Neun von zehn neutralen Basketballfans hätten vergangene Saison die Frage, welchen deutschen Klub sie in EuroLeague lieber spielen sehen, wohl mit "Alba Berlin" geantwortet. Die Albatrosse waren in der europäischen Topliga zwar genauso wenig erfolgreich wie der FC Bayern, spielten aber den deutlich attraktiveren Basketball.
Doch die Vorzeichen haben sich innerhalb weniger Monate geändert: Seit Pablo Laso als Münchner Headcoach das Zepter schwingt, ist die Verkrampfung bei den Bayern-Profis weg. Plötzlich steht der Münchner Basketball für mehr Schnelligkeit und Dynamik, mehr Athletik und auch für Spektakel.
Neue Dynamik reißt Münchner Publikum mit
Im BBL-Pokalspiel am vergangenen Sonntag gegen die EWE Baskets Oldenburg (101:73) war dies erstmals in voller Pracht zu beobachten. Das mit NBA-Profi Serge Ibaka, Leandro Bolmaro und Devin Booker nochmals verstärkte und noch athletischere Team legte gegen die "Donnervögel", bei denen sie in der Liga zwei Wochen zuvor noch verloren hatten, fast alle Fesseln ab und sorgten für Begeisterungsstürme in der Halle. Als dank Sylvain Francisco per Freiwurf auch noch die "100" auf der großen Anzeigewürfel aufleuchtete, war die Münchner Halle so laut wie sonst nur, wenn Teams aus Serbien oder Griechenland hier spielen.
Schon vorher gab es sehenswerte Spielzüge, erfolgreiche Fast-Breaks und spektakuläre Dunks - auch von der Dreierlinie trafen die Bayern vor allem in der ersten Hälfte wie sie wollten. Ein Verdienst des neuen Trainers Pablo Laso. Der Spanier - lange bei Real Madrid einer der erfolgreichsten Trainer in Europa - befreite seine Spieler von den unter Trinchieri oft zu engen taktischen Ketten.
Die größere Eigenverantwortung gaben die Profis mit Spiellaune und Kreativität zurück, ohne dabei die Verteidigung zu vernachlässigen, in der mit Ibaka und Weltmeister Isaac Bonga auch einige Hochkaräter stehen.
Fortschritt durch Umbruch: "Wir sind bereit"
Gegen Weißenfels, Hamburg oder auch im ersten EuroLeague-Spiel gegen Berlin klappte das trotz der Siege noch nicht zu 100 Prozent. Aber nun - rechtzeitig vor dem ersten Doppelspieltag in der EuroLeague mit zwei Auswärtspartien in Spanien - scheint sich die Mannschaft um Kapitän und Weltmeister Andreas Obst freigespielt zu haben. "Wir sind bereit, wir müssen es sein", sagte ein sehr zufriedener und entspannter Pablo Laso nach dem Weiterkommen im Pokal.
Natürlich befinde sich die Mannschaft "in einem "Prozess - neuer Trainer, neue Spieler, neue Systeme. Aber ich glaube, wir sind bereit, um uns mit den Besten zu messen. Ich sehe, wie sich die Spieler im Training verbessern, das ist, was ein Trainer haben will." Mit Vitoria Baskonia Gasteiz und dem FC Barcelona warten "harte Gegner" auf die Bayern. "Da müssen wir von Beginn an ready sein!"
Mannschaft zahlt Vertrauen zurück
Gegen Oldenburg konnte es sich Laso angesichts des strammen Programms leisten, Leistungsträger wie Obst etwas zu schonen. Andere wie Elias Harris oder Nelson Weidemann bekamen unverhofft mehr Spielzeit. Und es zeigte sich auch, dass sich Lasos Vertrauen auszahlt: Guard Carsen Edwards etwa, als Shooter geholt, hatte in der EuroLeague-Partie bei Panathinaikos Athen (71:78) noch geschwächelt und gar nichts getroffen. Gegen Oldenburg versenkte er seine ersten vier Dreier allesamt und war bester Werfer des Spiels.
"Er ist ein Scorer", sagte Laso und auf die Frage, ob er an den Spieler geglaubt habe. Laso: "Gegenfrage: Glauben Sie an einen Scorer Harry Kane? Oder Robert Lewandowski? So ist es auch mit Carsen." Vertrauen, taktische Freiheiten, Spielfreude - das alles kann Laso seinen Spielern vermitteln. Und die zahlen zurück.
Laso-Rückkehr nach Spanien: Auf einen Kaffee mit der Mama
Das alles kommt rechtzeitig. Für den Verein, der in der EuroLeague wieder eine bessere Rolle spielen will als zuletzt, und für Laso selbst. Für den 56-Jährigen ist vor allem die Partie gegen Vitoria am Dienstag (20.30 Uhr) ein mehr als besonderes Spiel.
Vitoria-Gasteiz ist seine Heimatstadt, seine Mutter und seine Freunde leben hier, und hier begann er auch seine Karriere als Spieler. "Ich werde am Dienstag mit meiner Mutter Kaffee trinken", erzählte er launig. "Ich habe ihr gesagt, wir haben wahrscheinlich Training, aber dann hat sie gesagt: Dann vorher. So sind Mütter!"
Vielen Freunden und Bekannten habe er Tickets besorgen müssen. "Wahrscheinlich sind die dann aber etwas mehr für Baskonia als für Bayern München", vermutet er. Drei Tage danach geht es dann zum FC Barcelona, dem ewigen Erzrivalen seines langjährigen Klubs Real Madrid, den er zwischen 2011 und 2022 trainierte. Das alles mit dem guten Gefühl, dass sein Team "ready" und im Münchner Basketball eine neue Zeitrechnung angebrochen ist.
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