Das Gründungsversprechen von WhatsApp wackelt: Als Jan Koum 2009 die "WhatsApp Inc." gründete, wollte er seine App komplett werbefrei halten. Fünf Jahre später verkaufte er an den Facebook-Konzern, wechselte dort in den Verwaltungsrat und verließ das Unternehmen 2018 komplett. Seither verfolgt man bei Facebook andere Pläne mit dem Messengerdienst.
WhatsApp wird jetzt "werberelevant"
Seit Mitte September kann man in Deutschland auf WhatsApp die Kanäle von Firmen, Influencern oder Organisationen abonnieren (und inzwischen auch selbst welche anlegen). Die Kanalinhaber können darin Textnachrichten, Fotos, GIFs, Videos, Sprachnachrichten und Umfragen posten, auf die Abonnentinnen und Abonennten ausschließlich per Emoji reagieren können.
Deutsche WhatsApp-Kanäle gibt es seither von der Tagesschau, von Firmen wie dm, dem FC Bayern München oder Influencern wie dem Streamer Papaplatte. Deren Followerzahl liegt oft schon im hohen sechsstelligen oder sogar im Millionenbereich. Bis auf optionale, kostenpflichtige Werbenachrichten sind diese Kanäle umsonst. Doch einiges läuft auch anders bei der neuen Kanal-Funktion, als man es von WhatsApp gewohnt ist.
Keine Verschlüsselung in WhatsApp-Kanälen
Anscheinend wird jeder Kanal einzeln vom Unternehmen geprüft, bevor er in der Suche auffindbar ist und abonniert werden kann. Außerdem sind dort weder die eigene Telefonnummer noch die der anderen Follower eines Kanals einsehbar. Und wohl am wichtigsten: Die Kommunikation dort ist nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt und damit vom Konzern einsehbar. So könne man besser sicherstellen und überprüfen, dass die Kanalbetreiber sich an die Regeln halten.
Hass und Hetze schaden dem Profit
Verantwortlich für die neue Funktion ist WhatsApp-Produktchefin Alice Newton-Rex, die um einen behutsamen Start der WhatsApp-Kanäle bemüht wirkt: "Wir wissen, dass 2024 ein wichtiges Wahljahr in vielen Orten auf der Welt ist, und kämpfen weiterhin gegen die Verbreitung von Falschinformationen", erzählt sie im Interview mit dem Magazin "Der Spiegel".
Mark Zuckerberg persönlich bezeichnete WhatsApp kürzlich als "das nächste Kapitel" für den gesamten Meta-Konzern. Skandale wie massenhaft gesammelte Nutzerdaten durch Cambridge Analytica oder eine fehlende Content-Moderation wie bei Elon Musks X, wo sich Hetze und Falschinformationen breitmachen, gilt es also tunlichst zu vermeiden.
Bloß kein zweites Cambridge Analytica
Denn obwohl die neuen WhatsApp-Kanäle seit ihrer Einführung gut angenommen werden, gilt WhatsApp vielen noch immer als irgendwie privater Raum, in dem nun mal eher Familienurlaube geplant und Geburtstagsglückwünsche verschickt werden, als dass dort Kaufabsichten oder sogar Wahlentscheidungen geformt würden. Und das soll laut Chefin Newton-Rex auch so bleiben: "Wir denken absolut nicht daran, Werbung in Privatchats einzuführen", beteuert sie.
- Jetzt abonnieren: BR24 mit eigenem Kanal auf WhatsApp
Dieser Artikel ist erstmals am 12. Februar 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!