Bau eines Mietshochhauses in Nürnberg (Archivbild)
Bildrechte: picture alliance / imageBROKER | Helmut Meyer zur Capellen

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Fehlender Wohnraum: Politik und Wirtschaft suchen nach Lösungen

In Unterfranken gilt der Wohnungsmarkt zum Teil als angespannt. Die Grundstückspreise sind hoch, wie etwa in Aschaffenburg. In Würzburg wiederum fehlen Studentenwohnungen. Dort diskutierten Vertreter der bayerischen Wirtschaft über Lösungen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Neue Impulse für bezahlbaren Wohnraum in Ober- und Unterfranken: Darum ging es am Donnerstag bei einer Diskussion der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) mit Parteienvertretern in Würzburg. Auf dem Podium waren fränkische Abgeordnete und Politiker aller im Landtag vertretenen Parteien, bis auf die AfD. Da die Veranstaltung online war, konnten auch Zuschauer im Internet Fragen rund um den Wohnungsbau stellen. Bei einigen Punkten herrschte sogar Einigkeit.

Parteien suchen nach Gemeinsamkeiten: Wegfall der Grunderwerbssteuer?

So einigten sich die Vertreter von CSU, Freie Wähler, Grüne, SPD und FDP an diesem Abend, dass ein Schritt auf dem Weg zum günstigeren Eigenheim der Wegfall der Grunderwerbsteuer beim ersten Kauf sein könnte. Sie versprachen außerdem, trotz Wahlkampf in der Wohnungspolitik nach mehr Gemeinsamkeiten zu suchen, zum Beispiel bei der Förderung von Bund und Ländern. Mit einer Milliarde Euro fördert die bayerische Staatsregierung zurzeit den privaten Wohnungsbau. Doch die Zahl der Baugenehmigungen im Freistaat ist seit dem letzten Jahr um 29 Prozent zurückgegangen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will jetzt mit einem großen Bauprogramm nachlegen.

Hohe Grundstückspreise und fehlende Wohnungen in Unterfranken

In Unterfranken gilt der Wohnungsmarkt zum Teil als angespannt. Etwa in Aschaffenburg. Hier sind die Kosten für Bauland hoch: Im Durchschnitt 757 Euro kostet dort der Quadratmeter baufertiges Land. In Würzburg dagegen fehlen Studentenwohnungen. Bei Baukosten und hohen Bauzinsen von annähernd vier Prozent plus Tilgung macht es aber keinen Unterschied, ob in der Stadt oder auf dem Land gebaut wird.

Höhere Förderung und günstigere Kredite für Familien

Vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt kann sich eine wesentlich höhere Förderung für Familien vorstellen, sowohl vom Bund über die staatliche KfW-Förderbank als auch vom Freistaat Bayern. Brossardt schlug vor, die Obergrenzen der Bruttoeinkommen der Familien, die dafür infrage kommen, glatt zu verdoppeln auf rund 120.000 Euro im Jahr. Den hohen Zinsen fürs Baugeld könnte der Staat mit verbilligten Förderkrediten entgegenwirken. "Wenn wir im Wohnungsbau nicht in die Gänge kommen, wird sich der eklatante Mangel an Arbeits- und Fachkräften in unserem Land weiter verschärfen," so Brossardt. Allen müsse klar sein, dass Menschen nur als Arbeitskräfte kommen und bleiben, wenn sie bezahlbaren Wohnraum fänden – in nahezu allen Branchen, egal ob in der Pflege oder in der Forschung.

Bund will Abschreibung erhöhen

Viel Zustimmung gab es Abend auch für die Idee von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD), die eine degressive Abschreibung für Hausbauer vorschlägt. Investoren sollen bei Neubauwohnungen innerhalb der ersten acht Jahre insgesamt 48 Prozent der Erstellungskosten aus ihrer Steuerbelastung herausrechnen dürfen. Es fehlt dazu allerdings noch die Zustimmung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der eine fehlende Gegenfinanzierung monierte. Die Kosten werden auf zehn bis elf Milliarden Euro im Jahr geschätzt.

Bei einem Spitzensteuersatz ließen sich in den ersten zehn Jahren mit der Geywitz-Abschreibung fast ein Viertel der Baukosten rein netto mit verminderten Steuerzahlungen herausholen – und die Wohnung anschließend mit steuerfreier Wertsteigerung weiterverkaufen. Das könnte vor allem für künftige Vermieter interessant sein.

Der Vorschlag von Geywitz entspricht in etwa den Anreizen, wie sie privaten Investoren nach der deutschen Wiedervereinigung für Neubauwohnungen in Ostdeutschland gewährt wurden. Das hatte in den 90er Jahren im Osten einen großen Bauboom mit einem lokalen Überangebot ausgelöst. Dem folgte dann allerdings ein kräftiger Preisrutsch. Als die Blase platzte, kam es Mitte der 90er zu einer Immobilienkrise.

Bayern mit eigenem Bauprogramm

Darüber hinaus will Bayerns Ministerpräsident Söder im Freistaat mit einem Bauprogramm die Konjunktur ankurbeln und dabei vor allem heimische Unternehmen unterstützen. "Wir sehen den dramatischen Einbruch im Bausektor und nehmen die Sorgen der gesamten Branche außerordentlich ernst", so Söder auf der CSU-Homepage, "deshalb werden wir bis zum Herbst noch ein eigenes Programm auflegen." Eigentum und Eigenheim müssten gestärkt werden.

Wenn dieses Sonderpaket geschnürt ist, will die Staatsregierung den Bund auffordern, dem Beispiel zu folgen und für ganz Deutschland ein solches Konjunkturprogramm aufzulegen. Die Ankündigung erfolgte vor dem Hintergrund des schwachen Wirtschaftswachstums. Die deutsche Wirtschaft könnte – auch wegen der Flaute am Bau – in eine Rezession abgleiten, bei der das Bruttoinlandsprodukt schrumpft statt zu wachsen.

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