Die Kritik an der Corona-Warn-App (CWA) ist so alt wie die App selbst: Immer wieder wird die Frage gestellt, wie groß der Nutzen der App ist, wieviel sie tatsächlich zur Eindämmung des Coronavirus beiträgt. Besonders stark stand die Corona-Warn-App zu Beginn des Jahres in der Diskussion, als sie bei vielen Nutzerinnen und Nutzern fast durchgängig eine rote Warnung anzeigte. Das führte bei manchen zu Verunsicherung, was zu tun ist, bei anderen dazu, die App gar nicht mehr erst zu öffnen.
Die App warnt schneller als früher
Die vielen Warnungen rühren daher, dass sich die Omikron-Variante stark in Deutschland verbreitete. Mehr Infizierte heißt auch mehr warnende Personen und damit mehr rote Kacheln in der CWA. Hinzu kommt, dass die Risikoberechnung der Corona-Warn-App immer wieder verändert wird, zuletzt im April 2021: Die Dauer einer kritischen Begegnung wurde von 13 auf 9 Minuten herabgesetzt. Die App ist also empfindlicher geworden.
Die Corona-Warn-App wird weiter aktiv genutzt: Die Zahl der Downloads liegt inzwischen bei mehr als 44 Millionen, die Zahl der geteilten positiven Testergebnisse ist seit Januar gestiegen - und damit auch die Zahl der Warnungen in der App (Alle Zahlen sind im Dashboard der Corona-Warn-App nachzulesen).
RKI: CWA verringert die Inzidenzen noch immer
Diese Zahlen zeigen, “dass die CWA das Infektionsgeschehen sehr gut abbildet. Sie warnt viele Menschen schnell und direkt und entlastet die Gesundheitsämter”, antwortet das Robert-Koch-Institut, das die App herausgibt, auf BR24-Anfrage. Die Warn-App verringere immer noch die Inzidenzen, damit nicht unkontrolliert eine große Anzahl an Personen in systemrelevanten Berufen krankheitsbedingt ausfalle.
Führen die vielen roten Warnungen nun aber dazu, dass die Nutzenden sie nicht mehr ernst nehmen? Mitnichten, heißt es beim RKI: "Das Feedback aus unseren verschiedenen Communities zeigt, dass die Nutzerinnen und Nutzer trotzdem weiterhin großes Interesse haben, informiert zu werden, wann sie eine Risikobegegnung hatten".
Epidemiologe: Leute beherzigen Warnungen weniger, als vor einem Jahr
Etwas zurückhaltender bewertet der Epidemiologe André Karch von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster den aktuellen Nutzen der CWA. Zwar sei die Wirksamkeit der Warnungen durch die App nicht durch die konstant hohe Inzidenz eingeschränkt, da die Benachrichtigungen ja tatsächlich relevante Hoch-Risiko Expositionen darstellten, schreibt Karch auf BR24-Anfrage.
Allerdings vermutet Karch, dass die gewarnten Personen heute weniger Konsequenzen aus den Warnungen ziehen würden als noch vor einem Jahr.
“Wenn alle Personen mit einer roten Warnung sich z.B. tatsächlich sofort selbst isolieren würden, wäre durchaus ein relevanter Effekt auf die Infektionsdynamik zu erwarten. Da dies nicht so ist, ist der Effekt der Warnungen durch die App natürlich eingeschränkt.” André Karch, Lehrstuhlinhaber für klinische Epidemiologie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Nutzen der App hängt vom Verhalten der Nutzer ab
Die Corona-Warn-App ist ja immer nur ein Baustein von vielen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie gewesen. Das ist sie nach wie vor. Sie wird regelmäßig weiterentwickelt und auf neue Entwicklungen in der Pandemie angepasst, wie jüngst durch eine höhere Empfindlichkeit und häufigere Warnungen. Wie die Nutzer darauf reagieren und ob sie die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, liegt nicht in der Macht der Corona-Warn-App.
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