesprochen werden zu wollen, woran sich eine erstaunlich offene Bundeswehr auch hält, wie man in Ihrem Film sieht. Inwiefern hat sich Marc beziehungsweise Anastasia Biefang ermutigt gefühlt durch den Fall von Bradley beziehungsweise Chelsea Manning beim US-Militär, jene Whistleblowerin, die sich 2013/14 in der Haft als Transsexuelle outete?

Es ist natürlich schwierig für mich, diese Frage zu beantworten, die eigentliche Ansprechpartnerin wäre Anastasia selber. Ich habe sie aber gestern gefragt, ob das für sie eine Rolle gespielt hat. Sie hat ganz klar gesagt: nein. Im Laufe unserer gemeinsamen Arbeit ist mir klar geworden, dass eher Christiane Meiners, die ja auch im Film auftaucht, diejenige ist, die sie davon abgehalten hat, sich zu outen und ihr Coming-out in der Bundeswehr zu haben. Bis dann letztendlich der Leidensdruck so groß war, dass es keinen anderen Weg mehr für sie gab und Anastasia auch einfach zu sich selber stehen wollte und musste.

Jetzt haben Sie Christiane Meiners schon erwähnt, das ist ja eine weitere Trans-Frau in Ihrem Dokumentarfilm. Sie war die erste transsexuelle Luftwaffenpilotin. Vormals Christian Meiners geheißen, hat sie viele Jahre vor Anastasia Biefang eine Geschlechtsumwandlung durchgemacht. Und der Zufall will es, dass der Vater von Anastasia, der bei der Luftwaffe Waffensystem-Offizier war, diese Frau oder damals noch diesen Mann kannte. Da gibt es also durchaus lose Verbindungsfäden zwischen den Geschichten von Anastasia und Christiane.

Richtig, genau.

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"Ich bin Anastasia": Doku über Bundeswehroffizierin Anastasia Biefang

Das Interessante finde ich, dass diese Frau Christiane Meiners sich analog zum Terminator als "Terminatrix (TX)" bezeichnet, also als eine weibliche Killermaschine. Wir alle erinnern uns an die Diskussion um die Verwendung von Kurt Tucholskys Satz "Soldaten sind Mörder". Hier nennt sich eine Soldatin aus freien Stücken Terminatrix. Das wirft sämtliche Geschlechterklischees über den Haufen.

Nun, ich glaube, der Zusammenhang dieser Wortfindung ist einfach der: Christiane hat die ersten Kampfeinsätze der deutschen Bundeswehr damals in Jugoslawien geflogen. Ihre Mission war es, feindliche Radarstellungen auszuschalten, was sie dann auch getan hat. Was ich aber viel wichtiger finde und worauf ich hinweisen will, ist Anastasias Satz im Film: 'Stell dir vor, es ist Frieden, und keiner macht mit'. Es geht doch darum, sich dem Frieden zu widmen. Und das sieht sie auch so, als ich sie gefragt habe, wie sie umgeht mit ihrem Kriegseinsatz in Afghanistan. Sie sagte: Stell dir vor, es ist Frieden und keiner geht hin. Was ist denn Frieden? Frieden ist der Zustand der allgemeinen Gerechtigkeit, und wir sollten als Menschheit doch alle Energie darauf verwenden, uns dem Frieden zu widmen. Dann werden vielleicht auch die Soldaten und Soldatinnen und die Bundeswehr obsolet. Aber ich glaube, davon sind wir noch ein Stück weit entfernt.

Nun gilt die Bundeswehr als testosteronschwangerer Haufen. Wie reagierte denn das brandenburgische Bataillon auf seinen neuen transsexuellen Kommandeur, der seine Geschlechtsumwandlung zu Hause mit einer "Schwanz-ab-Party" feierte?

Kommandeurin, meinen Sie sicher. Es gab am Anfang extreme Vorbehalte. Das hat auch damit zu tun, dass es sehr viele Hass-Kommentare in den sozialen Medien gab und viele aus dem Bataillon sicher auch vorher keine oder wenig Berührungspunkte mit queeren Menschen, speziell auch mit Transgender-Menschen hatten. Alles, was man nicht kennt, ist erst mal so wie in der Geschichte von Rumpelstilzchen unheimlich und mit Vorurteilen behaftet. Nachdem die Leute aus dem Bataillon Anastasia kennengelernt haben, auch dann plötzlich den Menschen gesehen haben und nicht nur die Trans-Frau, hat sich dieses Bild auch komplett gewandelt. Das konnte ich im Laufe der Dreharbeiten auch wirklich feststellen und habe das auch gespürt.

Ihr Film endet damit, dass Anastasia Biefang nach Afghanistan zu einem sechsmonatigen Kampf-Einsatz aufbricht und kurz vor der Abreise noch ihre Lebensgefährtin Samanta Sokolowski heiratet. Was macht Anastasia heute?

Anastasia ist heute Kommandeurin des Informationstechnik-Bataillons 381 in Storkow und geht ganz normal ihrer Arbeit nach.

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