Verkaufsraum des Öko ModeHerstellers bleed in Helmbrechts mit warmen Daunenjacken im Vordergrund
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Gut gedacht und gut gemacht – aber am Ende kauft es doch keiner. So könnte man plakativ die Lage in der Öko-Modebranche aktuell zusammenfassen

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Bleed-Insolvenz: Klimawandel gibt kriselnder Öko-Mode den Rest

"Fair Fashion", das ist ökologisch und unter guten Arbeitsbedingungen hergestellte Mode. Nur was, wenn das in Zeiten von Rabattschlachten keiner kauft? Ein Branchenpionier steht vor dem Aus und verschärft hat die Lage ausgerechnet der Klimawandel.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

Gut gedacht und gut gemacht – aber am Ende kauft es doch keiner. So könnte man plakativ die Lage in der Öko-Modebranche aktuell zusammenfassen. Gerade in Zeiten von Rabattschlachten, Black Friday und Inflation. Zum Verhängnis wurde das jetzt auch einem Branchenpionier. Die Firma Bleed aus dem oberfränkischen Helmbrechts musste Insolvenz anmelden.

Paradox: Klimawandel macht Öko-Mode den Garaus

Nachdenklich und mit Wehmut rollt im Verkaufsraum des Bleed-Stores Firmengründer Michael Spitzbarth ein großes pinkes Banner aus. Es weist auf den Musterverkauf am Wochenende hin. Schwere Zeiten für den Modedesigner: Bis Ende des Jahres muss er seine komplette Ware verkaufen. Sein Modelabel mit fair und nachhaltig produzierter Bekleidung ist insolvent.

"Der Genickbruch war wirklich das schlechte Herbstgeschäft, es war viel zu warm: Winterjacken, Strickware und so weiter bei bis 24 Grad im Oktober – da kann man sich vorstellen, dass da die Verkäufe nicht prickelnd waren." Am Ende, sagt Spitzbarth, sei gerade das Öko-Label Opfer des Klimawandels geworden. "Obwohl wir alles machen, um gegen den Klimawandel zu arbeiten, das ist wirklich paradox", sagt der Bleed-Gründer.

Hanf, Kork und eine Jeans, komplett in Franken hergestellt

Vor 15 Jahren hat der 41-Jährige sein Modelabel gegründet. Seine Mission: Fair produzierte und nachhaltige, ökologisch-sinnvolle Mode. Experten zufolge wird gerade diese Nachhaltigkeit in der Mode immer wichtiger, immer mehr Kunden würden darauf Wert legen, heißt es. Michael Spitzbarth ist mit Bleed einer der Pioniere in Deutschland für Fair Fashion. Er hat ganz bewusst nur zwei Kollektionen im Jahr produziert und immer wieder auf innovative Stoffe gesetzt: auf Hanf oder Kork. Die "Frankonian Denim" zum Beispiel ist eine Jeans, komplett made in Germany. Eigentlich scheint bei Bleed alles richtig zu laufen, nur die Käufer fehlen. Mit Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 hat das Kaufverhalten in Deutschland deutlich nachgelassen, erzählt der Eigentümer.

Auch Lena Hoffmann überwältigen die Emotionen beim Auspacken der Pullover, Jacken und Schuhe, die sie jetzt für den Musterverkauf vorbereitet. Sie ist seit zehn Jahren bei Bleed, als Bachelorarbeit hat sie eine Upcycling-Funktionsjacke für das Öko-Label entworfen – diese Jacke in grau-lila hängt jetzt hier zum Sonderverkauf. Sie wischt sich die Tränen von der Wange und erzählt: "Einerseits ist man stolz, was man alles erreicht hat – andererseits tut es schon weh, das jetzt zu sehen."

Aber nicht nur Bleed ist in Schieflage geraten. Derzeit strauchelt die gesamte Branche: Namhafte Modemarken wie Hallhuber, Gerry Weber oder die Schuhmarke Görtz mussten Insolvenz anmelden – zuletzt der Zirndorfer Versandhändler Madeleine. Xaver Aschenbrenner vom bayerischen Textil- und Bekleidungsverband spricht von schwierigen Zeiten. Kostensteigerungen in der Produktion träfen auf steigende Energiepreise und Inflation.

Ein Mann steht an Kassenzeile einer Filiale der Modemarke Bleed.
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Der Ökomode-Pionier Bleed aus Helmbrechts im Landkreis Hof ist zahlungsunfähig – und hat nun vorläufig Insolvenz beantragt.

Fair trifft auf Ultra-Fast-Fashion

Knapp sechs Prozent Marktanteil haben Fair Fashion und Öko-Mode in Deutschland derzeit. Doch in Zeiten von Inflation und Ultra-Fast-Fashion wie sie der Online-Händler Shein bietet, hat es die Öko-Mode schwer, ihren Anteil zu erhöhen. In manchen Shops kosten Pullover nicht einmal mehr fünf Euro. Es sei immer noch wesentlich günstiger, einen Container mit Billigmode aus Fernost nach Europa zu schippern, als in Deutschland fair zu produzieren, so Aschenbrenner vom Textil- und Bekleidungsverband weiter. Ändern könnten das nur die Kunden. Die Produzenten müssten sie dafür allerdings davon überzeugen, dass mit dem Bekleidungskauf mehr einhergeht, als die Deckung eines unmittelbaren Bedarfs. Dass sich die Investition in ein nachhaltiges Produkt lohnt.

Was Bleed jetzt helfen würde, ist ein Investor, der die Ideale von nachhaltig hergestellter Mode unterstützt. Designer Michael Spitzbarth zeigt sich hoffnungsvoll, während im Laden in Helmbrechts alles für den Restverkauf vorbereitet wird. Hinter den Kleiderstangen und Stapeln von Shirts und Pulli hängen die Auszeichnungen, die der Bleed-Gründer in den letzten Jahren bekommen hat. Darunter auch eine Auszeichnung als Designer des Jahres.

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Ausschnitt der Preise, die Bleed erhalten hat

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