Der Ausbau der Windkraft in Bayern ist seit Einführung der 10H-Regel praktisch zum Erliegen gekommen. Nach dieser Vorschrift muss der Mindestabstand eines Windrades zur nächsten Besiedelung der zehnfachen Höhe des Rades entsprechen.
CSU beschließt Lockerungen
Nun steht fest: Die 10H-Regel in Bayern bleibt – aber mit deutlichen Ausnahmen: Bis zu 800 neue Windräder können damit nach Beschluss der CSU-Landtagsfraktion neu gebaut werden. Laut Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ermögliche man damit Windkraft auf knapp zwei Prozent der Landesfläche. Man wolle "beim Wind einen großen Schritt vorankommen", um Bayern von russischer Energie unabhängig zu machen, so Söder in der BR24 Rundschau.
Vorranggebiete: Mindestabstand nur noch 1.000 Meter
In Vorranggebieten für Windkraft wird der Mindestabstand von Windrädern zu Wohnhäusern auf 1.000 Meter sinken. Dies sind die Ergebnisse einer intensiven Diskussion der CSU-Fraktion über Änderungen. Söder hatte laut Teilnehmern die Richtung vorgegeben: "Wir müssen was tun."
Unklar ist noch, ob das bayerische Konzept aus Sicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ausreichen wird – oder ob der Bund der 10H-Regel letztlich die rechtliche Grundlage entzieht.
- Zum Artikel: "Windkraft in Bayern - fällt 10H-Regel?"
Bei den meist 200 Meter hohen Windrädern sorgt die 10H-Regel bisher in Bayern für einen Mindestabstand von 2.000 Metern. Die Verringerung auf 1.000 Meter in Vorranggebieten stellt eine substantielle Änderung dar. Solche Vorranggebiete können von regionalen Planungsverbänden ausgewiesen werden. Etwa in Niederbayern gäbe es noch viel potenziellen Platz für Windkraftanlagen.
Auch neben Autobahnen, entlang von vierspurigen Bundesstraßen oder wichtigen Bahnstrecken soll der Bau von Windrädern leichter werden – auf "Flächen, die durch bedeutende Infrastruktureinrichtungen bereits eine Vorbelastung des Landschaftsbilds und der Lärmsituation aufweisen". Das Gleiche gilt in Wäldern, auf Truppenübungsplätzen, beim Ersatz bestehender Windenergieanlagen und direkt neben Industriebetrieben, die sich so mit Windstrom selbst versorgen können.
Aiwanger vorsichtig optimistisch
Nicht nur die Bundesregierung, auch die Freien Wähler als Regierungspartner der CSU hatten im Vorfeld auf Lockerungen gepocht. Fast zweieinhalb Stunden lang stellte sich Bayerns Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger am Mittwochnachmittag den Fragen der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag.
Beim Verlassen der CSU-Fraktionssitzung äußerte sich Aiwanger vorsichtig optimistisch, dass die Abgeordneten seinen Lockerungsvorschlägen folgen und dass ein Kompromiss kommt, der "einen nennenswerten Zuwachs an Windkraft ermöglicht". Dann könnte auch endlich der Brief der Staatsregierung an Wirtschaftsminister Habeck in Berlin gehen, und der werde dann sehen, dass Bayern guten Willens sei, mehr Windkraft zu ermöglichen, so Aiwanger.
Grüne: "Herumdoktern" an 10H reicht nicht
Die Landtags-Grünen warnten die CSU im Vorfeld vor einem bloßen "Herumdoktern" an der 10H-Mindestabstandsregel. Im Anschluss an die Bekanntgabe des Beschlusses äußerte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag Ludwig Hartmann die Vermutung, dass Bundeswirtschaftsminister Habeck die 10H-Regel trotz des CSU-Vorstoßes abschaffen werde. Habeck selbst äußerte sich noch nicht.
Florian Streibl, der Vorsitzende der Freien Wähler im Landtag, sagte zu dem Beschluss: "Wir begrüßen, dass unser Koalitionspartner die starre 10H-Windkraftregel lockern will." Die CSU erspare sich damit mit Blick auf Habeck eine peinliche politische Schlappe.
Die SPD plädiert dafür, die 10H-Regel in Bayern ganz abzuschaffen. Der Vorsitzende der Bayern-SPD, Florian von Brunn, schrieb auf Twitter, der Kompromiss der CSU reiche nicht.
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