Die Absage von Bundestrainer Julian Nagelsmann hat Mats Hummels richtig wehgetan. Die Europameisterschaft im eigenen Land findet ohne den Dortmunder Innenverteidiger statt. Und das, obwohl der 35-Jährige in Topform ist und den BVB erst dank seiner überragenden Leistungen im Viertel- und Halbfinale ins Finale der Champions League (Samstag, 21 Uhr) geführt hat.
Mats Hummels - Krönung zum Abschied?
Es ist wohl die letzte Chance auf diesen Titel für Hummels, dem der Triumph in der Königsklasse bisher sowohl mit dem BVB als auch mit dem FC Bayern München, für den er 2007 und dann noch einmal von 2016 bis 2019 spielte, verwehrt blieb. Nach dem geplatzten EM-Traum setzt der Sohn der ehemaligen Münchner Sportjournalistin Ulla Holthoff und des Spielerberaters Hermann Hummels voll auf die Karte Champions League.
"Wir wollen Großes leisten, dazu sind wir bereit", sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl vor dem Abflug der Mannschaft nach London. "Wir haben die Möglichkeit, Geschichte zu schreiben."
Was für den Verein gilt, der den Henkelpott das bisher einzige Mal 1997 gewinnen konnte und danach, 2013 in Wembley, im Finale am FC Bayern scheiterte, gilt auch für Hummels sowie für Marco Reus. Beide würden ihre Karriere krönen, und mindestens für einen von beiden wäre es gleichzeitig der perfekte Abschied aus Dortmund.
Elf Jahre später: Zweite Finalchance in Wembley
Reus wird den Klub definitiv verlassen und wohl in die USA wechseln. Bei Hummels steht die Entscheidung noch aus, was nach diesem Samstag passiert: "Es gibt drei Optionen: BVB, Rücktritt - oder ein anderer Verein" so der Verteidiger. Nicht in Frage käme aus familiären Gründen ein Wechsel in die Ferne. "Wenn ich den BVB verlasse, gehe ich ins nahe europäische Ausland", sagte er.
Spanien ist damit offenbar nicht gemeint, eher Italien, wie es gerüchteweise heißt. Im warmen Süden die Karriere ausklingen lassen, das hätte was. Mit der Champions-League-Krone würden sie Hummels in Dortmund wohl mit Ovationen und guten Wünschen dorthin ziehen lassen.
Mit dem Titel wäre die EM-Absage abgehakt
Aus den eigenen Reihen hatte er nach dem "kurzen und enttäuschend" verlaufenen Telefonat mit Julian Nagelsmann direkt Unterstützung erfahren. Beim BVB eine Führungsperson, aber im DFB-Team außen vor? Da schüttelten auch seine Mitspieler mit dem Kopf. Oder, wie es Hummels diplomatisch ausdrückte: "Die meisten sagten: 'Man hätte dich auch ruhig mitnehmen dürfen.'"
So aber wird das Duell mit Real Madrid in Wembley für den Weltmeister von 2014 vielleicht der letzte große Auftritt mit einer deutschen Mannschaft. Und auf den kann er sich nun konzentrieren. 2013 war er dem Titel an gleicher Stelle schon einmal ganz nah, damals verlor er mit dem BVB das Endspiel gegen die Bayern mit 1:2.
Hummels-Karriere: Mit dem Henkelpott "eine 1"
Dass er nun, elf Jahre später, eine zweite Chance erhält, wirkt wie eine glückliche Fügung. "Wenn ich den Henkelpott in der Hand halte, würde ich meiner Karriere eine 1 geben", sagt er. Ganz nebenbei wäre dann wohl auch die verpasste EM und das Trauma der verpassten Meisterschaft vor einem Jahr "abgehakt".
Einer seiner Förderer, der Hummels 2007 an die erste Mannschaft heranführte, glaubt an die Chance des BVB, auch wenn die Schwarz-Gelben in London krasser Außenseiter seien: "Die Champions League setzt Kräfte frei und lenkt vom Tagesgeschäft ab. Das ist jetzt ein Traum, den der BVB sich erfüllen kann", sagt Ottmar Hitzfeld, der die Borussia 1997 zum größten Erfolg der Vereinsgeschichte geführt hatte.
Den größeren Druck sieht der 75-Jährige bei Real: "Sie sind Favorit, (...), da ist die psychische Belastung auf jeden Fall höher. Dortmund kann eine Sensation schaffen. Real kann viel mehr verlieren." Und Mats Hummels? Der kann eigentlich nur gewinnen.
Tabellenführung und Abstiegskampf, aktuelle Spielpaarungen, Ergebnisse und Liveticker, Torjägerlisten, Laufleistung- sowie Zweikampfstatistiken und noch viel mehr: Fußball im Ergebniscenter von BR24Sport.