Anders als Deutschland, wo seit Anfang des Jahres das Netzwerkdurchsetzungsgesetz regelt, dass Plattformen gemeldete Hassrede innerhalb von 24 Stunden von ihren Plattformen entfernen müssen, beschränkt sich die EU bisher auf eine freiwillige Selbstverpflichtung von Facebook, Twitter und YouTube. Ob und wie die Firmen diesen freiwilligen Verhaltenskodex einhalten, hat die EU-Kommission jetzt zum dritten Mal überprüft.
Facebook am löschfreudigsten
Über sechs Wochen hinweg meldeten teilnehmende Organisationen (in Deutschland zum Beispiel der Verein Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V.) Hasspostings bei den Unternehmen. Die 2.982 gemeldeten Posts verstießen klar gegen nationale Gesetze gegen Hassrede. Auch wenn die Studie ist statistisch nicht repräsentativ ist, zeigt sie interessante Tendenzen auf: am stärksten von Hassrede betroffen ist demnach Facebook, das rund die Hälfte aller Beschwerden bearbeiten musste. Facebook ist zugleich auch das löschfreudigste aller drei Unternehmen: EU-weit entfernte man dort 79.8 Prozent der gemeldeten Posts, bei waren es YouTube 75 Prozent, bei Twitter nur 45.7 Prozent.
Löschquote für Deutschland: 100 Prozent
Für alle drei Unternehmen zusammen genommen ergibt das insgesamt eine Löschquote von rund 70 Prozent aller beanstandeten Inhalte. Bei der letzten Überprüfung im Mai 2017 kamen die Unternehmen auf eine Quote von 59 Prozent, Ende 2016 lag sie noch bei nur 28 Prozent. Die Quote für Deutschland dürfte hingegen wenig überraschen: 100% der gemeldeten Posts wurden nach der Verabschiedung des NetzDG entfernt. Zum Vergleich: 2017 bzw. 2016 waren es nur 80,1, respektive 52 Prozent.
EU: Kampf gegen Hass auch ohne Gesetze
Eigentlich eine Traumquote, aber das NetzDG sieht man in Brüssel trotzdem weiterhin kritisch: Die EU schließt aus der Studie, dass der Kampf gegen Hass und Hetze im Internet auch ohne gesetzliche Regelungen vorankommt. "Die neuesten Ergebnisse zeigen uns deutlich, dass die freiwillige Selbstverpflichtung derzeit sehr gut funktioniert, wenn es um Hass im Netz geht", sagte EU-Justizkommissarin Věra Jourová. Der vor eineinhalb Jahren vereinbarte Verhaltenskodex habe sich "als wirksames und treffsicheres Instrument" erwiesen.
Kritik am NetzDG
Die jüngsten Daten sieht die EU-Kommission als weiteren Beleg dafür, dass Deutschland zu schnell ein Gesetz gegen Hass im Netz eingeführt hat. Die Brüsseler Behörde hatte den deutschen Alleingang zuletzt mehrfach kritisiert. Sie befürchtet einen Flickenteppich an Regeln in Europa und einen möglichen Missbrauch durch Regierungen, die die Meinungsfreiheit einschränken wollen. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz hatte zuletzt auch in Deutschland heftige Kritik ausgelöst. Gegner der Regelung bemängeln, dass es in der Hand der Plattformbetreiber liege, neben klaren Rechtsverstößen auch über juristisch zweifelhafte Fälle zu urteilen. Unlängst hatte die Sperrung des Twitter-Accounts der Satire-Zeitschrift "Titanic" Empörung ausgelöst.