Über die Fußball-WM 2022 wird viel gesprochen, wie üblich bei solchen Sport-Großereignissen. Dieses Mal liegt der Fokus aber nicht nur auf sportlichen Aspekten. Es wird viel berichtet und diskutiert über das Gastgeberland Katar, Menschenrechtsfragen und die Vergabe der WM durch den Weltfußballverband FIFA. Viele Menschen denken darüber nach, diese Weltmeisterschaft zu boykottieren, indem sie die Spiele nicht anschauen. Andere sehen eine Chance, durch die mediale Aufmerksamkeit auf Katar die dortigen Lebensverhältnisse von Arbeitern zu verbessern.
Wann findet die WM statt?
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 beginnt am Sonntag, den 20. November mit dem Eröffnungsspiel des Gastgebers Katar gegen Ecuador. Die Partie beginnt um 17 Uhr MESZ. Das Endspiel findet am 4. Advent statt, also am Sonntag, den 18. Dezember. Die deutsche Nationalmannschaft spielt in der Gruppenphase am Mittwoch (23.11.) gegen Japan, am Sonntag (27.11.) gegen Spanien und am 1. Dezember gegen Costa Rica.
Wo laufen die Spiele im TV?
Insgesamt sind 64 Begegnungen angesetzt. Alle Spiele sind in Deutschland im Free-TV zu sehen: Sie werden von ARD und ZDF übertragen. Neben dem Sport wird es auch hintergründige und investigative Berichterstattung geben.
Warum eine Fußball-WM im Winter?
Der Zeitraum, in dem dieses Turnier stattfindet, ist ungewöhnlich. Üblicherweise im Sommer, wurde diese WM auf eine kühlere Jahreszeit gelegt. Das hatte die FIFA bereits im März 2015 entschieden. Man wollte so die Sommerhitze des Wüstenstaats Katar vermeiden. Bis zu 50 Grad Celsius sind dort keine Seltenheit. Zum jetzigen Austragungszeitpunkt liegen die Temperaturen bei etwa 30 Grad.
Welche Mannschaften sind dabei?
Im Mai 2019 hatte der FIFA-Rat für das Turnier in Katar die Teilnehmerzahl doch auf 32 festgelegt, wie in den vergangenen Weltmeisterschaften. Ursprünglich war geplant, erstmals mit 48 Mannschaften in der Endrunde zu spielen.
Die Teams:
- Gruppe A: Katar, Ecuador, Senegal, Niederland
- Gruppe B: England, Iran, USA, Wales
- Gruppe C: Argentinien, Saudi-Arabien, Mexiko, Polen
- Gruppe D: Frankreich, Australien, Dänemark, Tunesien
- Gruppe E: Spanien, Costa Rica, Deutschland, Japan
- Gruppe F: Belgien, Kanada, Marokko, Kroatien
- Gruppe G: Brasilien, Serbien, Schweiz, Kamerun
- Gruppe H: Portugal, Ghana, Uruguay, Südkorea
Katar und Fußball?
Die katarische Fußballnationalmannschaft besteht bereits seit vielen Jahrzehnten. Ihr größter Erfolg war der Sieg in der Asienmeisterschaft 2019. Ihr erstes internationales Länderspiel bestritt sie 1970 gegen Bahrain. An der Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft nahm Katar erstmals 1977 teil. Bis in die Endrunde schaffte es das Land aber nie. 2022 ist Katars Mannschaft als Gastgeber automatisch dabei und darf beim Eröffnungsspiel auflaufen.
Warum ist Katar problematisch?
Katar ist kein demokratischer Staat, es gibt keine freie Presse, die Gesetzgebung basiert auf der Scharia, dem islamischen Recht. Frauen sind nicht gleichberechtigt, Homosexualität ist gesetzlich verboten. Zwar wurde zugesichert, dass Fans aus dem Ausland nichts zu befürchten hätten, aber der katarische WM-Botschafter Khalid Salman sagte in einem ZDF-Interview, Homosexualität sei ein "geistiger Schaden" und "haram" also, verboten.
Dann ist da die Situation der rund zwei Millionen Wanderarbeiter im Emirat Katar, von denen die meisten aus dem armen Nepal und aus Indien kommen. Viele von ihnen sollen auf den WM-Baustellen ums Leben gekommen sein – wie viele, darüber gehen die Angaben weit auseinander. Die FIFA und das katarische WM-Komitee sprechen von drei Menschen, die auf Stadion-Baustellen gestorben seien, 37 weitere Tode hätten jedoch keinen direkten Zusammenhang mit der Arbeit. Nach Recherchen der britischen Zeitung "Guardian" sollen 6.500 Wanderarbeiter in Katar gestorben sein, seit die WM vergeben wurde. Amnesty International nennt eine Zahl von 15.000 Toten zwischen 2011 und 2020, jedoch nicht nur wegen der Weltmeisterschaft. Die Regierung Katars erklärt, sie habe die Lage der Arbeiter in den vergangenen Jahren durch Reformen deutlich verbessert.
Diskutiert wird auch die Frage, wie sinnvoll es ist, klimatisierte Stadien in ein Wüstengebiet zu bauen. Offiziell soll das Turnier die erste klimaneutrale Fußball-Weltmeisterschaft der Geschichte werden. Um die CO2-Emissionen zu kompensieren, die beim Bau der Stadien und den Flugreisen der Fans entstehen, erwirbt das Emirat Emissionsgutschriften – die Kritik: Katar kaufe sich die WM klimaneutral.
Außerdem fragwürdig: Zwingend notwendige Apps, mit denen Katar WM-Besucher überwachen will.
Wieso wurde die WM an Katar vergeben?
Im Dezember 2010 gab die FIFA bekannt: Die WM 2022 geht an Katar. Schon wenige Tage danach werden Korruptionsvorwürfe laut. Schmiergelder in Millionenhöhe sollen im Umfeld der WM-Vergabe geflossen sein. Jahrelang wurde versucht, die Skandale und Bestechlichkeitsvorwürfe in der FIFA aufzuarbeiten, mit mäßigem Erfolg. Am Austragungsort Katar ändert sich nichts.
Wie viel kostet die WM 2022?
Die Kosten des Turniers sind nicht exakt zu beziffern. Viele Infrastrukturmaßnahmen, wie den Bau einer U-Bahn, hat Katar bereits vor der WM-Vergabe unternommen. Finanzexperten sprechen von Ausgaben in Höhe von geschätzten 200 Milliarden US-Dollar. Damit wäre diese WM die teuerste aller Zeiten.
Was passiert danach mit den Stadien?
Sieben der acht WM-Fußballstadien wurden neu gebaut. Laut Regierung kosteten sie 6,5 Milliarden Dollar. Wenn die Meisterschaft vorbei ist, sollen in drei der Stadien weiterhin Fußballspiele stattfinden, die fünf anderen werden zurückgebaut oder anderweitig genutzt.
Teams im Zwiespalt - Boykott oder Zeichen setzen?
Keine Nationalmannschaft hat die WM in Katar boykottiert. Diskussionen um einen Boykott gab es jedoch in vielen Ländern, zum Beispiel in Norwegen: Nach hitzigen Debatten kam es zu einer Abstimmung des norwegischen Fußballverbandes – mit einer eindeutigen Mehrheit für eine Teilnahme.
Für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) ist es eine schwierige Mission: Einerseits der Sport, das ambitionierte Ziel der Nationalmannschaft, Weltmeister zu werden – und andererseits die politischen Diskussionen. Während der WM soll klar Position bezogen werden soll – auch zum Thema Menschenrechte, so der DFB. Ein Boykott war kein Thema.
- Zum Artikel: DFB-Elf vor der WM in Katar: "Die Fragezeichen bleiben"
Wer Zeichen setzt, könnte Probleme mit der FIFA bekommen, die während des Events keine politischen Botschaften sehen möchte. Dänemarks Nationalteam darf seine Trainingsshirts mit der Aufschrift "Menschenrechte für alle" beispielsweise nicht tragen.
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