Pizza und Pommes - mit Manuel Baum
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"Es geht um die Zukunft unserer Kinder" - Lebensschule Sport

"Es geht um die Zukunft unserer Kinder" - Lebensschule Sport

Die jüngsten Ergebnisse der PISA-Studie haben aufgeschreckt. Doch wie den schwachen Ergebnissen der deutschen Schüler entgegensteuern? Mehr Sport könnte helfen, glauben Host Felix Neureuther und Manuel Baum in der neuen Folge von "Pizza & Pommes".

Über dieses Thema berichtet: BR24Sport am .

“Deutsche Schülerinnen und Schüler so schlecht wie nie" - so lauteten die Schlagzeilen im Dezember 2023. Bei der internationalen Schulleistungsstudie der OECD, kurz PISA, hat Deutschland im Jahr 2022 sein bislang schlechtestes Ergebnis erzielt. Dass die Leistungseinbußen in Deutschland im internationalen Vergleich überdurchschnittlich groß ausfallen, schreckt die Politik auf. Doch konkrete Maßnahmen fehlen - vor allem, was die Sportförderung betrifft. Und die könnte nach Meinung von Felix Neureuther, Manuel Baum und auch von Simone Fleischmann, der Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) ein Hebel sein.

Mehr Förderung der kreativen Fächer

"Ich denke, dass das Thema Sport und Bewegung insgesamt in unserer Gesellschaft einen viel zu geringen Stellenwert hat", sagt Felix Neureuther in der aktuellen Folge des BR24Sport-Podcasts "Pizza & Pommes". Gerade die kreativen Fächer, also Kunst, Musik und Sport, kämen viel zu kurz. "Ich glaube, dass es in der heutigen Zeit extrem wichtig wäre, dass man genau diese Fächer versucht zu fördern. (...) Wenn du dich bewegst, und das ist ja auch wissenschaftlich bewiesen, entwickelt sich auch in deinem Gehirn etwas. Es werden neue Synapsen gebildet und so weiter. Du bist aufnahmefähiger etc. und ich glaube, dass wir da in diesem kreativen Bereich schon definitiv ansetzen müssen."

Was Neureuther massiv stört: "Nur noch drei von zehn zehnjährigen Kindern können einen vernünftigen Vorwärtspurzelbaum, die wenigsten können noch vernünftig rückwärts laufen", so der Ex-Skirennläufer. Dazu komme, dass viele Krankheiten wie Diabetes oder auch Demenz viel mit Bewegung zu tun hätten. "Bewegung ist gesund, und das müssen wir wieder versuchen in unserer Gesellschaft zu integrieren und da müssen wir bei den Kleinsten anfangen in unserem Schulsystem."

Neureuther: Die Politik tut zu wenig

In Kanada hätten die Kinder zwei Stunden Sport pro Tag, in Deutschland sind es in der Grundschulen zwei Stunden pro Woche: "Warum nicht mehr?" Manuel Baum, Ex-Lehrer, Ex-Bundesligatrainer und seit 2023 Leiter des Nachwuchsleistungszentrums von RasenBallsport Leipzig, hat das Gefühl, "dass Schulsport nur ein Appendix ist, der bei uns im Schulsystem da ist". Und da die Noten nicht relevant seien, interessiere das Thema Schulsport auch niemanden. Diese Wertigkeit müsse verändert werden.

Doch genau da gehen die Probleme los. Von der Politik, da sind sich die Gesprächspartner einig, wird das zu wenig gefördert.

"Ich glaube, dass dieses Thema Sport und Bewegung einfach von oberster Seite, von politischer Ebene, von allen Seiten gefordert werden muss." Felix Neureuther

BLLV-Präsidentin Fleischmann sieht auch Stiftungen und Sponsoren in der Pflicht

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann stimmt in den Tenor ein: "Ich glaube, dass unbedingt die Schulen Angebote machen müssen. Es wäre fatal, wenn wir sozusagen nur mehr Deutsch und Mathe machen, weil das jetzt in Pisa schlecht war."

"Wer misst denn die Bewegungskompetenz in Pisa? Fehlanzeige. Wer misst denn das Glück, als Lehrerin darfst du das gar nicht sagen. Aber eigentlich ist das Lebensglück das Wichtigste." BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann

Um Verbesserungen zu erreichen, sieht Fleischmann auch andere in der Pflicht: "Wir brauchen da vor allem auch Unterstützung von Stiftungen, von externen Vereinen und auch von Menschen, die oft Sponsoring machen für Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen. (...) Die Bewegungserziehung ist Aufgabe von Schule, Vereinen, Eltern und von uns in der gesamten Gesellschaft."

RBL-Förderoffensive für mehr Bewegung und Lebensschule

Die sogenannte RBL-Förderoffensive von RB Leipzig leiste genau das, berichtet Manuel Baum. “Wir stellen jetzt vom Verein für 30 von 50 Grundschulen in Leipzig und für Kitas Personal zur Verfügung, sodass wir die Lehrer im Sportunterricht unterstützen können." Das funktioniere im Ganztagsbetrieb und so würden rund 1.400 Kinder erreicht. "Da geht es nicht in erster Linie darum, dass die Fußball lernen sollen, sondern dass sie einfach in Bewegung kommen."

Finanziert werde das vom Verein. Beim Stichwort Finanzen ruft Felix Neureuther aber erneut auch die Politik auf den Plan: "Wieso gehen wir nicht her in unserem Land und sagen: Wir nehmen jetzt so viele Milliarden, und wir setzen einfach mal das Thema Bewegung, Gesundheit und Sport besser in unsere Bildung um, in die wir investieren, in die Kleinen, dass sie gesund und fit sind und nicht nur körperlich, sondern auch geistig in die Zukunft geschickt werden."

"Wieso ist die Politik nicht bereit, dazu einmal wirklich Geld in die Hand zu nehmen?" Felix Neureuther

Neureuther: "Dann passiert wieder nichts"

Neureuther ist der Frust über das "verkrustete" System und die Bürokratie in der Politik anzumerken, wenn er sagt: "Wenn du versuchst, Dinge umzusetzen, dauert es aber so eine lange Zeit. In der Zwischenzeit sind fünf verschiedene Personen für dieses Thema zuständig und dann passiert wieder nichts. (...) Es wird so kompliziert gemacht, und das ist eigentlich das, was mich ehrlich gesagt, so aufregt."

Dazu komme, dass die Lehrer nicht ausreichend gefördert würden und die Eltern zu viel Mitspracherecht hätten. "Irgendwie müssen wir doch versuchen, da eine Lösung, ein vernünftiges System für die wichtigsten Menschen finden, die wir in unserem Land haben. Und das sind nun mal die Kinder!"

Realistischer Vorschlag? Sportliche Aktivität ans Kindergeld koppeln

Sein Vorschlag: Die Eltern da packen, wo sie's spüren, beim Geldbeutel: "Wieso kriegst du nicht einen Bonus, wenn dein Kind im Verein ist? Zumindest dass das, was der Verein an Mitgliedsbeitrag kostet, gedeckelt wird. Das finde ich einen guten Ansatz. Wir müssen auch schauen, dass es nicht zu teuer wird für die Eltern, dass die Kinder in die Vereine reinkommen."

Manuel Baum schlägt in die gleiche Kerbe: Er fände es ebenfalls gut, finanzielle Anreize zu schaffen, zum Beispiel die Höhe des Kindergelds davon abhängig zu machen, ob ein Kind Sport treibt oder in einem Verein aktiv ist. "Wenn ich das erfülle, kriege ich es komplett, wenn aber das nicht erfüllt ist, dann wird es halt reduziert."

Sport, so Baum, sei auch im ganzheitlichen Blick auf die Entwicklung von Kindern, sehr wichtig: "Auch das Thema wie gehe ich denn mal mit Niederlagen um? Wie gehe ich mit Siegen um? Das kommt auch viel zu kurz. Wenn ich mich dem Thema Sport nicht widme (...) dann geht halt viel verloren, was man für sein Leben braucht, aber auch für das spätere Berufsleben." Das gelinge aber nur, wenn die Politik entsprechende Leitlinien aufstelle:

"Wenn ich das Thema wirklich fördern möchte, dann muss es Vorgaben geben, die einzuhalten sind und das ist die Aufgabe der Bildungspolitik." Manuel Baum

Fleischmann: Schulen könnten "Herzensthemen" besser fördern

Simone Fleischmann setzt dagegen mehr auf die Eigenverantwortung der Schulen und denkt dabei auch an die anderen kreativen Fächer: "Der eine macht also eine Sportwoche und der andere macht eine Nachhaltigkeitswoche. Das wird die Schule der Zukunft sein, dass wir nicht wie mit dem Rasenmäher überall gleich drüberscheren oder alle das Gleiche machen. Die Herzensthemen werden in den Mittelpunkt gestellt."

Dass sich etwas ändern muss, darin sind sich alle einig. Felix Neureuther appelliert aber zusätzlich auch an die Eltern, den eigenen Kindern den Spaß am Sporteln zu vermitteln: "Liebe Eltern, wenn ihr euer Kind fördern wollt, lasst es nicht nur Fußball spielen. Lasst es nicht nur Skifahren, lasst es nicht nur Handballspielen, lasst die Kinder einfach unterschiedliche Sachen machen, das fördert auch unglaublich die Koordination und das Kognitive der Kinder. (...) Lasst die Kinder einfach sporteln, eine Gaudi und einen Spaß haben, weil das immer noch das Wichtigste ist, was für die Kinder zählt."

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