"Wir wollen unser Land moderner, bürgernäher und digitaler machen. Alle Leistungen sollen jederzeit und von jedem Ort aus digital nutzbar sein." Dieses Ziel, das Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Donnerstag ausgegeben hat, würden vermutlich die meisten Bürgerinnen und Bürger unterschreiben. Doch die Tatsache, dass Faeser das als Ziel formulieren muss, zeigt auch, dass die Realität bei der Digitalisierung der Verwaltung, für die Faesers Innenministerium zuständig ist, noch anders aussieht.
Das Online-Zugangsgesetz (OZG) schreibt vor, dass der Staat bis Ende des Jahres seine Verwaltungsleistungen digitalisieren muss. Dabei gibt es große Probleme, gerade in den Kommunen hinkt die Umsetzung deutlich hinterher.
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Faeser will Unterschriftspflicht abbauen
Teilweise ist eine Digitalisierung von Verwaltungsleistungen gar nicht möglich, weil bestimmte Gesetze ein persönliches Erscheinen und eine persönliche Unterschrift vorschreiben, etwa das Personalausweisgesetz. "Bestehende Schriftformerfordernisse werden wir abbauen", sagte Faeser auf ihrer Pressekonferenz zu den digitalpolitischen Zielen des Innenministeriums – ohne zu sagen, wo genau das passieren soll.
Immerhin will sie die Anwendungsmöglichkeiten für den Online-Ausweis ausbauen und in den Alltag integrieren. Als Beispiel nannte Faeser die Wohnort-Ummeldung, für die künftig der Online-Ausweis ausreichen solle. Schon seit 2010 gibt es im Personalausweis eine Online-Funktion, seit Dezember 2021 kann man seinen Personalausweis auch auf geeignete Smartphones übertragen.
Digitaler Bauantrag als "eines der größten Ziele"
Eine Verwaltungsleistung, die sowohl bei Bürgern als auch bei Unternehmen sehr gefragt ist, sind Bauanträge. Faeser nannte es "eines der größten Ziele, dass Bauvorbescheid und Baugenehmigung digital angeboten werden", das würde auch zur Beschleunigung der Verfahren beitragen. Mecklenburg-Vorpommern hat zwar einen digitalen Bauantrag entwickelt, den auch andere Bundesländer übernehmen könnten. Allerdings bremst hier der Föderalismus die Digitalisierung aus: Das Baurecht ist nicht in allen Bundesländern einheitlich, deswegen hat Bayern einen eigenen digitalen Bauantrag entwickelt, der gerade in elf Landkreisen erprobt wird.
Auch unterschiedliche technische Standards und Anwendungen in den Ländern erschweren die Digitalisierung der Verwaltung. Um die Abhängigkeit von einzelnen Technologieanbietern zu reduzieren, will Faeser künftig stärker auf Open-Source-Software, offene Schnittstellen und offene Standards setzen.
Neue Gesetze müssen erst durch den Digital-Check
Wirklich neu ist das alles nicht. Eine neue Idee hatte Faeser dann aber doch noch dabei: "Mit einem Digital-Check werden wir künftig Gesetze darauf abklopfen, ob sie das Leben einfacher und digitaler machen", sagte Faeser. Damit sollen bereits im Vorfeld rechtliche Hürden für die Digitalisierung vermieden werden.
Das Bundesinnenministerium ist in Deutschland auch für die Cybersicherheit zuständig. Und die ist so gefährdet wie lange nicht. Speziell seit dem russischen Angriff auf die Ukraine. Russland trage diesen Angriff auch im Netz aus und scanne das Netz in Deutschland und in ganz Europa nach Schwachstellen, sagte Faeser. Sie kündigte deutliche Investitionen in Deutschlands Cyber- und Informationssicherheit und einen Ausbau des Bundesamtes für Informationssicherheit an.
Deutschland soll im Cyberspace widerstandsfähiger werden
Hackback, also aktive Gegenmaßnahmen, um einen Cyber-Angriff abzuwehren, lehnte Faeser ab. Es gehe vielmehr darum, die Resilienz zu stärken, vor allem bei Betreibern von kritischen Infrastrukturen. Dazu zählen Kraftwerke, die Wasserversorgung oder Krankenhäuser. Wie Deutschlands Widerstandsfähigkeit (Resilizenz) gestärkt werden kann, soll in der neuen Cybersicherheitsstrategie stehen, die noch vor dem Sommer veröffentlicht werden soll.
Faeser hat eine Reihe von Absichtserklärungen präsentiert, die zwar plausibel klingen. Allerdings stellt sich ganz oft die Frage, wie genau die Absichtserklärungen praktisch umgesetzt werden sollen. Dazu sagte Faeser fast nichts, auch das zwölfseitige Digitalprogramm des BMI bleibt konkrete Umsetzungskonzepte schuldig. Genauere Antworten könnte es im Sommer geben: Dann soll es nicht nur eine neue Cybersicherheitsstrategie geben, sondern eine Digitalstrategie der gesamten Bundesregierung.
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