Wie privat ist eine Chat-Gruppe bei WhatsApp? Und was hat es für Folgen, wenn wüste Beleidigungen von Kollegen oder Chefs aus solchen Chat-Gruppen an die Öffentlichkeit gelangen? Droht dann die Kündigung?
Mit diesen Fragen hat sich heute das Bundesarbeitsgericht in Erfurt befasst - und ein Grundsatzurteil gefällt: Es kann im Extremfall den Job kosten, wenn der Inhalt solcher Chats öffentlich wird. Anders als die Vorinstanzen entschieden die Richter jetzt, dass sich Mitglieder geschlossener Chatgruppen bei beleidigenden, rassistischen oder sexistischen Äußerungen über Arbeitskollegen nur im Ausnahmefall auf den Schutz durch Vertraulichkeit verlassen können.
Rassismus, Sexismus und Aufrufe zu Gewalt im Whatsapp-Chat
Im vorliegenden Fall ging es um die WhatsApp-Gruppe befreundeter Arbeitskollegen, die in Hannover-Langenhagen bei der Fluggesellschaft TUIfly beschäftigt waren. Als es zu Konflikten am Arbeitsplatz kam, zogen die Mitglieder der WhatsApp-Gruppe über Kollegen und Vorgesetzte her und machten rassistische und sexistische Aussagen. Die Chats enthielten auch menschenverachtende Äußerungen sowie Aufrufe zu Gewalt: So wurde etwa vom "in die Fresse hauen" geschrieben oder auch, dass die "Covidioten" "vergast" werden sollten.
Als der Chatverlauf dem Arbeitgeber zugespielt wurde, kündigte er den Mitarbeitern fristlos. Sie hätten sich in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und Kollegen geäußert, hieß es zur Begründung. Die Betroffenen zogen vor Gericht - bis in die letzte Instanz in Erfurt.
Nicht immer ist vertrauliche Kommunikation auch privat
Sie beriefen sich auf die im Grundgesetz geschützte vertrauliche Kommunikation. Der Chat habe allein dem privaten Austausch gedient. Der Arbeitgeber hätte diesen daher nicht als Grund für die Kündigung verwenden dürfen.
Ob es sich bei Chatgruppen um eine geschützte, vertrauliche Kommunikation handele, hänge von der Art der Nachrichten sowie der Größe und Zusammensetzung der Gruppe ab, heißt es in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Im Zweifelsfall müssten ihre Mitglieder nachweisen, warum sie einander vertrauen durften. Nur ausnahmsweise, wenn der Arbeitnehmer sicher davon ausgehen konnte, dass der Chatverlauf vertraulich bleibt, sei eine Kündigung nicht gerechtfertigt, so das Gericht.
Das Verfahren wurde nun vom Bundesarbeitsgericht zurückverwiesen ans Landesgericht Niedersachsen.
Mit Informationen von dpa und epd.
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