23.53 Uhr Ortszeit in Doha: Enttäuschung pur bei den deutschen Nationalspielern - wieder Schluss in der Vorrunde. Es herrschte betroffene Stille bei den Deutschen nach dem Schlusspfiff im Al Bayt Stadium. Joshua Kimmich kämpfte sogar mit den Tränen: "Wir fahren wieder nach Hause. Dementsprechend habe ich ein bisschen Angst davor, echt in ein Loch zu fallen." Ein erschreckend ehrlicher Einblick in Joshua Kimmichs Gefühlswelt. Der Bayern-Spieler geht noch weiter: "Für mich ist es echt, würde ich sagen, der schwierigste Tag meiner Karriere."
Das Aus auch ein womöglich enttäuschender Schlusspunkt für die Karrieren mehrerer Spieler im DFB-Trikot. Thomas Müller hat emotional nach dem Spiel bereits ein Karriereende angedeutet und auch für Manuel Neuer könnte es das letzte Großevent gewesen sein.
Flicks Ziel: die EM 2024
Der Bundestrainer Hansi Flick hingegen, denkt trotz der Niederlage nicht über einen Rücktritt nach: "Mir macht es Spaß, wir haben gute Spieler, die nachkommen, an mir wird's nicht liegen.", sagte Flick am ARD-Mikrofon. Das nächste Ziel des Bundestrainers: Die Heim-EM 2024. Für ein erfolgreiches Abschneiden dort muss nun aber erstmal das bittere WM-Aus aufgearbeitet werden.
Am Donnerstagabend hatte das Team von Trainer Flick seinen Job eigentlich erledigt: Mit einem 4:2-Sieg wäre die Mannschaft bei einem erwarteten Sieg Spaniens gegen Japan weiter gewesen. Doch es kam anders als gedacht Japan ärgerte Spanien, wie es im ersten Gruppenspiel Deutschland geärgert hatte und zog mit zwei Siegen nun sogar als Gruppensieger ins Achtelfinale ein. Die deutsche Nationalmannschaft hingegen fliegt nach Hause.
Es fehlt die Effizienz
Die Schuld dafür sucht der Bundestrainer aber nicht beim Gruppengegner Spanien, sondern in wenigen Spielminuten dieser WM, die für das deutsche Team so entscheidend waren: "Das Aus hat sich heute nicht entschieden, es waren 20 Minuten gegen Japan. Auch gegen Spanien hätten wir zum Schluss das 2:1 machen können. Wir hatten keine Effizienz in diesem Turnier und deswegen sind wir ausgeschieden."
Auf der Suche nach den Gründen für das WM-Aus landet auch Kai Havertz beim ersten Spiel dieser WM für Deutschland und dem Gruppensieger: "Mit so einer Qualität darf es uns nicht passieren, gegen Japan zu verlieren. Das Spiel gegen Japan hat alles kaputt gemacht."
Unglückliches deutsches Ende der WM
Dabei hatten die Zeichen am Donnerstag zunächst auf Happy End für Deutschland gestanden. In der ersten Halbzeit war Deutschland Costa Rica deutlich überlegen, hatte zehn zu eins Torschüsse. Havertz erzählte: "Nach dem 1:0 hatten wir das Gefühl, da geht sogar mehr. Aber wir haben es nicht geschafft. Dass es so unglücklich läuft, hat natürlich keiner erwartet."
Hansi Flick war jedoch schon nach Halbzeit eins unzufrieden, erkannte Muster aus dem Japan-Spiel wieder: "Ich kann das Spiel ganz gut deuten. Nach der ersten Halbzeit war ich richtig sauer. Wie wir den Gegner stark gemacht haben. Wir haben Chancen gehabt ohne Ende, um drei oder vier Tore zu machen. Durch Leichtfertigkeiten haben wir den Gegner stark gemacht."
Costa Rica nutzt deutsche Schwäche aus
Und tatsächlich drehte sich das Spiel nach der Halbzeit: Der Gegner aus Südamerika nutzte sein Momentum und traf zum Ausgleich. Das brachte den deutschen Spielfluss komplett durcheinander, das überzeugende Spiel wich einem chaotischen und öffnete sogar die Tür für die Costa Ricanische Führung. Zwar kämpfte sich die DFB-Elf zum Sieg zurück, offenbarte aber zugleich ihre Schwäche: die fehlende Effizienz und Konsequenz, die es aber eben braucht, um eine erfolgreiche Turniermannschaft zu sein.
Turniermannschaft war einmal
Nach dem bitteren WM-Aus 2018 und dem erneuten Scheitern jetzt in Katar, verabschiedet sich Deutschland wohl endgültig von seinem Image als "Turniermannschaft". Kai Havertz zog ein nüchternes Fazit: "Dass die Jungs nach dem WM-Titel 2014 als Turniermannschaft gefeiert wurden, war ja klar. Jetzt fliegen wir zweimal in der Gruppenphase raus, da ist es klar, dass wir keine Turniermannschaft sind. Wir hatten eine super Mannschaft, ein super Team hinter dem Team. Wir haben alles gegeben. Leider hat es nicht gereicht."
DFB-Team braucht neue Leader
Am Freitag werden die deutschen Nationalspieler den Heimweg antreten - nach Deutschland - wo Hansi Flick in zwei Jahren mit seinem Team um den EM-Titel mitspielen will. Bis dahin gilt es wohl noch viel Aufbauarbeit zu leisten und Spieler wie Serge Gnabry zu Führungsspielern zu entwickeln. Auf dem Platz haben sie am Abend mit ihrem fußballerischen Können überzeugt, nun gilt es für sie, Lücken im Team zu schließen. Lücken, die mögliche Abschiede von DFB-Leadern wie Thomas Müller und Manuel Neuer hinterlassen werden.
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