Die Ad-hoc-Kammer des Sportschiedsgerichts CAS wies den Einspruch des IOC, der WADA und des Eislauf-Weltverbandes ISU gegen die Aufhebung der Suspendierung von Kamila Valieva durch die russische Anti-Doping-Agentur RUSADA zurück. Das teilte der CAS am Montag mit. Der CAS begründete seine Entscheidung mit dem Status der 15-jährigen Eiskunstläuferin als "Geschütze Person". Zudem sei die aktuelle Europameisterin nicht während der Winterspiele in Peking positiv getestet worden. Der CAS-Generaldirektor Matthieu Reeb betonte außerdem, den "irreparablen Schaden", zu dem ein Ausschluss von den Winterspielen geführt hätte.
Entscheidung ging nur um die Teilnahme
ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt kommt zum Schluss, "das es wahrscheinlich eine richtige Entscheidung gewesen ist." Denn es gehe nicht um die Frage, ob Valieva unschuldig ist oder schuldig. "Vermutlich ist noch nicht einmal die B-Probe geöffnet."
Aus seiner Sicht ging es "allein um die Frage, was passiert, wenn sie möglicherweise nach den Olympischen Spielen irgendwann in einem ordnungsgemäßen Verfahren der internationalen Eislaufunion freigesprochen wird." Dann hätte man sie "jetzt suspendiert und sie ungerechterweise um die Chance gebracht Olympiasiegerin zu werden." Hier müsse die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden.
"Fall" Valieva nicht abgeschlossen
Der "Fall" Valieva ist damit also nicht abgeschlossen - sie läuft unter Vorbehalt. Dass sie die Möglichkeit bekommt zu laufen, "heißt noch lange nicht, dass nicht in ein, zwei, drei Monaten oder später, wenn sie die Goldmedaille gewinnen sollte im Einzel, die ihr wieder weggenommen wird," erläutert Seppelt.
Großer Druck auf der Athletin
Ihre Kür zu Maurice Ravels Bolero mit den einmaligen Vierfachsprüngen kann Valieva am Donnerstag präsentieren. Doch hält sie dem Druck stand? Immerhin ist der Teenager längst Mittelpunkt eines Politikums, für viele Beobachter Opfer eines unbelehrbaren Systems und Opfer eines kriminellen Umfelds. Keine eiskalte Betrügerin. Dennoch wird sie sich für die verbotene Substanz Trimetazidin verantworten müssen.
"Es liegt ein unglaubliche Druck auf der Athletin", sagt Seppelt, wenn man sich vorstellt was das Ganze für ein 15-jähriges Mädchen bedeutet. Es sei alles auf Lasten der Sportlerin ausgetragen worden. "Bei der man ja annehmen muss, dass sie nicht selber gedopt hat. Wenn es der Fall gewesen sein sollte."
Entscheidung über Team-Gold noch offen
Erst nach der Rückkehr aus China wird es somit auch um das russische Teamgold gehen, zu dem Valieva einen Großteil beigetragen hatte. "Das ist ein Dilemma in dem wir alle stecken", sagte IOC-Sprecher Mark Adams am Montag.
Test schon im Dezember
Die russische Anti-Doping-Agentur hatte Valieva Suspendierung nach nur einem Tag aufgehoben, dabei sind etliche Fragen nicht geklärt. Die am meisten diskutierte: Warum wurde das Ergebnis der Probe erst am 8. Februar bekannt, einen Tag nach der Teamentscheidung? Der Test fand am 25. Dezember statt, Coronafälle im Labor in Stockholm sollen die Auswertung verzögert haben. Die Verzögerung habe Valieva die Möglichkeit genommen, "bestimmte gesetzliche Anforderungen zu erfüllen", hieß es in der CAS-Erklärung. Reeb sagte: "Wir wären alle nicht hier, wenn es wie üblich eine Woche oder zehn Tage gedauert hätte."
Konsequenzen gefordert
Unabhängig von der CAS-Entscheidung hofft Eiskunstlauf-Legende Witt auf ein Umdenken beim Internationalen Olympischen Komitee und der ISU. "Vielleicht sollte das Alter für die Teilnahme auf der olympischen Weltbühne auf 18 Jahre festgelegt werden", schrieb Witt bei Facebook. Die 15-Jährigen gehörten in die Jugendspiele, "dafür wurden sie ins Leben gerufen." Witt fragt: "Wäre es nicht richtig, ein Kind reifen zu lassen?" Anstatt es zu verheizen. Diesen Vorwurf muss sich vor allem ihre Trainerin Eteri Tutberidse gefallen lassen, die für ihre überharten Methoden berüchtigt ist.
Witt: "Valieva trägt keine Schuld."
Die Liste der jungen Athletinnen, die angetrieben von Tutberidse in die Weltspitze schossen und mit seelischen oder körperlichen Schäden verschwanden, ist lang. Das IOC versicherte bereits, Valieva Umfeld ausleuchten zu wollen. "Wir haben die Entourage-Kommission", sagte Sprecher Mark Adams, "und wir wollen, dass die WADA das Team in diesem Fall untersucht." Zu diesem Team gehört auch Filipp Schwezki, ein Arzt mit einschlägiger Dopingvergangenheit. Witt ist überzeugt: "Valieva trägt keine Schuld."
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