Der letzte Tag der Sommertransfer-Periode dürfte nicht nur FC-Bayern-Trainer Thomas Tuchel noch immer in Erinnerung sein. Quasi im Stundentakt platzten die angedachten Spielereinkäufe und am Ende stand der Rekordmeister mit ziemlich leeren Händen da. Schon damals zeigte sich Tuchel nicht gerade zufrieden mit der Breite seines Kaders und sollte im Laufe der Saison jede Menge Argumente für seine Sicht der Dinge erhalten.
Gerade in der Verteidigung und im defensiven Mittelfeld klafften dicke Löcher, die phasenweise notgedrungen durch ungewöhnliche Rotationen und die Youngsters Aleksandar Pavlović und Frans Krätzig gestopft wurden. Doch spätestens in der zweiten Saisonhälfte werden diese Notlösungen nicht mehr genug sein. Zumal die Verteidiger Min-jae Kim (Südkorea) und Noussair Mazraoui (Marokko) zur Asien- und Afrikameisterschaft fahren und bis Mitte Februar fehlen könnten. Und in der Bundesliga liegen die Münchner "nur" auf Rang zwei.
Feuertaufe für Christoph Freund
Handlungsbedarf gibt es also genug. Doch wie groß sind die Chancen, dass diese Wechselphase besser läuft als die vergangene? Mit der Ankunft von Sportdirektor Christoph Freund sind die Verantwortlichkeiten neu verteilt, doch auch Freund sagte zuletzt: "Im Winter ist es nicht so leicht, große Transfers zu tätigen, die dem Verein dann langfristig helfen. Deswegen müssen wir geschickte Lösungen finden." Und die Zeit rennt: Bis zum 1. Februar ist das Transferfenster geöffnet.
Doch gerade im defensiven Mittelfeld dürfte es schwierig werden, eine "geschickte Lösung" zu finden. Der Markt ist umkämpft. Im Sommer wechselten etwa Declan Rice (Für 117 Millionen Euro zum FC Arsenal), Moisés Caicedo (116 Mio. Euro / FC Chelsea), Sandro Tonali (64 Mio. Euro / FC Newcastle), Roméo Lavia (62 Mio. Euro / FC Chelsea) oder Manuel Ugarte (60 Mio. Euro / Paris Saint-Germain) weit über Marktwert den Verein. Dementsprechend tief müssten auch die Münchner in die Tasche greifen, wenn sie einen Spieler verpflichten wollen, der sofort den Kader verbessert.
Joao Palinha - Neuer Anlauf im Winter?
Im Sommer weilte der Portugiese Joao Palinha (28) bereits an der Säbener Straße, hatte den Medizincheck schon absolviert. Dann schob der FC Fulham dem Wechsel doch noch einen Riegel vor. Die ausgehandelten 60 Millionen blieben auf der Bank des FC Bayern - und auf der Bank von Thomas Tuchel ein Platz leer. Palinha und der FC Bayern bekundeten darauf weiterhin Interesse an einer Zusammenarbeit - ehe der Portugiese überraschend seinen Vertrag in London um ein Jahr verlängerte.
Seither sind die Meldungen zu einem möglichen Interesse abgekühlt. Dass die Münchner dennoch einen neuen Anlauf im Winter starten könnten, ist allerdings nicht ausgeschlossen. Doch dass die weit fortgeschrittenen Verhandlungen aus dem Sommer nicht zügig zur Öffnung des Transferfensters am 1. Januar vollzogen wurden, könnte ein Indiz sein, dass der FC Bayern sich eher anderweitig umsieht.
Martín Zubimendi - Ausstiegsklausel als Kaufargument
Der 24-jährige Zubimendi würde gut in das Profil des FC Bayern passen. Jung, erfahren, spiel- und zweikampfstark. Der spanische Nationalspieler ist ein absoluter Rückhalt für Real Sociedad, wo das Eigengewächs noch einen Vertrag bis 2027 besitzt. Auch hier müsste der FC Bayern 60 Millionen Euro bezahlen - müsste dafür keine schwierigen Verhandlungen mit dem Verein befürchten, da der Spieler eine Ausstiegsklausel in dieser Höhe verfügt. Allerdings soll nicht nur der FC Bayern ein Auge auf den jungen Spanier geworfen haben. Auch der FC Barcelona und der FC Arsenal würden ihn laut Berichten gerne verpflichten.
Joao Neves - jung, erfahren, extrem teuer
Noch deutlich jünger als Zubimendi ist der Portugiese Joao Neves. 19 Jahre jung, Stamm- und Nationalspieler. Benfica Lissabon zeigte bislang allerdings wenig Bereitschaft, das Juwel gehen zu lassen. Die festgeschriebene Ablösesumme von 120 Millionen Euro dürfte kaum zur Debatte stehen.
Manu Koné - Bundesligaerfahrung als Pluspunkt
Manu Koné, der Franzose in Diensten von Borussia Mönchengladbach, besitzt jede Menge Bundesligaerfahrung. Mit seinen 22 Jahren hat er nicht nur bei den Fohlen, sondern zuletzt bei der U21-EM für Aufmerksamkeit gesorgt. Doch eine bei dem Turnier erlittene Knieverletzung bremste ihn aus. Nun sollen Juventus Turin und der SSC Neapel bereits in Mönchengladbach angeklopft haben und auch der FC Bayern soll den Spieler beobachten. Die Kosten lägen wohl bei 35 Millionen Euro.
In der Verteidigung ist die Situation nicht ganz so kompliziert. Vor allen Dingen, weil die Münchner nach einem Spieler für die Kaderbreite suchen und nicht zwingend nach einer 1a-Lösung, sollte sich eine solche dennoch ergeben, könnte der FC Bayern trotzdem zuschlagen.
Ronald Araujo - Premiumlösung mit Milliardenklausel
Araujo wäre definitiv eine 1a-Lösung und würde sofort mehrere Probleme beim deutschen Rekordmeister lösen. Thomas Tuchel soll begeistert von dem 24-jährigen Uruguayer sein, der in der Innenverteidigung und als Rechtsverteidiger spielen kann. Eigentlich ideal, wäre da nicht der aktuelle Arbeitgeber: Der FC Barcelona will seinen Abwehrchef nicht abgeben und die festgeschriebene Ablösesumme von 1 Milliarde Euro ist ohnehin utopisch. Dennoch sollen bereits erste Gespräche zwischen den Münchnern und dem Verteidiger stattgefunden haben.
Clément Lenglet - Gut genug für die Münchner?
Ähnlich verhält es sich bei Clément Lenglet. Der 28-jährige Franzose kann Innen- und Rechtsverteidiger spielen. Doch zuletzt sortierte ihn der FC Barcelona aus, verlieh ihn an Aston Villa. Doch auch dort kommt er kaum zum Einsatz. Zumindest mögliche Verhandlungen würden das vereinfachen.
Giorgio Scalvini - Youngster auf dem Weg nach oben
1,94-Meter groß, starke Strafraumbeherrschung, siebenfacher Nationalspieler - und das mit nur 20 Jahren. Den Aufstieg von Giorgio Scalvini kann man als europäischer Topverein kaum ignorieren. Doch genau hier liegt auch das Problem: Viel Konkurrenz und eine sehr gute Verhandlungsposition von Atalanta Bergamo, die mit dem Vertrag bis 2028 ein weiteres gutes Argument besitzt, um einen hohen Preis zu verlangen.
Arnau Martinez - Ein typischer Freund-Transfer
Der Verteidiger des FC Girona, derzeit Zweiter in der spanischen La Liga, würde in das Raster von Christoph Freund passen. 20 Jahre alt, vielseitig einsetzbar: Rechtsverteidiger, Innenverteidiger und auch im Mittelfeld. Dazu läuft der Vertrag von Martinez 2025 aus. Rund 20 Millionen müssten die Münchner für ihn wohl bezahlen.
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