Bildrechte: Microsoft Research (Screenshot aus Video)

BR24_3

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

"Project Natick": Microsoft versenkt Rechenzentrum im Meer

Rechenzentren brauchen normalerweise sehr viel Strom, der meiste geht in die Kühlung. Der Microsoft-Konzern hat nun damit begonnen, Rechenzentren im Meer zu installieren. Vor Schottland wurde ein erster Container im Wasser versenkt. Von M. Schuler

"Wir sehen hier drei potenzielle Vorteile: Nachhaltigkeit, ein schnellerer Aufbau von Rechenzentren und näher am Kunden zu sein", sagt Microsoft-Manager Ben Cutler. Er ist gerade aus Europa zurückgekommen, wo das Software-Unternehmen zum ersten Mal ein größeres Rechenzentrum im Meer versenkt hat. 864 Server sind in der wasserdichten, gut zwölf Meter langen und fast drei Meter breiten Röhre montiert.

Wasser hilft Stromsparen

Der Energieaufwand für den Betrieb ist relativ gering. Den meisten Strom verbrauchen praktisch nur die Server selbst, das Meerwasser übernimmt die Kühlung. An Land würden hier Strom fressende Kühlsysteme zum Einsatz kommen. Das Meeres-Rechenzentrum ist durch ein Unterseekabel mit dem Festland verbunden. Über das werden nicht nur die Daten übertragen, sondern auch der Strom für die Server. Und der wiederum kommt aus erneuerbaren Quellen. Bis zu fünf Jahre soll die Röhre erst einmal vor Schottland im Meer bleiben.

"Wasser ist eine der wertvollsten Ressourcen. Schaut man sich die Kühlsysteme von Gebäuden oder Rechenzentren an, dann benötigen Sie eine Menge Wasser. Ein Rechenzentrum im Meer, das Meerwasser anstelle von Süßwasser nutzt, erlaubt es uns, Datencenter dort aufzustellen, wo sie wenig vorhanden sind - zum Beispiel in der Nähe von Entwicklungsländern." Ben Cutler, Microsoft

Server können nicht repariert werden

Es gibt aber auch Nachteile. Sollte zum Beispiel ein Server ausfallen, kann er nicht repariert werden. Microsoft-Manager Cutler: "Wir haben extra mehr Server eingebaut, als wir eigentlich in den voraussichtlich fünf Jahren benötigen, so dass stets die volle Funktionalität erhalten bleibt. Klar ist das ein Nachteil, doch in anderen Industriezweigen ist der Wechsel zur Vollautomatisierung auch gelungen."

Unterwasser-Datencenter brauchen kein teures Bauland

Auf dem Papier hat solch ein Rechenzentrum viele Vorteile: Fast die Hälfte der Weltbevölkerung lebt nahe einer Küste. Nur vier der 25 größten Städte der Welt befinden sich deutlich im Landesinneren. Und Unterwasser-Datencenter benötigen kein teures Bauland. "In der Zukunft wird es mehr interaktive Anwendungen geben, die auf schnelle Antwortzeiten angewiesen sind. Denken Sie zum Beispiel an Computerspiele. Oder denken Sie an kommerzielle Cloud-Anwendungen für Fabriken oder für autonom fahrende Autos", fügt Cutler hinzu.

Laut Microsoft keine nennenswerte Erwärmung des Wassers

Umweltschützer sehen den Test von Microsoft skeptisch. Sie befürchten, dass die Wassertemperatur ansteigen könnte. Microsoft-Mann Cutler widerspricht: "Unsere Messungen haben ergeben, dass das Wasser, das aus dem Rechenzentrum kommt, ein Grad wärmer ist. Es vermischt sich aber so schnell mit dem kalten Meereswasser, dass es nur wenige Meter weiter nur um ein paar tausendstel Grad wärmer ist. Der Effekt ist vernachlässigbar. Wir werden das aber genau beobachten."