Ein Mann im Rollstuhl bedient eine Maschine in einer Werkhalle
Bildrechte: stock.adobe.com/Firma V
Bildbeitrag

Mit dem Automobilzulieferer Leoni geht nun eine weitere in Bayern ansässige Firma in den Besitz eines chinesischen Konzerns über.

Bildbeitrag
> Wirtschaft >

Ausverkauf? Ausländische Investitionen in bayerische Firmen

Ausverkauf? Ausländische Investitionen in bayerische Firmen

Mit dem Automobilzulieferer Leoni geht nun die nächste in Bayern ansässige Firma in den Besitz eines chinesischen Konzerns über. Ein weiterer Verlust deutscher Ingenieurskunst? Eigentlich gibt es ein Gremium, das genau das verhindern soll.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Mehrheit am Nürnberger Kabelspezialisten Leoni ist nun in chinesischer Hand. Seit gestern ist bekannt, dass der Computerteilehersteller Luxshare 50,1 Prozent von Leoni übernimmt. Der bisherige Alleininvestor Stefan Pierer wird die restlichen Anteile behalten. Pierer ist Österreicher, Leoni also auf dem Papier schon länger kein bayerisches Unternehmen mehr.

Dennoch: Bei chinesische Investoren werden viele Menschen hellhörig. Die Fragen: Was sind ihre wirklichen Interessen? Ein tatsächlicher Wille, das Unternehmen weiterzuführen? Oder sind die Investoren lediglich an dem Wissen und den Patenten der Firma interessiert und weniger an den Mitarbeitenden in Deutschland?

Kuka-Übernahme als Fehler?

Ein bekannter Fall aus Bayern: Kuka im Jahr 2016. Der Kauf des Augsburger Robotikherstellers war eine der ersten großen Übernahmen durch ein chinesisches Unternehmen – und hatte viele Debatten über ein drohendes Ende des Innovationsstandortes Deutschland ausgelöst. Die neuen Unternehmer seien lediglich am Know-how der Augsburger interessiert, so die Sorge. Doch die Produktion in Augsburg läuft weiter, auch wenn der Konzern kürzlich Stellenstreichungen verkünden musste.

Wirtschaftsbeziehungen und politische Spannungen

Die bayerische Wirtschaft und die Zusammenarbeit mit China, ein heikler Spagat zwischen Chance und Risiko. Denn die Investments spülen einerseits viel Geld in die Kassen – schaffen aber auch Abhängigkeiten.

Der chinesische Markt ist wichtig für die deutschen Unternehmen, da sind persönliche Kontakte hilfreich. Aber die Sorge, dass es im Falle politischer Verwerfungen zu großen internationalen Problemen kommt, ist groß. Ein Stichwort: Taiwan und der seit Jahren schwelende Konflikt über die Autonomie der Insel.

Viele Branchen unterliegen Zustimmungspflicht

Der Einstieg von Investoren, die nicht aus der EU stammen, ist in der Außenwirtschaftsverordnung und im Außenwirtschaftsgesetz geregelt.

Übernahmen, die eine "voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" (externer Link) bedeuten würden, müssen vom Bundeswirtschaftsministerium genehmigt werden.

Das betrifft beispielsweise Firmen, die an der Kommunikationsinfrastruktur des Landes beteiligt sind oder solche, die medizinische Produkte herstellen. Aber auch landwirtschaftliche Betriebe, die eine Fläche von mehr als 10.000 Hektar bewirtschaften, fallen unter die Regelung. Insgesamt nennt der Text fast 30 Güterklassen und Fertigungsmethoden, die den Verkauf eines Unternehmens ohne Prüfung durch das Ministerium untersagen.

Antriebstechnik für Kriegsschiffe

Zwei bekannte Beispiele, bei denen das Ministerium bzw. die Bundesregierung eingeschritten ist: Siltronic, ein Zulieferer für die Mikrochip-Produktion im Jahr 2022 und erst vor wenigen Wochen die VW-Tochter MAN Energy Solutions, Produzent von Gasturbinen. In diesem Fall hatte die Regierung die Übergabe wegen Bedenken am Mutterkonzern (externer Link) des potenziellen Käufers aus China untersagt. Denn Gasturbinen werden beispielsweise beim Bau von Kriegsschiffen verwendet. Der Interessent gehörte jedoch zu einem Werftkonzern, der der chinesischen Regierung nahestehen soll.

Das Ministerium hatte das Übernahmeangebot rund sechs Monate lang geprüft, bevor es die Übernahme schließlich untersagte.

Bedingungen waren schon vorher hart

Dass ein Einstieg von Investoren aus dem Nicht-EU-Ausland pauschal eine schlechte Idee ist, lässt sich nicht sagen. Es gibt einige Beispiele, bei denen sich die Geschäfte nach der Übernahme positiv – oder zumindest im Rahmen üblicher wirtschaftlicher Wertschöpfung entwickelt haben. Neben Kuka ist beispielsweise auch Grammer zu nennen, Produzent von Autositzen und Innenraumausstattung aus Amberg in der Oberpfalz. Seit dem Jahr 2018 ist die Firmenmehrheit in chinesischer Hand. Die Produktion des Mittelständlers läuft jedoch noch immer.

Und auch bei der nun verkündeten Mehrheitsübernahme bei Leoni muss sich erst noch zeigen, wie die Entwicklungen laufen. Die Gewerkschaft IG Metall sieht die Übernahme nüchtern. Auf eine BR-Anfrage antwortet sie: Die Bedingungen seien hart, aber sie seien auch schon vorher hart gewesen. Sie hofft nun, durch die Übernahme bekomme die Firma einen Zugang auf neue Märkte. Der neue Eigentümer produziert nämlich auch für Apple.

Im Audio: Unterschiedliche Reaktionen auf den Leoni-Verkauf

Unterschiedliche Reaktionen auf den Leoni-Verkauf
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Daniel Karmann
Audiobeitrag

Unterschiedliche Reaktionen auf den Leoni-Verkauf

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.