Zwei Männer werfen bei Pleinfeld am Brombachsee ihre Angeln aus (Archiv- und Symbolbild)
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Zwei Männer werfen bei Pleinfeld am Brombachsee ihre Angeln aus (Archiv- und Symbolbild)

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Billigangeln locken Schwarzfischer an Bayerns Gewässer

Mal schnell eine Angel kaufen und losfischen - das suggerieren die günstigen Angel-Sets beim Discounter. Was allerdings nicht genau gekennzeichnet ist: Auch Hobbyangler brauchen eine Genehmigung. Die Fischereiverbände üben scharfe Kritik.

Nicht nur mit Lebensmitteln und Haushaltsprodukten allein verdienen die großen Discounter seit Langem ihr Geld, sondern auch mit sogenannter "Saisonware", zum Beispiel mit billigen Angel-Sets. Doch gerade diese Angebote gefallen unter anderem dem Landesfischereiverband Bayern überhaupt nicht.

Billige Angebote locken auch Schwarzfischer

Seit vielen Jahren verkauft etwa Lidl sowohl online als auch im stationären Einzelhandel um diese Zeit immer wieder auch Angel-Sets. Für gerade einmal 30 Euro wurde Anfang April zum Beispiel ein 'speziell abgestimmtes Komplett-Set zum Forellen- und Barsch-Angeln mit Kunstködern, angelfertig montiert' angeboten.

Das Ganze gibt es in einer praktischen Tragetasche, und es geht noch günstiger. Los geht es mit dem Set 'Traveller' für rund 15 Euro. Daneben gibt es Angelhocker, Köderboxen und Kescher für wenig Geld. Was allerdings nicht sofort erkennbar auf der Packung steht: Wer keinen staatlichen Fischereischein hat, darf hierzulande nicht einfach losgehen und angeln.

Aktueller Fall in München

Für die Münchner Isarfischer ist das immer wieder ein Problem, wie der Vereinsvorsitzende Klaus Betlejewski erzählt. Seinen Worten nach hatten die Angler schon befürchtet, dass man wieder verstärkt Schwarzfischer an den Vereinsgewässern antreffen wird. Und so kam es dann auch.

Im April wurde eine Gruppe von vier Personen beim illegalen Angeln an einem Gewässer des Vereins im Norden von München erwischt. Allerdings konnten die Schwarzfischer entkommen. Denn der Fischereiaufseher sah sie von der anderen Uferseite aus, und bis er den Fluss umrundet hatte, war die Gruppe schon geflüchtet. Allerdings ließen sie dabei ihre gefangenen Fische, die Angeln und eben das Angel-Set eines Discounters liegen.

Was Betlejewski und seine Vereinskollegen vor allem traf, war, wie die Schwarzfischer mit den Fischen umgingen. Diese wurden offensichtlich nur in eine Tüte geworfen, wo sie verendeten. "Da blutet einem das Herz", so der Angler.

Schwarzfischerei ist kein Kavaliersdelikt

Solange es diese günstigen Angel-Sets bei den Discountern gibt, bleibt den Fischereiaufsehern und Gewässerwarten der örtlichen Angelvereine aktuell aber nach wie vor nichts anderes übrig, als nach solchen Aktionen bei Discountern verstärkt die Gewässer zu kontrollieren. Denn Schwarzfischerei ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat, ähnlich wie Wilderei, und kann mit hohen Geldstrafen und sogar Gefängnis bestraft werden.

Viel schlimmer sei aber, dass Fischerwilderer sich in der Regel nicht an Schonzeiten und Schonmaße hielten, den Tierschutz missachteten und mehr Fische entnähmen als erlaubt. Das torpediere die Artenschutzmaßnahmen der Fischer, die das ganze Jahr über mit Hege- und Pflegemaßnahmen aktiv seien, um die vielfach gefährdeten Fischbestände in Bayern zu schützen, so Axel Bartelt, der Präsident des bayerischen Landesfischereiverbands.

Landesfischereiverband Bayern kennt das Problem

Und nicht nur für die Münchner Isarfischer sind diese Schwarzangler ein Ärgernis. Auch beim Bayerischen Landesfischereiverband weiß man schon Bescheid. Konkrete Zahlen gibt es zwar nicht. Allerdings, erklärt Bartelt, dass immer, wenn solch günstige Angel-Sets bei Discountern auf den Markt kämen, es ihnen zahlreiche Rückmeldungen aus den Mitgliedsvereinen beschere, dass Schwarzfischer mit diesen Ausrüstungen erwischt worden seien.

Lidl will an Angeboten festhalten

Vom Discounter Lidl heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme auf Anfrage von BR24, dass man bereits seit 22 Jahren Angelzubehör anbiete. Man biete diese Sets an, um Anfängern den Einstieg in das Angeln zu erleichtern und sie mit der erforderlichen Ausrüstung auszustatten.

"Wir sind uns der Verantwortung gegenüber der Umwelt bewusst und möchten sicherstellen, dass unsere Produkte verantwortungsbewusst genutzt werden. Daher weisen wir auf der Verpackung oder in der Bedienungsanleitung darauf hin, dass vor dem Angeln die nationalen Gesetze und örtliche Bestimmungen zu beachten sind." Das stimme zwar, so der Landesfischereiverband. Allerdings seien die Hinweise recht klein auf der Verpackung oder gar erst auf der Anleitung in der Verpackung. Diese könnten leicht übersehen werden. "Das kann es nicht sein", moniert Verbandspräsident Bartelt.

Verband fordert klare Hinweise

Den Fischern fehlt ein deutlicher Hinweis, dass man zum Angeln hierzulande erstens einen staatlichen Fischereischein braucht und zweitens einen Erlaubnisschein für das konkrete Gewässer, an dem man aktuell fischen will. Verbandspräsident Bartelt kritisiert, dass durch die derzeitige Aufmachung in den Prospekten von den Discountern suggeriert werde, "kauft bei uns, zieht hinaus an die bayerischen Gewässer und bedient euch."

Als Beispiel für deutlichere Hinweise nennt der Landesfischereiverband die Warnhinweise in Supermärkten zum Jahreswechsel, beim Böllerverkauf, dass diese nur in der Silvesternacht verwendet werden dürfen.

Kaufland will über Änderung nachdenken

Über diesen Wunsch scheint man zumindest bei Kaufland nachzudenken. Kaufland gehört wie Lidl zur "Schwarz-Gruppe", und auch dieser Discounter bietet günstige Angel-Sets an. Auch von Kaufland gibt es eine schriftliche Stellungnahme, und auch hier wird auf entsprechende Hinweise auf den Verpackungen hingewiesen, allerdings heißt es einen Absatz tiefer: "Für ungetrübte Freude am Angelsport prüfen wir zudem, wie wir diese Hinweise noch präsenter gestalten können, um noch stärker für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren."

Zur Wahrheit gehört übrigens auch, dass man solche günstigen Sets ebenso in Angelgeschäften bekommt, und auch hier geht es zum Teil unter 20 Euro los, für eine Angel mit Rolle. Allerdings hofft man beim Landesfischereiverband auf eine entsprechende Information und Beratung in Angelgeschäften. Das sei dann schon etwas anderes, heißt es.

Angeln im Meer auch ohne Angelschein

💬 Die BR24-User "Christine09" und "terranova" haben in den Kommentaren die Idee angesprochen, beim Kauf von Angelutensilien den Fischereischein vorweisen zu müssen. Das Team von "Dein Argument" hat ergänzt:

Die Idee, beim Kauf die Fischereischeine der potenziellen Käufer zu kontrollieren, sei nicht sinnvoll, heißt es aus dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. In acht Bundesländern sei das Angeln auch ohne Fischereiprüfung möglich: etwa mithilfe eines Urlaubs- oder Touristenangelscheins. In Niedersachsen etwa ist in freien Gewässern wie an Küsten oder Seeschifffahrtsstraßen das Angeln gänzlich ohne Fischereischein möglich.

Vorweisen können müsse man den Fischereischein etwa in Bayern beim Angeln selbst. Auch dabei gibt es Regeln: So dürfen Privatpersonen etwaige Schwarzangler nicht dazu auffordern, ihre Scheine vorzuzeigen. Das dürften nur Fischereiaufseher, erklärt ein Sprecher des Landesfischereiverbands Bayern. Fischereiaufseher seien speziell geschult und würden von den Landratsämtern berufen werden. Daher seien sie in staatlicher Funktion tätig. Was den Verkauf von Angel-Sets anbelangt, seien sichtbare Hinweise auf den Verpackungen die sinnvollste Alternative zur Prävention, so der Sprecher des Landesfischereiverbands weiter. 💬

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