In der freien Tankstelle in Faistenhaar im Süden von München steht ein dunkelgrünes Oldtimer-Motorrad im Verkaufsraum. Es ist ein Andenken an den Vater von Franz Ritz. Von ihm hat Ritz die Tankstelle übernommen. Neben Zigaretten und Eis verkauft er hier auch selbstgemachte Maultaschen - ein Familienbetrieb eben.
Viele Kunden kommen seit Jahren zu ihm. Aber als die Preise über zwei Euro pro Liter stiegen, habe auch Ritz gespürt, dass die Kunden weniger tanken: Ein Wochenendausflug in die Berge, das hätten die Leute eher vermieden und sich beim Tanken beschwert. Und jetzt, mit dem Tankrabatt?
Tankrabatt einfach verpufft
"Es gibt einige, die sagen Gott sei Dank ein bisschen billiger. Manche sind enttäuscht, weil sie erwartet haben, dass der Preis günstiger wird. Die Erwartung lag, wenn du mit den Leuten geredet hast, bei 1,50 Euro beim Super", sagt Ritz. Für ihn war klar: Die Pfingstferien und das geplante Ölembargo machen den Sprit teurer. Trotzdem war er überrascht, wie teuer der Einkaufspreis für den Sprit dann doch war:
"Man kann fast sagen, die Energiesteuersenkung ist verpufft - leider." Franz Ritz, Inhaber der freien Tankstelle in Faistenhaar
Wer ist schuld an den hohen Preisen?
Doch wer wie viel am Tankrabatt verdient, ist schwer herauszufinden. Vom Bohrloch bis zur Zapfsäule sind viele Akteure beteiligt. Der Wirtschaftsverband Fuels und Energie e.V., also die Vertretung der Mineralölkonzerne, beteuert im Interview mit dem BR, dass der Tankrabatt vollständig an die Kunden weitergegeben wurde. Doch Wirtschaftswissenschaftler Andreas Löschel von der Ruhr-Uni Bochum ist sicher, dass die Mineralölkonzerne profitieren:
"Hier geht das Geld nicht zu den Tankkunden, sondern tatsächlich zu den Mineralölkonzernen. Die Preise sinken eben nicht, sondern die Gewinne werden dadurch gesteigert." Andreas Löschel, Wirtschaftswissenschaftler der Ruhr-Uni Bochum
Verbraucher sind abhängig von Oligopol
Das liege daran, dass es keinen wesentlichen Wettbewerb gebe. Auch das Kartellamt bestätigt: Die fünf großen Mineralölkonzerne bilden ein Oligopol. Und das würden sie ausnutzen, sagt Herbert Rabl vom Tankstellen-Interessensverband:
"Die Konzerne sind sich bewusst, dass sie eine Monopolstellung haben. Und dem Verbraucher ist auf bittere Art und Weise klar, dass er abhängig ist. Er muss irgendwo tanken." Herbert Rabl, Tankstellen-Interessensverband
Das Bundeskartellamt hat angekündigt, die aktuelle Preisgestaltung bei den Mineralölkonzernen zu untersuchen. Der Ökonom Löschel ist aber skeptisch, ob das wirklich für mehr Wettbewerb und niedrigere Preise für die Verbraucher sorgen wird. Denn das Kartellamt habe ein Problem - und das ist paradoxerweise die eigene Markttransparenzstelle.
Experte: Konzerne koordinieren sich indirekt
Diese Stelle betreibt seit 2013 Apps, mit denen Autofahrer die Spritpreise vergleichen können. Das sollte den Wettbewerb erhöhen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Mineralölkonzerne haben die Konkurrenz jetzt viel besser im Blick: "Diese Unternehmen, die sprechen sich ja nicht explizit ab in ihrem Preissetzungsverhalten. Das brauchen sie auch gar nicht, sondern sie beobachten das ja. Sie können eben dadurch sich sehr gut auch indirekt koordinieren", sagt der Ökonom Löschel. So können sie die Preise nach oben treiben, sagt Löschel. Dadurch komme der Tankrabatt kaum beim Verbraucher an.
Was kann man dagegen tun? Franz Ritz von der freien Tankstelle Faistenhaar wünscht sich, dass die Regierung genauer untersucht, wer vom Tankrabatt profitiert:
"Wenn unsere Regierung schon mal so einen historischen Schritt macht, dass die Steuersenkung machen bei den Kraftstoffpreisen, dann soll das wirklich beim Endverbraucher ankommen." Franz Ritz, Inhaber der freien Tankstelle Faistenhaar
Tankstellenverband: Rabatt ist gescheitert
Herbert Rabl vom Tankstellenverband hingegen hat wenig Hoffnung, dass die Politik die Preisentwicklung an den Zapfsäulen beeinflussen kann:
"Man könnte einfach sagen, der Tankrabatt ist gescheitert. Wir nehmen den Tankrabatt zurück. Dann spart man wenigstens für den Steuerzahler einen wesentlichen Teil von diesen drei Milliarden, die dieses ganze Unternehmen ja kostet." Herbert Rabl, Tankstellenverband
Er glaubt, dass die Spritpreise trotz der Maßnahmen der Regierung eher weiter steigen werden. Solange die Menschen mobil sein wollten, gebe der Markt 2,00 Euro, demnächst wahrscheinlich 2,40 Euro oder 2,50 Euro her. Damit werden Autofahrer wohl leben müssen für die nächste Zeit, glaubt Herbert Rabl.
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